Naturklänge als Musikprojekt

Im Wald mit "Her Tree" aus Kirchdorf


Beim Recording und Sampling im Studio von Maximilian Spindler in Rosenheim.

Beim Recording und Sampling im Studio von Maximilian Spindler in Rosenheim.

Im Wald kann man die Natur von ihrer besten Seite erleben. Das Klopfen eines Spechts, Vogelzwitschern und der Wind in den Baumkronen. Dazu saubere Luft und wenn man Glück hat, eine Tierbegegnung. Die Auswirkung auf den Organismus ist immens, nicht umsonst setzen Entspannungspädagogen vielfach CDs mit Waldgeräuschen ein. Alexandra Cumfe hat mit ihrem Musikprojekt "Her Tree" dieses Waldgefühl zu großartiger Musik kultiviert.

Wir treffen uns an einem Wanderparkplatz nahe Alexandras Heimat Kirchdorf am Inn. Schon hier ist es ruhig und idyllisch. Während ich mir die bewaldeten Hügel um mich herum ansehe, wird mir klar, dass ich die kleine Systemkamera für unseren Dreh nehmen werde. Mit schwerem Gerät möchte ich nicht dort hinaufklettern.

Sehen Sie dazu auch das TV-Porträt von Niederbayern TV.

Alexandra Cumfe hat ihren Hund dabei, als wir gemeinsam in den Wald gehen. Die beiden scheinen die Atmosphäre zu lieben. Wie eine Einheit bewegen sie sich durch die engen Pfade. Mal schnuppert der Hund an einem alten Baumstumpf, mal lauscht das Frauchen nach den Klängen der Umgebung.

"Ich habe eine Pause von der Musik gemacht und bin wandern gegangen mit meinem Hund", erzählt die Künstlerin. "Dann habe ich mich oft hingesetzt und nur zugehört und gelauscht, was so in der Natur los ist. Und weil ich es so schön gefunden habe, habe ich es aufgenommen." Die Geburtsstunde des Musikprojekts "Her Tree".

"Daheim habe ich es mir nochmal angehört und es auf den PC gespielt." Mehr als ein halbes Jahr lang arbeitete sie ohne Druck daran, schrieb Songs und verwendete zur musikalischen Untermalung ausschließlich Klänge aus dem Wald. "Es hat selbstständig angefangen, aus der Natur Musik zu werden", erzählt sie nachdenklich. So entstand auch die Idee in Englisch dazu zu singen.

Erst als sie davon erzählt, wie begeistert auch ihre Freunde von den rohen Musikstücken waren, scheint ihr dieser Prozess richtig gewahr zu werden. Ein Projekt wie "Her Tree" kann man nicht planen, es muss sich selbst seinen künstlerischen Weg bahnen.

Beim Recording und Sampling im Studio von Maximilian Spindler in Rosenheim.

Beim Recording und Sampling im Studio von Maximilian Spindler in Rosenheim.

Trip Hop im Gefühl

Ihre Musik könnte man als ökologischen Trip Hop bezeichnen. Perfekter Gesang zu perfektem musikalischem Arrangement. Klanglich irgendwo zwischen Massive Attack und Portishead, das war mein erster Gedanke, als ich ihr Album probehörte. Nur besser. Ich wundere mich über die beiden letzten Worte, die ich gerade getippt habe. Doch genau das ist mein Empfinden, und ich kenne mich mit diesem musikalischen Erlebnishorizont sogar aus.

Kann eine junge Frau aus Kirchdorf tatsächlich mit den berühmten Bands aus Bristol verglichen werden? Sie selbst würde sicherlich "nein" sagen. Dass ihr erstes Album "Don't try be beautiful" betitelt wurde, ist nämlich kein Zufall. Alexandra Cumfe ist keine Selbstdarstellerin. Sie lebt nicht für das Rampenlicht, es geht ihr nicht um sich. Vielmehr kann sie sich für die Natur, das Schöne und die Kunst begeistern. Sympathisch.

Die Schöpfung im Herzen

"Ich bin sehr naturverbunden aufgewachsen", erzählt die Sängerin. "Mein Opa hat immer das Gemüse selbst angepflanzt." Als "naturnah" und "bewusst" beschreibt sie ihre Kindheit. Daher rührt nicht nur ihre Begeisterung für den Wald und dessen schöne Geräuschkulisse, sondern auch ihr achtsamer Umgang damit.

Wir kommen an einem alten Baumstumpf vorbei, an dem die Akustik sehr gut zu sein scheint. Alex nimmt ihren Recorder heraus und setzt einen Kopfhörer auf. Der Hund setzt sich sofort neben sie, hört zu hecheln auf und schaut sich die Umgebung an. Er weiß, dass das Frauchen jetzt Ruhe braucht. Ich zögere, meinen Aufnahmeknopf an der Kamera zu drücken, lieber lasse ich die Situation erst einmal auch auf mich wirken.

Alexandra Cumfe taucht völlig in die Klangwelt der Umgebung ein, ihr Gesichtsausdruck wird entspannt, gleichmütig. Ich fühle mich mit meiner Kamera fast wie ein Eindringling, als ich beim Versuch, nicht samt Equipment den Hang runterzufallen, Geräusche verursache. Doch Alexandra ist längst in ihrem Wald versunken.

Leben für die Kunst

Sie möchte "einfach nur machen, was ihr Spaß macht. Nicht, was gerade modern ist." Alex ruht in sich, das wird in ihrer Haltung zum kreativen Prozess deutlich. "Wenn man irgendetwas macht, weil man denkt, dass das gerade ‚in' ist, dann ist das nicht nachhaltig."

Dabei kann sie sich auch für Kunst anderer begeistern. "Bon Iver ist einer meiner Helden", erzählt sie. Mit ihm zusammen würde sie gerne einmal auftreten. "Aber es gibt auch 100.000 andere Künstler, mit denen ich gerne auf der Bühne stehen würde. Es sind so viele tolle Künstler da draußen."

Viele Kunstschaffende sind insbesondere von sich selbst begeistert. Ganz anders jedoch Alexandra Cumfe. Sie ist fasziniert von den Werken anderer, begeistert sich für die Natur und möchte mit ihrer Musik einfach nur ausdrücken, was sie dabei empfindet. Ihres großen Talents dafür scheint sie sich gar nicht bewusst zu sein. Vielleicht ist sie gerade deshalb so ein angenehmer Mensch.

Dieser Artikel stammt aus dem NIEDERBAYERN TV Magazin, Ausgabe 13.

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Macht Musik aus Waldklängen und ihrer grandiosen Stimme: Alexandra Cumfe alias "Her Tree".

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Beim Interview in einem Wald nahe Kirchdorf am Inn: Her Tree.

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Beim Interview in einem Wald nahe Kirchdorf am Inn: Her Tree.

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Ihre Musik nimmt Alex im Wald auf - sie besteht ausschließlich aus Naturklängen.

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Ihre Musik nimmt Alex im Wald auf - sie besteht ausschließlich aus Naturklängen.