Politik

Polizeiaufgaben–was?


Viele Menschen demonstrieren gegen das neue Polizeiaufgabengesetz

Viele Menschen demonstrieren gegen das neue Polizeiaufgabengesetz

Jeder hat darüber geredet, viele sind dagegen auf die Straße gegangen. Das alles konnte aber nicht verhindern, dass es jetzt kommt: das neue Polizeiaufgabengesetz. Damit du weißt, worum es dabei geht, haben wir alles noch einmal für dich zusammengefasst.

Wieso gibt's das Gesetz?

Du erinnerst dich sicher an die Terroranschläge von Paris und Brüssel. Nach diesen Ereignissen hat man überlegt, wie man so etwas künftig verhindern kann. Das Bundesverfassungsgericht, das oberste Gericht Deutschlands, hat daraufhin 2016 beschlossen, der Polizei zur Terrorabwehr mehr Rechte zu geben, damit sie herausfinden kann, wann oder wo Anschläge geplant sind. An das Urteil muss nun jedes Land seine Gesetze anpassen. Die Polizei will auch in Sachen Digitales und Technik mit den Kriminellen auf Augenhöhe bleiben. Denn schließlich werden - wie du dir sicher vorstellen kannst - Verbrechen oft via Internet oder Smartphone geplant. Zudem müssen alle Länder ein EU-Gesetz zum Datenschutz umsetzen.

Was wird kritisiert?

In den vergangenen Wochen sind viele Menschen wegen des Gesetzes auf die Straße gegangen. Auch Experten kritisieren es. Sie sagen zum Beispiel, den Begriff "drohende Gefahr" hat das oberste deutsche Gericht nur für Terrorfälle eingeführt. In Bayern würde er jetzt aber auch bei anderen Straftaten angewendet. Der Begriff sei außerdem zu vage. Keiner wisse genau, wann wirklich Gefahr droht. Sie sagen, dass dadurch die Schwelle für Eingriffe gesenkt werde. Genützt hat der Protest nichts. Das Gesetz wurde trotzdem beschlossen. Alle Abgeordneten der CSU haben dafür gestimmt. Sie haben mehr als die Hälfte der Stimmen im Landtag und konnten das Gesetz deshalb gegen die Stimmen der Opposition durchwinken.

Wie geht das?

Das Bundesverfassungsgericht hat mit seinem Urteil 2016 einen neuen Begriff eingeführt: die "drohende Gefahr". Er soll der Polizei ein früheres Eingreifen ermöglichen - nicht erst wenn es einen "konkreten Verdacht" gibt wie bisher. Ab sofort darf sie das schon, wenn nur Gefahr droht. Das ist dann der Fall, wenn die Polizei nachweisen kann, dass sie Angriffe auf Leib, Leben, Gesundheit oder die persönliche Freiheit erwartet. Es droht also etwas Schlimmes, ohne dass aber Zeit und Ort feststehen. In Bayern steht der Begriff schon seit August 2017 im Polizeiaufgabengesetz. Tatsächlich neu ist, dass dies jetzt nicht nur auf die Terrorabwehr, sondern auf alle Bereiche der Kriminalitätsbekämpfung angewendet werden kann.

Und jetzt?

Die Politik will mit dem Gesetz auch darauf reagieren, dass sich die Menschen in Deutschland zunehmend unsicher fühlen. Das ist seltsam, denn die Straftaten in Deutschland gehen zurück. Die CSU ist von dem Gesetz aber überzeugt. Sie hat sich durch die Proteste nicht mehr zu Änderungen bewegen lassen. Ministerpräsident Markus Söder kündigte allerdings an, eine sogenannte Kommission einzurichten. Sie soll die Einführung des Gesetzes begleiten und bewerten. Außerdem sollen die Bürger besser informiert werden. Polizisten sollen Schüler aufklären. Grüne und SPD wollen gegen das Gesetz klagen. Sie sind der Meinung, es verstoße gegen Freiheitsrechte. Das Gesetz soll übrigens zum Vorbild für die anderen Bundesländer werden.

