Nach Meningokokken-Fällen

Impfen in Ostbayern: Wie ist die Lage in den Landkreisen?


Ein aktueller Report des Bayerischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit bescheinigt der Region Impf-Nachholbedarf. Aber es gibt auch gute Nachrichten. (Symbolbild)

Ein aktueller Report des Bayerischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit bescheinigt der Region Impf-Nachholbedarf. Aber es gibt auch gute Nachrichten. (Symbolbild)

Von Maximilian J. Falk

Anfang der Woche sorgte eine Meldung für Aufsehen, nach der sich im oberbayerischen Landkreis Ebersberg und in München sechs Menschen mit Meningokokken-C-Erregern angesteckt haben. Die Erkrankung ist extrem selten, aber potenziell lebensgefährlich, da sie eine Hirnhautentzündung oder einen septischen Schock auslösen kann. Wären die Betroffenen geimpft gewesen, hätten die Fälle möglicherweise verhindert werden können. Aber wie ist es eigentlich um die Impfquoten in der Region bestellt? Gibt es Grund zur Sorge? idowa hat nachgeforscht.

Schaut man in den aktuellen "Gesundheitsreport Bayern" des bayerischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL), steht Ostbayern in weiten Teilen ähnlich da wie ganz Bayern - zumindest, was die Meningokokken-Impfung betrifft. Ausgewertet wurden die Impfquoten neu eingeschulter Kinder und die sogenannte "Impfbuchkontrolle" in der sechsten Klasse. Betrachtet man die Ergebnisse nach Regierungsbezirk, ergibt sich ein etwas anderes Bild: Die Regierungsbezirke Oberbayern, Niederbayern und Oberpfalz nehmen hier mit 82, 83 und knapp 89 Prozent Impfquote bei den Kindern nur die drei letzten Plätze unter den Regierungsbezirken ein. Der Durchschnitt für ganz Bayern beträgt knapp über 85 Prozent. Mittelfranken hat den Meningokokken mit fast 90 Prozent Impfquote am meisten entgegenzusetzen.

Lesen Sie hier:Den ganzen Gesundheitsreport 2019 des LGL

Cham vorbildlich bei Meningokokken-Impfung

Wie sieht es auf Ebene der Landkreise aus? Die Landkreise Straubing-Bogen und Regensburg liegen hier mit 90 Prozent bei der Einschulung und 84 Prozent bei der späteren Kontrolle über dem Durchschnitt. In Cham ist man mit 93 beziehungsweise 88 Prozent sogar ganz besonders vorbildlich.

Nachholbedarf bei der Immunisierung gegen "Men-C" gibt es besonders im Südwesten der Region: Die Landkreise Dingolfing-Landau, Erding und Kelheim liegen in beiden Statistiken mit 70 bis 80 Prozent deutlich unter dem bayerischen Schnitt.

Statistik: Wohlhabende impfen weniger

Diese Aufnahme eines Elektronenmikroskops zeigt Teile eines Masern-Virus.

Diese Aufnahme eines Elektronenmikroskops zeigt Teile eines Masern-Virus.

Wohlhabende Haushalte impfen tendenziell weniger

Extrem niedrige Quoten bei der Men-C-Impfung zeigen sich laut Statistik vor allem in den oberbayerischen Landkreisen, etwa in Miesbach und Bad Tölz mit rund 66 beziehungsweise ungefähr 55 Prozent Einschulungs-Impfquote. Der Landkreis Ebersberg, wo die sechs Meningokokken-Fälle auftraten, weist hier etwa 78 Prozent auf - ebenfalls unter Landesdurchschnitt.

