Moosburg

Neues Wohngebiet mitten im Dorf


Dieser Acker mitten in Aich wird sich in ein Baugebiet verwandeln.

Dieser Acker mitten in Aich wird sich in ein Baugebiet verwandeln.

Knapp mit 12:10 Stimmen hat der Stadtrat am Montag die Aufstellung eines Bebauungsplanes "Aich Kirchfeldstraße" beschlossen. Damit kann die bisher landwirtschaftlich genutzte Fläche mitten im Dorf hinter der Kirche mit Wohnhäusern bebaut werden. 40 Wohneinheiten sollen es werden - zu viel für die Gegner des privaten Projekts, die um die Sozialstruktur des Dorfes fürchteten, das auf einen Schlag ein Fünftel mehr an Bevölkerung bekomme.

Die Angelegenheit war schon einmal im Stadtrat, der sich seinerzeit mehr Informationen erbeten hatte. Daraufhin sei der Grundeigentümer in Vorleistung gegangen und habe ein Münchner Architekturbüro mit einer Machbarkeitsstudie beauftragt, erklärte Bürgermeisterin Anita Meinelt. Die stellte Sebastian Hrycyk vor, dessen Büro schon die Moosburger Kinderkrippe "Sonnenkäfer" geplant hatte.

Das etwa zwei Hektar große Grundstück befindet sich hinter der Kirche St. Georg und wird südlich durch die Sempt begrenzt. Es ist bisher landwirtschaftlich genutzt und planungsrechtlich von Dorfgebiet umgeben. "Die zentrale Lage ist gut geeignet für Nachverdichtung", sagte Hrycyk, der seinen Entwurf mit Kreisbaumeisterin Antonia Seubert abgestimmt hat. So soll die Fläche mit zehn Einzelhäusern, fünf Doppelhäusern, drei Dreispännern (Reihenhäuser), zwei Mehrfamilienhäusern und einem sozialen Mehrfamilienwohnungsbau bebaut werden. Erschlossen werden soll das neue Wohngebiet durch eine Anliegerstraße (Sackgasse), die in die St.-Georg-Straße einmündet. An der Kirche soll ein Dorfplatz entstehen und den sozialen Kontakten des ganzen Dorfes dienen.

"In den Grundzügen ein hervorragender städtebaulicher Entwurf", befand Rudi Heinz (CSU). Insbesondere die lockere Struktur des Baugebiets mit "Vierseit-Wohnhöfen" und natürlich dem Dorfplatz gefalle der Fraktion sehr gut. Wohnraum sei in Moosburg dringendst erforderlich, die geplante Bebauung verträglich für den Ortsteil. Gleichwohl forderte Fraktionskollege Manfred Tristl, selbst ein "Oacha", die unübersichtliche Zufahrt in die St.-Georg-Straße müsse umgeplant werden. Es müsse eine zentrale Zufahrt geben. Bedenken hegte Tristl auch bezüglich des sozialen Wohnungsbaus: Solche Mieter hätten meist kein Auto und seien auf öffentlichen Nahverkehr angewiesen, den es in Aich nicht gebe: "Zum Einkaufen sind es vier Kilometer, zum Arzt sieben Kilometer." Über beides könne man reden, versicherte der Planer daraufhin, und die Bürgermeisterin kündigte an, man werde mit dem Eigentümer auch über die Abtretung einer öffentlichen Fläche verhandeln, etwa für eine Kinderkrippe.

Eine ganz andere Position nahm Evi Altenbeck von den Grünen ein: "Die Fläche gehört uns nicht, wir haben keinen Einfluss darauf, wer sich dort einkauft. Wir ziehen massiven Verkehr in einen Ortsteil." Zudem entstünden mindestens 40 Wohneinheiten, das gesamte Dorf habe bisher 200. Man bekomme also ein Fünftel mehr Leute, die integriert werden müssten. Noch dazu seien das junge Familien, was wiederum eine Kindergartengruppe bedeute. Altenbeck: "Ich warne davor, ein Baugebiet in dieser Größe auf einmal auszuweisen." Der derzeitige Grundstücksbesitzer bekomme 100 Prozent Wertschöpfung "und wir 100 Prozent Folgelasten und einen massiven Eingriff in die Sozialstruktur des Ortsteils". Das sei nicht zu verantworten.

