Regensburg

Mobile Retter: Wenn das Smartphone Leben rettet


Voraussichtlich ab März können sich Ersthelfer in Regensburg über die App "Mobile Retter" registrieren.

Voraussichtlich ab März können sich Ersthelfer in Regensburg über die App "Mobile Retter" registrieren.

Acht Minuten vergehen dem Deutschen Rat für Wiederbelebung zufolge bundesweit durchschnittlich, bis der Rettungsdienst nach einem Notruf am Einsatzort eintrifft. Bei einem Herz-Kreislauf-Stillstand zählt jedoch jede Sekunde. In Städten wie Ingolstadt gibt es daher seit einigen Jahren sogenannte Mobile Retter, die per App geortet und parallel zum Rettungsdienst alarmiert werden. Die ehrenamtlichen Helfer sollen die Zeit überbrücken, bis die Einsatzkräfte eintreffen. Auch in Regensburg soll im Frühjahr das Projekt "Mobile Retter" starten.

Überlebenschancen erhöhen, Lebensqualität erhalten: Mit der Smartphone-basierten Ersthelfer-Alarmierung Mobile Retter soll die medizinische Erstversorgung in lebensbedrohlichen Notfällen verbessert werden. Genutzt wird dieses Modell bereits bundesweit in 25 Regionen.

"Die Mobilen Retter sind ein unterstützendes Zusatzangebot zu den bestehenden Rettungsdiensten", erklärt Stefan Prasse, Geschäftsführer des Mobilen Retter e.V. Prasse selbst hat 25 Jahre Erfahrung als Feuerwehrmann und Rettungsassistent und sagt, dass gerade die ersten Minuten nach einem Herz-Kreislauf-Stillstand entscheidend sind. "Bereits nach drei bis fünf Minuten ohne Sauerstoffversorgung sterben Gehirnzellen ab, das geht ziemlich rasant."

Der Rettungsdienst brauche allerdings bundesweit durchschnittlich acht Minuten, bis er am Einsatzort ankommt. Die Mobilen Retter seien bundesweit im Durchschnitt schon nach viereinhalb Minuten bei dem Patienten und können die Zeit bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes überbrücken.

Neuer Standort in Regensburg

Nach zwei Jahren Planung sollen die Mobilen Retter voraussichtlich ab März oder April auch in Regensburg zum Einsatz kommen. Zunächst beschränkt sich der Radius des Einsatzgebietes auf die Stadt und den Landkreis Regensburg. Mittelfristig soll das Gebiet jedoch bis nach Neumarkt und Cham ausgeweitet werden. Gekoppelt ist das Projekt an eine Studie, die zeigen soll, ob das Smartphone-basierte Ersthelfersystem wirksam ist.

Dabei sollen nicht nur die Überlebenschancen der Patienen steigen, wie Dr. Julian Hupf vom Universitätsklinikum Regensburg erklärt: "Für uns ist das Ziel, Menschen besser zurück ins Leben zu bringen. Wir wollen nachweisen, dass durch den Einsatz der Mobilen Retter weniger Patienten nach der Wiederbelebung an Gehirnschäden leiden." Bedenken, dass sich nicht genug Retter finden könnten, hat Hupf nicht. "Inzwischen erhalten wir fast täglich Anfragen, ob man sich schon registrieren kann.

So funktioniert das System der "Mobilen Retter"

Wenn über den Notruf 112 die Integrierte Leitstelle (ILS) über eine bewusstlose Person oder einen Menschen mit Herz-Kreislauf-Stillstand informiert wird, alarmiert die Leitstelle den Rettungsdienst. Parallel dazu geht eine Alarmierung an das "Mobile Retter"-System.

Das System überprüft sekundenschnell, ob sich ein registrierter Mobiler Retter in der Nähe des Einsatzortes befindet, und fragt an, ob der Ersthelfer für einen Einsatz bereit ist. Wählt der Retter "Ja" aus, wird er vom System zu dem Einsatzort geschickt. "Dem Retter wird anfangs aus Datenschutzgründen nur die Entfernung mitgeteilt, um abschätzen zu können, ob er schnell vor Ort sein kann", erklärt Geschäftsführer Stefan Prasse. Erst wenn ihm der Einsatz zugeteilt werde, übermittelt das System die genauen Daten.

Der Mobile Retter beginnt dann mit der Erstversorgung des Patienten und führt eine Herzdruckmassage durch. Sobald der Rettungsdienst eintrifft, übernimmt er die Behandlung.

Wer kann sich als Mobiler Retter registrieren?

"Mobile Retter werden können sowohl Personen, die medizinisch qualifiziert sind, als auch Personen, die über Einsatzerfahrung verfügen", sagt Prasse. Demnach eignen sich nicht nur Ärzte, Krankenschwestern und Pflegepersonal als Ersthelfer, sondern auch Kräfte der Feuerwehr, des THW oder der Polizei.

Jeder Mobile Retter wird vor seinem ersten Einsatz noch einmal geschult und eingewiesen. Zum einen, um eine gute Qualität der Ersthilfe zu gewährleisten, zum anderen aber auch, um sicherzugehen, dass die Helfer der Situation gewachsen sind - vor allem wenn sie zu traumatischen Einsätzen gerufen werden.

"Es geht nicht, dass wir die Retter nach einem Einsatz einfach alleine lassen", betont Prasse. Daher gebe es für die Ersthelfer auch die Möglichkeit einer psychosozialen Unterstützung. Zudem sind die freiwilligen Retter auch haftpflicht- und unfallversichert.

Die Planung neuer Standorte erfordert viel Organisation im Vorfeld

Die Eingliederung der Ersthelfer-Alarmierung in das Rettungssystem ist allerdings nicht immer ganz einfach. Vor der Umsetzung müssen vor allem viele rechtliche Grundlagen geklärt werden. "Die Planung eines neuen Standorts kann zwischen sechs Monaten und zwei Jahren dauern. Dabei kommt es unter anderem auf die Strukturen der jeweiligen Landratsämter an, wie schnell ein Projekt umgesetzt werden kann", sagt Prasse.

Auch Hupf berichtet, dass der verwaltungsrechtliche Prozess in Regensburg im Vorfeld kompliziert gewesen sei. "Aber inzwischen haben wir so gut wie alle Hürden aus dem Weg geräumt", erklärt der Assistenzarzt.

Mobile Retter kein Ersatz für Rettungsdienste und Ersthelfer

Ersetzen kann die Alarmierung per Smartphone den Rettungsdienst aber auf keinen Fall, weil sie nicht auf dem gleichen Level wie der Rettungsdienst agieren könne, betont der Geschäftsführer der Mobilen Retter. "Wir sehen die Mobilen Retter als effektive Ergänzung zum etablierten Rettungssystem, um Leben zu sichern, aber keinesfalls als Ersatz."

Auch für die Rettungsdienste und Kliniken in Regensburg stellt die App nur ein Zusatzinstrument dar, sagt auch Julian Hupf. "Es ist ein schönes Projekt, aber: Wer sieht, dass jemand vor seinen Augen zusammenbricht, sollte sofort helfen und nicht erst auf einen Mobilen Retter warten."