Ostbayerische Thermen

Heilbäder trotz Wiedereröffnung im Corona-Strudel


Die Beschränkungen der Gästezahlen machen den Thermenlandschaften der Region wirtschaftlich das Leben schwer. (Symbolbild)

Die Beschränkungen der Gästezahlen machen den Thermenlandschaften der Region wirtschaftlich das Leben schwer. (Symbolbild)

Der Corona-Lockdown und die Umsatzausfälle bedrohen die Thermen und Heilbäder Ostbayerns in ihrer Existenz.

Die Lage der Freizeitbäder und Thermen bleibt auch zum Start in die Herbst- und Wintersaison angespannt - so fasst es die European Waterpark Association (EWA) zusammen. Die EWA ist der europäische Branchenverband der Thermenlandschaften und Heilbäder. Im zweiten Quartal 2020 konnten demnach wegen des Lockdowns nur noch sechs Prozent der Besucherzahlen des Vergleichszeitraums 2019 verzeichnet werden.

Zwischenzeitlich sind so gut wie alle Thermen und Erlebnisbäder wieder geöffnet - allerdings mit Auflagen. Die Besucherkapazitäten liegen auf einem Bruchteil des Normalbetriebs, was zu einem wachsenden Defizit führt. Die EWA fordert jetzt "direkte, nicht zurückzahlbare Zuschüsse" von der Politik. Quasi ein Bäder-Rettungspaket.

Minus bei den Bädern im zweistelligen Millionenbereich

"Wir sprechen von einem Minus im zweistelligen Millionenbereich an fehlenden Einnahmen", erklärt Marcus Maier, Prokurist der Therme Erding gegenüber idowa: "Aktuell dürfen unsere Gäste immer noch keine Dampfbäder benutzen, ebenso keine Infrarotkabinen und beim beliebten Saunaaufguss muss immer noch auf das Wedeln verzichtet werden. Die Haupteinschränkung ist natürlich die Limitierung der Besucherzahlen durch die Abstandsregelungen. Spitzentage wie in der Vergangenheit mit über 10.000 Gäste liegen in weiter Ferne."

Von Umsatzeinbußen in einer ähnlichen Größenordnung sprechen auch Karl-Heinz Lummer von der Aqacur Badewelt in Bad Kötzting und Franz Altmannsperger, der Werkleiter der Wohlfühl-Therme Bad Griesbach. Altmannsperger etwa sagt auf unsere Anfrage: "Die Zahlen der Waterpark Association e.V. treffen für die Wohlfühl-Therme für das zweite Quartal 2020 überwiegend zu. Aufgrund von Kurzarbeit und Abschalten von Systemen konnten aber die laufenden Kosten in dieser Zeit etwas reduziert werden."

Die Wiedereröffnung kam für viele Bäder spät. Karl-Heinz Lummer, der Geschäftsführer der Aqacur Badewelt in Bad Kötzting: "Am 8. September starteten wir wieder mit dem Hallenbad und der Sauna - mit Einschränkungen. Beschränkung der Gästezahlen, Abstandsgebot, keine Dampfbäder, keine Banja, kein Hamam, keine Wedel-Aufgüsse, kein Bierbad, keine Massagen und damit keine Wellness-Arrangements und so weiter."

Lesen Sie im zweiten Teil unseres Artikels unter anderem, welche wirtschaftlichen Perspektiven die Thermenbetreiber für die nahe Zukunft sehen.

