Politik zum Verstehen

Allez l’Europe: Emmanuel Macron will mehr Europa


Er ist nicht nur Fan der französischen Nationalmannschaft, sondern auch der EU: Emmanuel Macron.

Er ist nicht nur Fan der französischen Nationalmannschaft, sondern auch der EU: Emmanuel Macron.

Allez l'Europe: "Vorwärts Europa", heißt das in der Muttersprache des französischen Präsidenten Emmanuel Macron. Er gilt vielen als großer Hoffnungsträger für die Europäische Union (EU). Denn während einige eher weniger EU wollen, ist er für mehr Europa. Was das bedeutet? Wir erklären es.

Seit Langem gibt es die Idee der Vereinigten Staaten von Europa. Vorbild sind - du ahnst es - die Vereinigten Staaten von Amerika. Das würde bedeuten, dass alle Länder - Spanien, Italien, Polen und so weiter - unseren Bundesländern ähneln und einer Regierung unterstehen, die zum Beispiel in Brüssel sitzt. Diesen Weg beging man nach dem Zweiten Weltkrieg - ganz langsam. Zuerst arbeiteten einige Länder wirtschaftlich zusammen. Nach und nach kamen immer mehr Bereiche dazu. Außerdem wurden die Vorläufer eines Europäischen Parlaments gegründet, das ab 1987 auch so genannt wurde.

Mehr Zusammenarbeit - oder doch nicht?

Über die Jahre einigten sich die Länder dann, in immer mehr Themenbereichen zusammen zu arbeiten, zum Beispiel in der Außenpolitik. Deshalb gibt es inzwischen auch so eine Art europäischen Außenminister, genannt Außenbeauftragter. Diesen Weg nennen Fachleute europäischen Integrationsprozess, weil man immer mehr Bereiche unter das Dach der Europäischen Union integrieren möchte. Die Mitgliedsländer sind also im Laufe der Zeit immer mehr Schritte in Richtung Vereinigte Staaten von Europa gegangen. Gleichzeitig haben alle Länder weiterhin eine eigene Regierung, die ihnen meist wichtiger ist als die Regierung in Brüssel. Viele finden es in den vergangenen Jahren zunehmend blöd, dass sich die EU ihrer Ansicht nach zu stark in ihre Angelegenheiten einmischt. Sie wollen in vielen Bereichen doch lieber selbst entscheiden. "Die Länder tun sich schwer, Souveränität abzugeben", erklärt Politikwissenschaftler Franz Kohout. Das wurde besonders deutlich, als in der Flüchtlingskrise alle aufgefordert waren, sich bei der Aufnahme von Migranten gegenseitig zu helfen. Insbesondere osteuropäische Staaten wollten da nicht mitmachen. Außerdem haben die reicheren Länder, vor allem im Norden, Angst, dass sie für die Schulden der schwächeren, südlichen Länder aufkommen müssen. So wie das der Fall war, als Griechenland vor einigen Jahren beinahe Pleite gegangen wäre. Deshalb stellen viele die europäische Integration in Frage.

Vorwärts, nicht stehenbleiben - das ist die Devise von Macron

Der französische Präsident Emmanuel Macron findet, um die Probleme zu bewältigen, dürfe man nicht zurückgehen oder stehenbleiben. Man müsse vielmehr die nächsten Schritte auf dem Weg zu einem vereinten Europa gehen, um die Probleme gemeinsam zu lösen. Dazu hat er verschiedene Vorschläge gemacht (siehe Artikel unten). Um sie zu realisieren, braucht er Verbündete, wie die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel, die ebenfalls als überzeugte Europäerin gilt. Andere Länder wie Polen, Ungarn oder Großbritannien sowie verschiedene Parteien, wie etwa die Partei Front National in Frankreich, wollen genau das Gegenteil: Sie wollen die Europäische Union lieber zurückfahren. Europa ist also gespalten. Experte Franz Kohout glaubt, eine Lösung für dieses Problem wäre ein "Europa der zwei Geschwindigkeiten". Dabei könnten dann einige Länder weiter voranschreiten, während die anderen nicht mitmachen. Ob das so kommt, ist aktuell unklar.