Auch bei der Immunisierung gegen andere schwere Krankheiten, wie etwa Kinderlähmung, Hepatitis B oder Masern, sind Oberbayern und auch Schwaben insgesamt die Schlusslichter. Der Bericht macht für diese Zahlen unter anderem "impfkritische Milieus" verantwortlich. Was könnte damit gemeint sein? Ein Erklärungsansatz:

Wohlhabende, gut gebildete Menschen impfen ihre Kinder nicht? Es gibt zumindest eine Korrelation, meint Dr. Markus Frühwein. (Symbolbild)

Wohlhabende, gut gebildete Menschen impfen ihre Kinder nicht? Es gibt zumindest eine Korrelation, meint Dr. Markus Frühwein. (Symbolbild)

Laut einer Auflistung des Bayerischen Landesamtes für Statistik verdienen die Menschen in diesen Gegenden monatlich im Schnitt teils deutlich mehr als den bayerischen Durchschnitt von 25.000 Euro: Das sogenannte "Verfügbare Einkommen" pro Einwohner nach allen Abzügen liegt in Bad Tölz bei 27.000, in Ebersberg bei 27.500 und in Miesbach sogar bei 30.000 Euro. Ist das Zufall? Nein, sagt Dr. Markus Frühwein, Impf-Experte aus München: "Es gibt schon eine Korrelation zwischen Wohlstand, Bildungsstufe und möglicher Impfgegnerschaft." Da habe man es oft mit Menschen zu tun, die "in ganz anderen Feldern studiert" hätten und dann dächten, sie wüssten auch im medizinischen Bereich besser bescheid als der Arzt, so Frühwein weiter.

Lesen Sie hier: Ein ausführliches idowa-Interview mit Dr. Markus Frühwein und Dr. Steffen Rabe über die Vor- und Nachteile des Impfens

Impfgegner in der Region?

Wenn der einzige Kinderarzt weit und breit Impfungen ablehnt, kann das Konsequenzen haben, sagt Dr. Markus Frühwein. (Symbolbild)

Wenn der einzige Kinderarzt weit und breit Impfungen ablehnt, kann das Konsequenzen haben, sagt Dr. Markus Frühwein. (Symbolbild)

Nachholbedarf in Niederbayern - Oberpfalz top bei Masern-Impfung

Doch auch in Ostbayern gibt es offenbar stellenweise Nachholbedarf: Niederbayern landet in der LGL-Statistik bei insgesamt fünf empfohlenen Impfungen auf dem vorletzten Platz - unter anderem bei der klassischen "Masern, Mumps, Röteln"-Impfung.

Und auch hinsichtlich der sogenannten "Impfablehnung" bei der Einschulung gibt es in der Region teils besorgniserregende Tedenzen. "Neben der 'Medizinischen Kontraindikation', die bedeutet, dass ein Kind aus gesundheitlichen Gründen nicht geimpft werden kann, bedeutet 'Impfablehnung' eben, dass Eltern angeben, ihr Kind nicht impfen zu lassen", erklärt Dr. Markus Frühwein hierzu.

Der Blick in die Statistik fällt hier zunächst für Oberbayern erneut dramatisch aus: Bei einem landesweiten Durchschnitt von gut 2 Prozent Impfablehnung finden sich im Süden und Südwesten des Freistaats Werte von 4,5 Prozent in Berchtesgaden, 6 Prozent in Garmisch-Partenkirchen und fast 7 Prozent in Landsberg am Lech.

Aber auch einige Kreise Ostbayerns zeigen sich, neben guten Quoten in Straubing und Regensburg, offenbar eher "impf-skeptisch", wie diese Grafik zeigt:

Laut der Einkommens-Statistik greift die Wohlstands-Erklärung an dieser Stelle nicht - die meisten niederbayerischen Landkreise liegen auf oder unter dem bayerischen Durchschnitt. Hier könnte es aber eine andere Ursache geben, wie Frühwein erklärt: "Gerade in ländlichen Gegenden gibt es oftmals weit und breit nur einen Kinderarzt. Und wenn der dann ein Impfgegner ist - was durchaus vorkommt - und den Eltern vom Impfen abrät, dann hören sie auf ihn." Eigentlich müssten solche Ärzte ihre Zulassung verlieren, fügt er an.

Gute Nachrichten zum Schluss gibt es dagegen aus der Oberpfalz: Der Regierungsbezirk ist bei der Masern-Vorsorge mit 97,5 Prozent bayerischer Spitzenreiter.