Rom

Missbrauchsbetroffene radeln von München aus zum Papst


Papst Franziskus erteilt seinen Segen.

Papst Franziskus erteilt seinen Segen.

Von dpa

Betroffene von sexuellem Missbrauch in der katholischen Kirche sind am Samstag mit dem Fahrrad von München aus zu Papst Franziskus nach Rom aufgebrochen. "Die katholische Kirche hat den Skandal immer noch nicht bewältigt", sagte Dietmar Achleitner, der im Alter zwischen zehn und 17 Jahren von einem katholischen Priester missbraucht wurde. "Dem Papst wollen wir eine Botschaft übermitteln."

Der Sprecher des Betroffenenbeirates des Erzbistums München und Freising, Richard Kick, betonte: "Wir wollen Betroffenen Mut machen, aufzustehen, sich zu melden, darüber zu sprechen." Er sagte: "Wir wollen der Gesellschaft auch zeigen, dass wir nicht alle verletzt und untätig am Boden liegen."

Nach einem Zwischenstopp in Bozen an diesem Montag, zu dem auch der Münchner Erzbischof, Kardinal Reinhard Marx, erwartet wird, soll es weitergehen Richtung Vatikan. Dort soll die Gruppe am 16. Mai eintreffen, für den 17. Mai ist die Teilnahme an einer Audienz mit Papst Franziskus geplant.

Gutachten im Jahr 2022

Im Januar 2022 war ein Aufsehen erregendes Gutachten zu sexueller Gewalt im Erzbistum München und Freising veröffentlicht worden. Die Staatsanwaltschaft München I ermittelte daraufhin auch gegen den inzwischen gestorbenen Papst Benedikt XVI., weil der Verdacht bestand, Joseph Ratzinger habe in seiner Zeit als Münchner Erzbischof in den 1980er Jahren einen Missbrauchstäter gedeckt und so weitere Taten des Mannes ermöglicht. Die Ermittlungen wurden eingestellt.

Die Studie einer Münchner Anwaltskanzlei geht von mindestens 497 Opfern und 235 mutmaßlichen Tätern aus - und von einem weit größeren Dunkelfeld. In dieses kommt seither etwas mehr Licht: Seit der Veröffentlichung der Studie sind der Diözese nach Angaben einer Sprecherin 54 "neue Sachverhalte" bekannt geworden, von denen 19 nur zwei bis drei Jahre zurück liegen.

Aufarbeitung kritisch begleiten

"Die Hinweise betrafen Fälle von sexuellem Missbrauch und von Grenzüberschreitungen", sagte die Sprecherin und betonte, es handle sich um "Hinweise". "Ob sich die vorgetragenen Sachverhalte so ereignet haben oder die Sachverhaltsschilderungen zumindest plausibel sind, ist noch nicht klar."

Ebenfalls in München befasste sich auch das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) mit dem Thema sexuelle Gewalt in der Kirche. ZdK-Vizepräsident Wolfgang Klose forderte bei der Frühjahrsvollversammlung den Aufbau von Strukturen zur Aufarbeitung von Fällen in katholischen Verbänden und Organisationen. Außerdem müsse geklärt werden, wie das ZdK mit der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) zu dem Thema zusammenarbeiten kann. Das Komitee müsse die Aufarbeitung in der DBK und den katholischen Bistümern kritisch begleiten, forderte Klose.