Auch zweiter Bürgermeister Josef Dollinger (FW) sah das "nicht so euphorisch" wie Rudi Heinz, verwies gleichwohl darauf, dass seine Fraktionskollegen das anders beurteilten. Er jedenfalls müsse feststellen: "Das bringt den Aicher Bürgern nichts, deren Kinder in zweiter Reihe bauen wollen, was wir bis jetzt stets ablehnen mussten." Dollinger fand es daher wichtiger, Ortsrandsatzungen auszuweiten. Zudem bemängelte er, dass der Bebauungsplanentwurf nur 14 Prozent öffentliche Flächen ausweist: "Wir (bei Baugebieten in städtischer Hand; Anm. d. Red.) machen 20 Prozent." Auch das Fehlen von ausreichend Besucherparkplätzen kritisierte Dollinger. Mehr sei möglich, sagte Hrycyk dazu.

"Der Dorfcharakter wird schon sehr verändert", meinte auch Martin Pschorr (SPD). Allerdings fand er die Größenordnung verträglich. Nicht einverstanden sei er jedoch mit der Verlagerung von sozialem Wohnungsbau in einen Ortsteil: "Ich fürchte, dass dann auf diesem Gebiet in Moosburg selber nichts mehr vorwärtsgeht." Schöne Gestaltung, gute Durchmischung, aber: "Die Probleme der Einheimischen lösen wir damit nicht", reihte sich Alfred Wagner (UMB) in die Phalanx der Gegner ein. Das sei keine sinnvolle Siedlungsentwicklung, "zumal die verkehrliche Erreichbarkeit nicht gut ist". Rudi Heinz wiederum verwies darauf, dass man nicht nur für Einheimische, sondern auch für Nicht-Moosburger Bauland schaffen müsse. "Und wenn wir Bauen in zweiter Reihe zulassen, gehören uns die Grundstücke auch nicht."

Von hohem Wohndruck in der Region sprach dritter Bürgermeister Michael Stanglmaier (Grüne), "aber wir müssen dort bauen, wo es Sinn macht, und nicht da, wo es keine Infrastruktur gibt". Das sei nun mal die Kernstadt. Aich sei "der falscheste Weg, den man gehen kann". Das sah die Bürgermeisterin anders: Zum einen habe man gerade das Gewerbegebiet Pfrombach beschlossen, das brauche auch Wohnungen in der Nähe; zum anderen hätten viele Aicher nach Grundstücken im neuen Bebauungsplangebiet nachgefragt. Folgelasten würden im städtebaulichen Vertrag geregelt, assistierte Erwin Weber (CSU). Er gehe davon aus, dass Wohnraum in Aich günstiger zu haben sein werde als in Moosburg, das sei auch eine soziale Komponente.

Alle Gegenargumente unterstützte schließlich Erwin Köhler (UMB), "denn wenn die Leute da sind, kommen die Forderungen". Er vermisste in den Beschlussvorlagen Ausgleichsflächen und die Übernahme von Folgekosten durch den Antragsteller. Ersteres sei ohnehin verpflichtend, so Meinelt, Zweiteres werde im städtebaulichen Vertrag geregelt, und den könne man erst aushandeln, wenn der Stadtrat generell Ja gesagt habe. Meinelt: "Wir vergeben uns gar nix."

Mit 12:10 Stimmen wurde dann der Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan Kirchfeldstraße gefasst. Die Verwaltung wurde beauftragt, einen städtebaulichen Vertrag mit dem Bauwerber auszuhandeln. Der trägt übrigens sämtliche Kosten des Verfahrens.

Das Modell der Machbarkeitsstudie.

Das Modell der Machbarkeitsstudie.