Regensburger Korruptionsaffäre

Ex-OB Wolbergs reicht Verfassungsbeschwerde ein


Joachim Wolbergs (r), ehemaliger Oberbürgermeister von Regensburg, zusammen mit seinem Verteidiger Peter Witting bei einem Pressegespräch.

Joachim Wolbergs (r), ehemaliger Oberbürgermeister von Regensburg, zusammen mit seinem Verteidiger Peter Witting bei einem Pressegespräch.

Von Hanna Gibbs

Es könnte das letzte juristische Mittel sein, das bleibt: Nach zwei Verurteilungen und der Aufhebung mehrerer Freisprüche durch den Bundesgerichtshof hat der frühere Regensburger Oberbürgermeister Joachim Wolbergs Beschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht erhoben.

Das Mobiliar in dem Gasthaus, in das Wolbergs und sein Anwalt Peter Witting die Journalisten eingeladen haben, ist schon ein wenig in die Jahre gekommen - genauso wie das Verfahren um den ehemaligen Regensburger Oberbürgermeister selbst. Im Sommer 2016 waren die Ermittlungen gegen Wolbergs bekannt geworden. Vor fast genau fünf Jahren kam er vorübergehend in Untersuchungshaft. Ein Wendepunkt in seinem Leben, sagt Wolbergs am Mittwoch. Mittlerweile habe er materiell alles verloren, juristisch fast alles, geblieben seien ihm wenige Freunde, die zu ihm hielten.

Revision vor dem BGH ging denkbar schlecht aus

Und dennoch: "Ich werde weiterkämpfen", erklärt Wolbergs. "Es geht um meine Ehre, denn die habe ich noch." Er wolle die Bevölkerung davon überzeugen, "dass ich mich nie strafbar gemacht habe". Das haben zwei Kammern des Landgerichts Regenburg anders gesehen. In einem ersten Prozess war Wolbergs wegen zwei Fällen der Vorteilsannahme verurteilt und in sämtlichen anderen Punkten freigesprochen worden - er blieb straffrei. Im zweiten Prozess wurde er wegen Bestechlichkeit zu einem Jahr Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt.

Die Revision vor dem Bundesgerichtshof (BGH) im vergangenen November war für Wolbergs denkbar schlecht ausgegangen: Der BGH hob Freisprüche aus dem ersten Urteil wieder auf. Den zweiten Richterspruch bestätigte der BGH hingegen, sodass Wolbergs nun rechtskräftig wegen Bestechlichkeit verurteilt ist. Ein Umstand, den er nicht auf sich sitzen lassen will. "In dem Urteil wurde eine Geschichte frei erfunden. Es gab keinen Zusammenhang zwischen Wahlkampfspenden und der Bebauung ,Auf der Platte'", sagt er.

Wurde die grundlegende Problematik ausgespart?

Der Münchner Anwalt Peter Witting, der in sämtlichen Prozessen an der Seite des Ex-OB stand, ist mittlerweile Wolbergs' Pflichtverteidiger. Am 10. Januar hat Witting das wohl letzte juristische Mittel ausgeschöpft, das noch bleibt. Er hat für seinen Mandanten Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht eingelegt - und zwar gegen beide Regensburger Verurteilungen und die Aufhebung der Freisprüche durch den BGH. Es gehe hier um eine ganz grundlegende Problematik in einem System, in dem sich Parteien frei finanzieren sollen, aber gleichzeitig die Gefahr bestehe, sich der Vorteilsannahme schuldig zu machen, sagt der Anwalt.

Die BGH-Verhandlung im November bezeichnet Witting als "Farce". Es habe keine Diskussion unter den Verfahrensbeteiligten gegeben, das Urteil sei nur eine Dreiviertelstunde nach Verhandlungsschluss festgestanden. "Das wird den grundsätzlichen Fragestellungen dieses Verfahrens nicht gerecht." Witting hofft nun, dass sich das Bundesverfassungsgericht diesen Fragen stellt und praktikable Hinweise dazu gibt, wie man mit Parteispenden auf kommunaler Ebene umgehen soll.

Allerdings: Zunächst entscheidet eine Vorprüfung am Bundesverfassungsgericht darüber, ob die Beschwerde überhaupt angenommen wird. In den meisten Fällen werden die Beschwerden abgelehnt. Der BGH hat entschieden, dass der erste Prozess gegen Wolbergs vor dem Landgericht München I neu aufgerollt wird. Terminiert ist das Verfahren noch nicht. Wolbergs wird dort nochmals zu den Vorwürfen aus dem ersten Verfahren Stellung nehmen müssen - und es könnte eine härtere Strafe drohen.

Auf kommunalpolitischer Ebene bleibt Wolbergs Regensburger Stadtrat und Fraktionsvorsitzender der von ihm gegründeten Wählervereinigung "Brücke". In der Vergangenheit hatte er angekündigt, bei einer Verurteilung die Stadt zu verlassen. Er könne noch nicht sagen, wie es mit ihm politisch weitergeht, sagt der 50-Jährige heute. Er sei aber noch nicht bereit, Konsequenzen zu ziehen vor dem Hintergrund einer Verurteilung, "die auf einer erfundenen Geschichte basiert".