Neues vom Turm

Leidende Männerkörper und ein Kasperltheater


Was ist denn das für ein Verschlag beim Wagner? Die Antwort darauf wusste der Bernhardt Klaus-Dieter (Mitte): "A Kasperl-Theater", meinte er und trällerte los.

Was ist denn das für ein Verschlag beim Wagner? Die Antwort darauf wusste der Bernhardt Klaus-Dieter (Mitte): "A Kasperl-Theater", meinte er und trällerte los.

Beim Drachenstich geht's heiß her. Das wissen nicht nur die Sattelbogner und Kardinaler, denen beim Kampf gegen das Ungeheuer der Drache durch seine Feuerbälle regelmäßig das Gehirnwasser unterm Eisenhelm zum Kochen bringt.

Das weiß spätestens seit Mittwochabend auch Monika Zimmermann, eine der Schranne-Frauen. "Wenn s' treffa miassaten, dadn's ned treffa ...", meinte kurz danach ein Akteur, als einer der Kirchhofschützen die brennende Fackel ausgerechnet in einen Korb voll Stroh warf. Die mutige Schranne-Darstellerin schnappte sich den Strohkorb, obwohl dieser bereits brannte, und rannte mit diesem hinter die E/F-Tribüne. Dort konnte sie dann das Geflecht, das bereits lichterloh in Flammen stand, nicht mehr halten. Schnell rief sie hinter die Bühne: Feier, Feier! Flott reagierten zwei Further Feuerwehrmänner, die bei jeder Aufführung hinter der Bühne für solche Notfälle bereitstehen. Zunächst mit Hilfe einer Löschdecke, anschließend mit einem Hochdrucklöscher wurde den Flammen, die inzwischen rund zwei Meter in die Höhe loderten, der Garaus gemacht. Monika Zimmermann gehört für den couragierten Einsatz eine Belobigung ausgesprochen. Falls es von Festspielseite noch nicht geschehen sein sollte, machen wir es hiermit.

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Feuer zu entzünden, darin versucht sich vor jeder Aufführung auch unser Bürgermeister, Sandro Bauer - nämlich das Feuer der Begeisterung unter den Zuschauern. Beharrlich trainiert er mit ihnen die Applaus-Intensität, übt sich im Pointen-Feilen ("vergessen Sie nicht, nach dem Spiel Ihr Handy wieder einzuschalten ...) und kürt zudem den oder die ausgefallensten Besucher. Dabei gibt er rhetorisch alles - und verrät insgeheim auch, was seine TV-Lieblingsunterhaltungssendungen sind: Schlager- und Volksmusik-Heile-Welt-Shows. Warum wir das wissen? Weil das Stadtoberhaupt seine Rhetorik von Florian Silbereisen abgekupfert hat. Man beachte nur das melodische, über eine Oktave anschwellende Finale eines jeden blumigen Satzes. Die Ähnlichkeit ist so offensichtlich, dass der Bürgermeister schon als Show-Praktikant von Silbereisen gehandelt wird - sozusagen als Pendant zu Elton, der einst bei "TV Total" Stefan Raab als Schussel vom Dienst unterstützte.

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Das Feuer wird aber nicht nur im übertragenen Sinne geweckt, bei manchen sogar spürbar an der Nasenschleimhaut. Nein, gemeint ist nicht der Drache, der traditionell Flammen rotzt. Vielmehr sind es die bedauerlichen Opfer, die der Vogl Kon regelmäßig hinterlässt. So wie die Lanze zum Ritter gehört, das Haarkranzerl zur Ritterin, so gehört - nicht nur zur Drachenstichzeit - zum Kon der Schnupftabak der Marke "Teufelsmischung". Und ehe sich mancher versieht, hat er eine stattliche Prise davon auf dem Handgelenk und Sekunden später im Nasenloch. Was dann passiert, ist schwerlich mit Worten zu beschreiben: Am besten vergleicht man es mit einer halben Zwiebel, die man sich ins Auge reibt, einem beherzten Griff in ein Hornissennest oder aber den Einsatz einer durchblutungsfördernden Creme an einer Körperöffnung ... Wer sich das nur annähernd gut vorstellen kann, weiß, was der Roßmann Tom und der Maier Gerd bei der letzten Generalprobe hinter der Bühne durchgemacht haben, als sie plötzlich vom teuflisch grinsenden Kon heimgesucht wurden. Unser angefügtes Foto kann nur annähernd das Leiden darstellen ...

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Viel gemütlicher und vor allem schmerzfreier geht es dagegen im neuen Holzverschlag zwischen der A-Tribüne und dem Kulissen-Turm der Bühne zu. Ja, den kleinen, nicht offiziellen und dennoch oft gern genutzten Stehplatz gibt es heuer nicht mehr. Dieser wurde nun durch einen Bretterverschlag mit Fenster und verwinkelter Türe verbaut. Was das darstellen soll? Wem oder wozu das dienen soll? Auf der Suche nach einer Antwort darauf blieben wir ohne Erfolg - bis Donnerstagnacht. Denn als wir die gewöhnlich gut informierten Sattelbogner, die während der Aufführung dort gerade herumlümmelten, fragten, ob sie den wüssten, für was das gut sei, ernteten wir zunächst Achselzucken. Plötzlich kam es dem Bernhardt Klaus-Dieter wie einst dem Wichtel-Wikinger Wickie: Er sprang hinter die Kulisse, tauchte hinter dem Fenster auf, winkte irgendwie crazy und meinte grinsend: Eh klar ... des is a Kasperltheater, wos a sunst!
Folglich wird seitdem hinter den Kulissen schon überlegt, für was dieses Verwendung finden könnte. Zum Beispiel um die kleinen Volk-Kinder bei den textreichen Szenen zwischendurch mit Kasperlfiguren zu unterhalten. Da sich das Kasperltheater genau an der Stelle befindet, wo es beim Drachen in den letzten Jahren zum Systemausfall kam, kann künftig der Kasperl den Reset-Schalter an Tradinnos Bauch drücken. Und zudem dürften die Zuschauer auf den weniger guten Plätzen der F-Tribüne, die den Akteuren mehr in den Rücken blicken als ins Gesicht, wenigsten am Kasperltheater ihre Freude haben. Und falls mal kein Kasperl in "action" ist, kann man den Holzverschlag auch noch anderweitig sehr sinnvoll nutzen, wie ein Sattelbogner-Soldat anmerkte: "A boar Kasterln Bier hab'n do scho Plotz drin ... - für alle Fälle."

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"Hoho, hoho ... mehr Applaus": Zu viel Florian Silbereisen hat offensichtlich Bürgermeister Bauer gesehen.

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Wenn Körper so sehr leiden, dann kann dies nur eine Ursache haben: Der Vogl Kon zog vorbei.