Mehr Geld für den gemeinsamen Topf

Mehr Geld für den gemeinsamen Topf

Macron will mehr in die schwächeren Regionen der EU investieren, um Pleiten zu vermeiden

Das Kernstück von Macrons Reformideen betrifft das Geld. Dabei geht es um den gemeinsamen Haushalt der Europäischen Union (EU). Der gemeinsame Haushalt ist das Geld, das man zur Verfügung hat - ähnlich wie in einer Familie, wo der Verdienst der Eltern das Einkommen darstellt, und alles, was die Familie für Miete, Auto, Schulsachen oder Urlaub braucht, sind die Ausgaben.

Wer wirtschaftlich nicht stark ist, kann pleite gehen

So ist es auch mit dem Haushalt der EU. Alle Länder müssen bisher einen Beitrag in den Haushaltstopf einbezahlen. Die Höhe des Betrags hängt aktuell davon ab, wie stark die Wirtschaft eines Landes ist. Aus dem Topf geht natürlich auch Geld hinaus, und zwar in Form von Ausgaben, zum Beispiel zur Unterstützung von Landwirten. Die sogenannten Agrarsubventionen seien der größte Teil, erklärt Politikwissenschaftler Franz Kohout. In viele andere Bereiche investiert die EU nur wenig, zum Beispiel in Bildung. Das machen die Länder überwiegend selbst. Macron will, dass in diesem Topf mehr Geld landet. Aktuell befinden sich darin etwa 145 Milliarden Euro jährlich. Das ist zu wenig, findet Macron. Zum Vergleich: Deutschland allein hat einen Haushalt von mehr als 300 Milliarden Euro. Das Geld brauche man, um die wirtschaftlichen Unterschiede zwischen den Ländern zu verringern, sagt Macron. Denn wirtschaftliche Schwäche sei letztlich schuld daran, wenn Staaten das Geld ausgeht. Mit dem Geld des gemeinsamen Haushalts müsste man solchen Ländern unter die Arme greifen und dort investieren. Auf lange Sicht ließen sich dann Staatspleiten wie die Griechenlands vermeiden, hofft der französische Präsident. Das Geld könnte aus einer europäischen Steuer stammen, die neu eingeführt wird. Macrons Gegner finden das blöd. Sie müssten ihren Bürgern mehr Steuern abverlangen oder erhalten selbst weniger, fürchten sie.

Egal wo - Konzerne sollen überall gleiche Steuern zahlen

Zudem möchte Macron einheitliche Steuern auf Gewinne, sodass Firmen in den Niederlanden genauso viele Abgaben bezahlen müssen wie in Italien. Er plant auch, einen schon bestehenden Topf zu einer dauerhaften Einrichtung zu machen. Sein Name: Euro-Rettungsschirm. Mit ihm soll Ländern geholfen werden, wenn sie nicht mehr zahlen können. Allerdings soll an Hilfen künftig nicht der Zwang zum Sparen geknüpft werden, wie das bei Griechenland der Fall war. Gegen diesen Teil der Reform hat besonders Deutschland Einwände.

Armee und Asyl

Armee und Asyl

Der französische Staatschef Macron will nicht nur eine engere Zusammenarbeit, was das Geld betrifft. Er will auch weitere Schritte hin zu einer europäischen Armee gehen, um gegen die anderen Weltmächte bestehen zu können. Du fragst dich vielleicht, warum man das braucht, wo bei uns doch Frieden herrscht. Tatsächlich ist das wichtig, um mit anderen Staaten auf Augenhöhe sprechen zu können. Und jedes Land - oder in diesem Fall jeder Zusammenschluss von Ländern - muss seine Außengrenzen schützen, damit es seine Eigenständigkeit bewahren kann. Macron ist der Ansicht, dass einzelne Länder wie Deutschland, Frankreich oder Polen in Zukunft zu schwach sind, um Supermächten wie China die Stirn bieten zu können. Dazu müsse innerhalb Europas jeder ein Stück seiner Eigenständigkeit abgeben.
Zudem will Macron eine gemeinsame Asylpolitik. Das würde bedeuten, dass nicht mehr jedes Land einzeln bestimmt, wer in seinem Land bleiben darf. Vielmehr würde eine europäische Behörde darüber entscheiden und die Flüchtlinge dann verteilen. Dagegen sind aber nach wie vor viele Länder, insbesondere in Osteuropa.