Politik

Spitzel oder Sicherheit? Ein Kommentar zum Polizeiaufgabengesetz


Lena Völk war Praktikantin im Bayerischen Landtag, als das PAG diskutiert wurde.

Lena Völk war Praktikantin im Bayerischen Landtag, als das PAG diskutiert wurde.

Von Lena Völk

Das bayerische Polizeiaufgabengesetz (PAG) wurde in den vergangenen Wochen stark diskutiert und trotzdem durchgesetzt. Für Lena Völk (18) aus Straubing ist klar: Dieses Gesetz betrifft uns alle. Ein Grund, weshalb sie es in ihrem Kommentar hinterfragt und dazu aufruft, dass der Widerstand dagegen noch lauter werden muss.

Es ist in aller Munde und doch weiß keiner so wirklich, was mit dem neuen Polizeiaufgabengesetz (PAG) auf uns zukommt. Feststeht, dass dieses Gesetz der einschneidendste Eingriff in die Kompetenzen der bayerischen Polizei seit 1945 ist. Die vielen nachträglichen Änderungen und Anpassungen haben zu unzähligen unterschiedlichen Aussagen über das PAG geführt. Doch welche Änderungen werden für uns wirklich spürbar sein? Es gibt eine Handvoll an Formulierungen, deren tatsächlichen Nutzen und möglichen Missbrauch wir hinterfragen sollten.

Gefährder einfach einsperren
So wird es beispielsweise möglich sein, Gefährder (Personen, bei denen bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie politisch motivierte Straftaten von erheblicher Bedeutung begehen werden), ohne dass diese tatsächlich eine Straftat begangen haben, für drei Monate in Gewahrsam zu nehmen. Zusätzlich kann dies auf unbegrenzte Zeit verlängert werden. Auch das Aufzeichnen von Einsätzen soll mit körpernahen Aufnahmegeräten ermöglicht werden. Fraglich ist dabei natürlich, ob diese auch in für die Polizisten kritischen Einsätzen, wie zum Beispiel beim G20-Gipfel im Juli 2017 eingeschaltet bleiben würden oder ob dann nicht lieber zum Eigenschutz der Off-Button gedrückt wird.
Die Neueinführung des Ausdrucks "Drohende Gefahr" ist die wohl meist diskutierte Änderung. Das Problem wird beim Versuch, den Begriff zu definieren, deutlich: Wo werden die Grenzen gezogen? Rein rechtlich muss es nicht einmal Beweismittel oder konkrete Hinweise auf eine Tat geben, um Überwachungsmaßnahmen oder eine Festnahme zu veranlassen. In Anbetracht der zunehmenden Bedrohung durch Terrorismus mag dies vielleicht nachvollziehbar und sinnvoll klingen, doch wirkt diese Möglichkeit doch etwas willkürlich und erschreckend. Ist das also wirklich der richtige Weg dem Terror entgegenzutreten?
Ebenso fraglich ist, dass es der Polizei nun erlaubt ist, sich über elektronische Medien wie das Handy oder Internet als jemand anderes auszugeben und als verdeckter Ermittler zu fungieren. Dies erinnert stark an die Stasi zu Zeiten der DDR. Dieser Eindruck verstärkt sich durch Artikel des neuen PAGs, die den Einsatz von "dritten Vertrauenspersonen" erlauben. Die "Spitzel" würden natürlich auch für ihre Arbeit entschädigt werden. Wohnungen dürfen ohne Wissen des Bewohners betreten und verwanzt werden. Und als wäre das noch nicht genug, wird das herrschende Trennungsprinzip zwischen Geheimdiensten und Polizei aufgehoben. Dies gilt in Deutschland informell seit dem Mauerfall, um eine Wiederholung des Schreckens der Stasi zu verhindern - aus gutem Grund. Kurz gesagt: Die bayerische Polizei wird mit geheimpolizeilichen Fähigkeiten ausgestattet. Zusätzlich wurden zahlreiche Einschränkungen in Bezug auf den Schutz persönlicher Daten aufgehoben. In Zeiten, in denen jeder - zumindest auf Facebook - Angst um seine Daten hat, scheint ein neues Polizeiaufgabengesetz mit derartigen Möglichkeiten zu einem ungünstigen Moment zu kommen.

Durchgesetzt dank der CSU
Selten hat eine Gesetzesänderung so viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen wie diese. Durchgesetzt wurde es trotzdem - der absoluten Mehrheit der CSU sei Dank.
Was nun kommt, ist ungewiss. Demokratisch korrekt wäre es wohl gewesen, auch der Opposition im Landtag Gehör zu schenken und nicht nur eine "Informationsoffensive" zu veranlassen. Der normale Bürger mag zwar nichts zu verstecken und noch weniger zu befürchten haben, aber uns sollte bewusst sein, welche Möglichkeiten diese Änderung mit sich bringt. Schließlich kann auch eine alleinherrschende CSU nicht reinen Gewissens über die Köpfe aller hinweg entscheiden.
Doch dafür muss der Widerstand noch lauter werden. Damit ist nicht nur der Widerstand der Opposition gemeint, sondern der eines jeden bayerischen Bürgers. Denn dieses Gesetz betrifft uns alle.
Bayern ist nicht umsonst eines der sichersten Bundesländer, doch durch die ausgeweiteten und neuen Möglichkeiten des PAGs wird unser Rechtsstaat in Frage gestellt. Ob das der richtige Weg zu einem noch sichereren Bayern ist, sei dahin gestellt.