Bereits im vergangenen Jahr hatten die Caritas-Fachambulanz für Suchtprobleme Regensburg, das Fanprojekt Regensburg und der SSV Jahn Regensburg im Rahmen des Präventionsspieltags eine erfolgreiche Kooperation bei einem Heimspiel des SSV Jahn Regensburg organisiert. Beim siegreichen Spiel der Rot-Weißen gegen den SC Paderborn am Samstag wurde die Aktion wiederholt.
Präventionstag in Regensburg Glücksspiel - das unterschätzte Suchtrisiko
"Das Fanprojekt Regensburg ist eine Einrichtung der Jugendhilfe. Neben Projekt- und Einzelfallarbeit mit den Jahn-Fans verfolgen wir auch den präventiven Ansatz, im Vorfeld potenzieller Probleme vorzubeugen", erklärte Matthias Weigert vom Fanprojekt. Nach dem Präventionsspieltag zum Thema "Substanzkonsum" im vergangenen Jahr widmeten sich die Beteiligten heuer dem Thema Spiel- und Wettsucht. Als zusätzlicher Kooperationspartner wurde der Betroffenenbeirat Bayern "Stimme der SpielerInnen" ins Boot geholt.
"Erweiterte Werbeerlaubnis problematisch"
Mit der Novellierung des Glücksspielstaatsvertrags im Sommer 2022 war die Werbeerlaubnis für Glücksspielangebote erweitert worden. "Besonders problematisch ist dies für Spieler und Spielerinnen, die bereits problematisches Spielverhalten entwickelt haben, da sie selbst zuhause nicht mehr von den Reizen geschützt sind", so Suchttherapeutin Celine Schulz-Fähnrich, zuständig für die Fachstelle Glücksspielsucht in Regensburg. Auch potenziell gefährdete Gruppen wie Heranwachsende, Jugendliche und junge Erwachsene würden durch die bunten, harmlos erscheinenden Werbespots angesprochen. Menschen in finanzieller Schieflage würden durch die Möglichkeit von Riesengewinnen gelockt.
Schulz-Fähnrich kritisiert dabei das besonders perfide Vorgehen der Sportwettanbieter. "Sportwetten werden als Lifestyle-Produkt vermarktet, so als würden Sport und Wett-Tipp automatisch zusammengehören. Werbung wirkt." Junge Menschen mit einer Affinität zu Sport würden dadurch besonders angesprochen.
Schon jung hoch verschuldet
Jährlich würden 110 bis 130 Menschen die spezialisierte Hilfe an der Fachstelle Glücksspielsucht der Caritas Regensburg in Anspruch, nehmen, berichtete Celine Schulz-Fähnrich. Häufig kämen junge Betroffene zwischen 20 und 30 Jahren, die bereits hoch verschuldet sind. Im Schnitt betrage die Schuldensumme 25 000 Euro, nach oben hin seien keine Grenzen gesetzt. "Betroffene versuchen bis zum Schluss, das Spielverhalten selbst unter Kontrolle zu bringen - zu groß ist die Angst, sich und dem Umfeld einzugestehen, dass das, was als Spaß begonnen hat, komplett außer Kontrolle geraten ist."
Die Glücksspielformen umfassen Automatenspiel, Poker, Roulette, Black Jack, aber auch Sportwetten. Letztere hätten in den vergangenen Jahren stark zugenommen, genauso wie das Glücksspiel im Onlinebereich. Das Smartphone sei ständig mit dabei und ermögliche die uneingeschränkte Nutzung von Glücksspielplattformen.
Cornelius Knappe vom SSV Jahn Regensburg betonte: "Der SSV Jahn ist sich seiner gesellschaftlichen Verantwortung als Botschafter für die Region bewusst und beteiligt sich deshalb gerne am Präventionsspieltag, um gemeinsam mit allen beteiligten Parteien auf das sensible Thema Spielsucht hinzuweisen." Es bedürfe einer strengen Reglementierung, Etablierung von aufklärenden Maßnahmen zur Sensibilisierung und kritischen Reflexion mit dem Thema.
"Spielsucht kann viele Jahre im Verborgenen stattfinden"
Beim Präventionsspieltag konnten sich die Stadionbesucherinnen und -besucher zu allen Themen rund um Glücksspielsucht informieren. An der Torschusswand konnte man testen, wie wahrscheinlich Voraussage mit tatsächlichem Torschluss-Treffer übereinstimmen. Christian Hummel vom Betroffenenbeirat, seit mehr als fünf Jahren spielfrei, sagte: "Vor einer Glücksspielsucht bewahren ist 1 000 Mal besser, als hinterher zu helfen. Da gerade im Fußballsport die Fan-Community mit ständiger Sportwettwerbung konfrontiert wird und Tippen weit verbreitet ist, besteht ein erhöhtes Risikopotenzial für eine Glücksspielsucht." Ziel sei es, das Bewusstsein für die versteckten Risiken von Glücksspielangeboten zu stärken.
"Spielsucht kann viele Jahre im Verborgenen stattfinden. Umso wichtiger kann es auch für das Umfeld sein, genauer hinzuschauen und konkret nachzufragen", ergänzte Schulz-Fähnrich. Wer sich trotz aller Risiken für die Teilnahme an Glücksspiel entscheidet, sollte das eigene Spiel- oder Tippverhalten gut im Blick behalten, sich an gesetzte Limits halten und bei gehäuften Abweichungen mittels professioneller Unterstützung das eigene Spielverhalten reflektieren.
Info
An jedem Dienstag in ungeraden Kalenderwochen trifft sich die Selbsthilfegruppe von 17.30 bis 19 Uhr in der Fachambulanz für Suchthilfe in der Hemauer Straße 10. Eine Voranmeldung ist nicht notwendig.
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