Polizei-Gewerkschafter zur Rassismus-Studie

"Werden keine Mogelpackung akzeptieren"


Nun kommt sie also doch, eine Rassismus-Studie in Reihen der Polizei - wenn auch in etwas abgeänderter Form, als ursprünglich angedacht. (Symbolbild)

Nun kommt sie also doch, eine Rassismus-Studie in Reihen der Polizei - wenn auch in etwas abgeänderter Form, als ursprünglich angedacht. (Symbolbild)

Von Redaktion idowa

Monatelang hatte sich Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) eisern vor die Polizei gestellt. Immer wieder bekräftigte er, eine Studie, die sich ausschließlich mit Rassismus-Vorwürfen in Reihen der Polizei beschäftigt, werde es mit ihm nicht geben. Nun gibt es sie doch - wenn auch in abgeschwächter Form. Demnach soll der Fokus der Studie nun nicht mehr einzig und allein auf der Polizei liegen, sondern auch Alltagsrassismus in allen gesellschaftlichen Bereichen mit einbeziehen. Ein guter Kompromiss? Idowa hat diesbezüglich bei Jürgen Köhnlein nachgehakt. Er ist Vorsitzender des Bayerischen Landesverbandes der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG).

Herr Köhnlein, wie beurteilen Sie die neue Entwicklung, dass es nun doch eine Rassismus-Studie bei der Polizei geben wird?

Jürgen Köhnlein: Nach unseren Informationen soll der Alltag von Polizeibeamten ein Bestandteil der Studie sein. Die Fragestellung, ob sich die Polizei auch vor dem Hintergrund ständig wachsender Gewalt gegen sie, möglicherweise von extremistischem, rassistischem oder antisemitischem Gedankengut in ihrem Handeln beeinflussen lässt, geht aber genau in die von uns kritisierte Richtung.

Inwiefern?

Köhnlein: Wenn das Inhalt der Studie wird, ist es die Rassismus-Studie durch die Hintertüre. Nur eben nach außen hin hübsch verpackt, mit Schleife dran! Hier steht Horst Seehofer im Wort, der keine Studie machen will, die sich mit Unterstellungen und Vorwürfen gegen die Polizei richtet.

Olaf Scholz (SPD) hatte zuletzt gesagt, dass eine solche Studie längst in Auftrag hätte gegeben werden müssen. Ist das für Sie nachvollziehbar?

Köhnlein: Eine Studie über Alltagsrassismus in der Gesellschaft hätte ja schon längst gestartet werden können. Diese gibt es in Teilen ja auch schon. Aber warum hat man sich dann die ganze Zeit über nur auf die Polizei und auf einen möglichen Rassismus in der Polizei konzentriert? Uns ist wichtig, dass dann bei der Studie auch drin ist, was drauf steht. Eine Mogelpackung werden wir nicht akzeptieren.

Jürgen Köhnlein ist Vorsitzender des Bayerischen Landesverbandes der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG). Er sagt: "Das Image der Polizei in der Gesellschaft wird nur dann besser, wenn man sie unvoreingenommen ihre Arbeit machen lässt. Das bedeutet auch, Maßnahmen auch unter Anwendung von Gewalt akzeptieren, wenn dieser unmittelbare Zwang in der jeweiligen Situation erforderlich und geboten ist."

Jürgen Köhnlein ist Vorsitzender des Bayerischen Landesverbandes der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG). Er sagt: "Das Image der Polizei in der Gesellschaft wird nur dann besser, wenn man sie unvoreingenommen ihre Arbeit machen lässt. Das bedeutet auch, Maßnahmen auch unter Anwendung von Gewalt akzeptieren, wenn dieser unmittelbare Zwang in der jeweiligen Situation erforderlich und geboten ist."

Was denken Sie, könnte das Ergebnis einer solchen Studie sein? Lassen sich daraus wirklich Erkenntnisse über weiter verbreitete Tendenzen in Reihen der Polizei gewinnen?

Köhnlein: Es kann nur ein ehrliches Ergebnis entstehen, wenn man die Betroffenen mitnimmt, ihnen die berechtigten Ängsten nimmt, dass nur ein erwünschtes Ergebnis zählt. Eben das Ergebnis, dass die Polizei ein latentes Rassismus-Problem hat. Denn wenn bereits im Vorfeld feststeht, dass ein anderes Ergebnis gar nicht akzeptiert wird, kann man sich die Mühe sparen.

Haben Sie die Befürchtung, dass das Image der Polizei durch eine solche Studie in Mitleidenschaft gezogen werden könnte?

Köhnlein: Das Image der Polizei ist gut. Aber die Diskussion um eine Studie schadet uns. Und diese Diskussion wird bleiben. Vor, während und nach einer solchen Studie. Das ist politisch von den Akteuren so gewollt. Da geht es nicht um Ergebnisse, sondern nur darum, das Thema ‚Rassismus bei der Polizei' warm zu halten.

In dieser Diskussion "spielen Zahlen keine Rolle"

Im idowa-Interview im Juli hatten Sie gesagt: "Wir lehnen nach wie vor eine solche Studie ab, da es dafür keine Notwendigkeit gibt. Eine spezielle Berufsgruppe würde herausgezogen und mit einer Rassismus-Studie überzogen, obwohl es für strukturellen Rassismus keine Anhaltspunkte gibt." Nach den jüngsten Bedingungen von Horst Seehofer stünde ja nun bei der Studie nicht mehr nur die Polizei im Fokus.

Köhnlein: Wir sehen die Notwendigkeit nach wie vor nicht. Denn das geben die Zahlen nicht her. Kürzlich erst bestätigt durch den Lagebericht zu Rechtsextremisten im öffentlichen Dienst. Aber das Thema wird politisch diskutiert. Da spielen Zahlen keine Rolle. Jetzt gibt es einen Kompromiss, ein politisches Entgegenkommen.

Was würden Sie sich als Polizeigewerkschaft von der Politik konkret wünschen, um zwar Rassismus-Fälle zu untersuchen, gleichzeitig aber nicht Gefahr zu laufen, die gesamte Polizei zu diskreditieren?

Köhnlein: Wenn die Studie kommt, sollte man neutralen Fachleuten die Durchführung überlassen. Aber daran wird es wohl scheitern. Diejenigen, die einen latenten Rassismus bei der Polizei auch ohne Studie erkannt haben wollen, werden ihre vorgefertigte Meinung natürlich nicht ändern. Egal, was die Forschung dazu sagt.