+ Das geht

Mehr Rechte im Umgang mit DNA-Spuren:

Fall 1: Wenn in einer Wohnung Materialien für den Bau einer Bombe gefunden werden, können mit den DNA-Spuren Geschlecht, Augen-, Haut-, Haarfarbe sowie Alter und Herkunft ermittelt und auf diese Weise der Kreis der möglichen Gefährder eingegrenzt werden. So kann die Polizei gezielter nach dem potenziellen Attentäter fahnden.

Fall 2: Zudem soll die Polizei die DNA-Analyse nutzen dürfen, um eine Person zu identifizieren und eine künftige Straftat zu vermeiden. Dazu muss die Polizei Tatsachen nachweisen. Außerdem muss ein Richter zustimmen. In diesem Fall dürfen Haar- und Augenfarbe nicht ermittelt werden.

Fall 3: Auch bei anderen Delikten darf die Polizei DNA-Spuren auswerten. Beispiel: Im Park neben einem Kindergarten wurden Taschentücher mit Spermaspuren gefunden. Es ist noch keine Straftat begangen worden, allerdings sind die Kinder in Gefahr. Die Polizei kann die DNA ermitteln und mit ihrer Datei über sexuelle Intensivtäter abgleichen. Informationen über Erbanlagen oder Krankheiten dürfen nicht gewonnen werden.

Clouddaten sicherstellen:

Bisher durfte die Polizei nur Daten auf den Endgeräten, also auf dem Handy oder einem Computer, sicherstellen. Sie durfte jedoch nicht auf Daten in der Cloud zugreifen. Das soll sich ändern. Beispiel: Jemand hat geäußert, dass er sich und andere Menschen töten will. Die Daten über die anderen sind auf dem Computer gespeichert. Um die Personen zu schützen, muss die Polizei sowohl Zugriff auf die Festplatte, als auch auf die Cloud haben.

Briefe und Pakete:

Die Polizei darf Post sicherstellen, um etwa Bestellungen über das Darknet zu sichern. Beispiel: Ein Drogenhändler verschickt gefährliche Kräutermischungen per Post. Davon erfährt die Polizei. Sie darf das Paket sicherstellen.

- Das geht nicht

Überwachungsstaat:

Viele haben Angst, dass die Polizei auch unbescholtene Bürger einfach überwacht, sie abhört und ausspioniert.

So ist es: Die Polizei darf jemanden nur verdeckt überwachen, wenn das von einem Richter angeordnet wurde. Anschließend muss sie denjenigen darüber informieren, dass er überwacht worden ist. Dieser kann die Maßnahme gerichtlich prüfen lassen. Wenn die Polizei das Telefon abhören will, muss sie ebenfalls Tatsachen nachweisen, dass eine Gefahr vorliegt. Auch hier muss wieder ein Gericht entscheiden.

Unendlich lange einsperren:

Viele befürchten, dass die Polizei Verdächtige einfach so bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag einsperren darf.

So ist es: Die Polizei darf zwar ab sofort Verdächtige bis zu drei Monate in Haft nehmen und nicht mehr maximal 14 Tage wie bisher. Sie hat außerdem die Möglichkeit, diese Haft um weitere drei Monate zu verlängern. Allerdings muss ein Richter über die Haft und über jede weitere Verlängerung entscheiden. Dazu muss die Polizei dem Richter Hinweise liefern. Allerdings reicht eine drohende Gefahr. Es muss nicht wie bisher eine konkrete Gefahr vorliegen.

Die Polizei hat Handgranaten:

Viele sagen, die Polizei ist ab sofort bewaffnet wie das Militär. Das geht zu weit.

So ist es: Es stimmt nicht, dass normale Streifenbeamte Handgranaten oder Sprengstoff dabei haben dürfen. Allerdings dürfen Spezialeinheiten der Polizei tatsächlich Sprengstoff nutzen, zum Beispiel um Türen zu öffnen. Das ist allerdings nicht neu und war auch bisher schon möglich. Neu ist jedoch, dass diese Einheiten jetzt auch neue Explosivmittel einsetzen dürfen, um zum Beispiel in Gebäude einzudringen, in denen sich Terroristen verschanzt haben.