Zusätzlicher Personalaufwand für Check-Ins

"Wichtig", fügt Franz Altmannsperger hinzu, "ist dabei zu erwähnen, dass es sich bei der Wohlfühl-Therme um eine Gesundheitseinrichtung und um kein Spaßbad handelt. Durch das Bad Griesbacher Heilwasser werden Leiden gelindert und präventive Maßnahmen zur Gesunderhaltung angeboten." Stichwort Gesundheit. Wie beurteilen die zuständigen Behörden die Gesundheitsgefahr in den Heilbädern und Thermen heute? "Das Risiko einer Infektion mit Sars-CoV-2-Viren über das Wasser in Bädern wird zwar als gering angesehen. Möglicherweise durch Badende eingetragene Viren werden im Wasser stark verdünnt und zusätzlich durch die Aufbereitung des Wassers entfernt", schreibt ein Sprecher des bayerischen Gesundheitsministeriums auf Anfrage von idowa. Vom Wirtschaftsministerium heißt es: "Die wissenschaftlich fundierten Erkenntnisse haben in den vergangenen Monaten zugenommen, wenngleich eine Vielzahl von Fragen noch offen sind." Vor allem die Gefahr, die von großen Menschenansammlungen ausgeht, sei zu Beginn der Pandemie schwer einzuschätzen gewesen - deshalb zunächst die Komplettschließung: "Die Maßgaben für freiere oder restriktivere Aufenthaltsregelungen in Bädern und Thermenanlagen folgen dabei dem konkreten Infektionsgeschehen in unserer Gesellschaft."

Bäder-Subvention per kommunalem Finanzausgleich?

Das Problem ist im bayerischen Wirtschaftsministerium bekannt: "Soweit Bäder- und Thermenanlagen keine Privatunternehmen sind, sondern von Kommunen, Kurorten und Heilbädern betrieben werden, leiden diese Orte zusätzlich unter coronabedingten Einnahmenausfällen aufgrund eines geringeren Aufkommens an Gewerbesteuern, Fremdenverkehrsbeiträgen und Kurbeiträgen. In diesen Fällen bemüht sich der Freistaat Bayern, die Finanzkraft der Kommunen durch Kompensationsmaßnahmen zu stärken. Die Details dazu werden in den kommenden Wochen im Rahmen des diesjährigen Spitzengesprächs zum kommunalen Finanzausgleich 2021 festgelegt."

Wenig konkret allerdings sind die Aussagen des Ministeriums zu den Perspektiven in Bezug auf die Corona-Maßnahmen: "Die Wiedereröffnung der Bäder und Thermenanlagen unter den zweifelsfrei limitierenden Bedingungen der Coronazeit bedeutet für die Betreiber einen wichtigen Schritt - auch unter wirtschaftlichem Gesichtspunkt - in eine neue Normalität. Unter sorgfältiger Beobachtung des Infektionsgeschehens in der Gesellschaft erfolgen dann weitergehende Lockerungen im Sinne einer Rückkehr zur Normalität des Bäderbetriebs aus der Zeit vor der Pandemie." Über die zeitliche Perspektive könne man derzeit noch keine Angaben machen.

2020 ist "ein verkorkstes Jahr"

Mit einer Prognose für die kommenden Monate tun sich die Betreiber der Kur- und Erlebnisbäder in Ostbayern entsprechend schwer: "Wir hoffen, dass die Therme Erding in den kommenden Monaten es schafft, eine schwarze Null zu schreiben. Damit wären wir sehr zufrieden", sagt Marcus Maier von der oberbayerischen Thermenlandschaft: "Die hohen Fixkosten an Personal und Energie laufen nahezu auf dem gleichen Niveau wie vor der Schließung. Der Check In und auch einige Bereiche im Bad sind mittlerweile personalintensiver geworden."

"Nicht 2020 ist das Problem - 2020 ist ein verlorenes, ein verkorkstes Jahr - das alleine könnte man abhaken. Die folgenden Jahre sind das Problem", sagt Karl-Heinz Lummer von der Aqacur Badewelt in Bad Kötzting: "Ich erwarte 2021 einen Besucherrückgang von zuletzt rund 250.000 Gästen pro Jahr auf weit unter 200.000 Gäste pro Jahr. Das bedeutet einen Umsatzrückgang von rund 500.000 Euro - bei annähernd gleichbleibenden Ausgaben." Die kommenden Jahre werden laut Lummers Einschätzung eine besondere Herausforderung. "Wir müssen uns ein bisschen neu erfinden und unsere Stärken mehr herausarbeiten. Dazu brauchen wir Geduld und Durchhaltevermögen. Denn die Corona-Beschränkungen werden uns meines Erachtens noch länger beschäftigen und einschränken, als wir das alle derzeit vermuten."