Moosburg

"Moosburgs brauner Untergrund": Jetzt spricht ein betroffener Stadtrat


Weil sie Mitglied in der Facebook-Gruppe "Überwachtes Deutschland für Jung und Alt" sind, wurden einige Moosburger Politiker von einer Freisinger Zeitung öffentlich an den Pranger gestellt.

Weil sie Mitglied in der Facebook-Gruppe "Überwachtes Deutschland für Jung und Alt" sind, wurden einige Moosburger Politiker von einer Freisinger Zeitung öffentlich an den Pranger gestellt.

Zwei Wochen sind vergangen, seit eine Freisinger Zeitung einen "braunen Untergrund" in Moosburg ausgemacht haben will und in diesem Zusammenhang mehrere Artikel darüber veröffentlichte. Dies schlug in der Region extrem hohe Wellen. Betroffen davon ist auch der Moosburger CSU-Stadtrat Bernd Schaffer. Textpassagen vermitteln den Eindruck, Schaffer würde mit Rechtspopulisten sympathisieren. Unserer Zeitung liegt nun seine Stellungnahme vor, die wir an dieser Stelle ungekürzt veröffentlichen und so für sich sprechen lassen wollen. Schaffer bezieht sich darin auf den Artikel "Der braune Untergrund von Moosburg" sowie auf weitere Texte in diesem Zusammenhang, die auch auf Facebook veröffentlicht wurden. Außerdem geht Schaffer darin auf eine Kritik seines Sohnes an den Recherchemethoden ein, die "mehrfach aus der Kommentarspalte ihrer Facebook-Präsenz" gelöscht worden sei.

Die Stellungnahme im Wortlaut:

Wenn sich die Redaktion einer Tageszeitung in Bezugnahme auf ihre Recherchemethoden mittels eines Verweises auf "gute journalistische Grundsätze" rechtfertigt, ist dies selbstredend einen genaueren Blick wert. Schließlich möchte man deutlich aufzeigen, man habe sich nichts zu Schulden kommen lassen. So geschehen in der "Stellungnahme zu den Recherchehintergründen des FT-Artikels 'Der braune Untergrund von Moosburg' ", welche die Redaktion des Freisinger Tagblatts auf ihrer Facebook-Präsenz veröffentlichte.

Bezug nimmt diese Stellungnahme auf die sachliche und umfassende Kritik meines Sohnes Florian Schaffer an den angelegten Recherchemethoden der verantwortlichen Autoren Andreas Beschorner, Andrea Schillinger sowie Manuel Eser. Ungemäß guter journalistischer Grundsätze entfernte das Freisinger Tagblatt diese Kritik mehrfach aus der Kommentarspalte ihrer Facebook-Präsenz, obwohl Florian der formalen Forderung nachgekommen war, einen Direktlink zu dem Facebook-Profil eines verantwortlichen Redakteurs zu entfernen. Da dies mit einer Blockierung seines Accounts einherging - ihm wurde die Schreib- und Kommentierrechte auf der Facebook-Präsenz der Lokalzeitung dauerhaft entzogen -, signalisiert das Freisinger Tagblatt ein Interesse an sowie einen Willen zur Auseinandersetzung mit fundierter Kritik nur in kontrolliertem und gefiltertem Rahmen.

In ihrer Stellungnahme moniert die Redaktion eine fehlende öffentliche Distanzierung meinerseits von rechtspopulistischer Gesinnung und unterlegt dies mit einem Zitat: "Was ist an dieser Gruppe fremdenfeindlich?" Der gemeine Leser wird nun zu einer eindeutigen Annahme verleitet: Das Freisinger Tagblatt suggeriert hier durch bewusstes Aussparen jeglichen Kontextes, dass ich - belegt durch diese getätigte Aussage - nicht in der Lage sei, rechtspopulistische Ideologie als solche zu erkennen. Er sei auf dem rechten Auge blind, könnte man auch bildhaft formulieren. Vielmehr handelte es sich bei der genannten Aussage um eine sogenannte echte Frage, die geäußert wurde, als das Freisinger Tagblatt mich während einer Autofahrt telefonisch mit besagten Vorwürfen konfrontierte. In einem anschließenden zweiten Telefongespräch zu Hause, in dem Anschuldigungen wiederholt wurden, vermochte das Freisinger Tagblatt nicht, konkrete Belege und Hintergrundinformationen bereitzustellen.

Meiner konkreten Bitte um Auskunft, was ich gepostet oder geliked hätte, woran man Anstoß nehmen könne, blieb unbeantwortet, während eine Frage nach konkreten Informationen und Fundort der beanstandeten Bilder mit den Worten, "das müssen Sie selber rausfinden", abgeblockt wurde. Auch der Vorwurf mehrer Stammtischtreffen konnte seitens der Journalisten nicht belegt werden: "Ich schau's mir nachher noch mal an", lautete die Antwort der Autorin auf die Frage, um welche weiteren Treffen es denn ginge.

Ferner behauptet die Zeitung, das obige Zitat sei die einzige Aussage, welche ich zu den Inhalten dieser Gruppe getätigt hätte. Bewusst unterschlagen wurde eine Reihe von Statements im Rahmen des geführten Interviews, die ich nun im Wortlaut zitieren möchte. So äußerte ich mich auf die Frage, was ich zu den geposteten Bildern Hitlers sagen würde wie folgt: " muss ich das heraussuchen, um mich selbst davon zu überzeugen, in welchem Zusammenhang diese Bilder gepostet wurden. Ich schaue mir das an und wenn das nicht in Ordnung ist, wenn das rechtspopulistisch ist, dann werde ich mich auch aus diesen Guppen entfernen. Das ist doch selbstredend." Überdies bezog ich im Rahmen des Interviews klar Stellung: "Ich bin weder rechtspopulistisch noch habe ich irgendetwas geäußert."

"Ein verfälschtes Bild der Tatsachen"

Es lässt sich somit sehr klar erkennen, wie das Freisinger Tagblatt nachweislich durch bewusstes Aussparen relevanten Kontextes und das Vorenthalten entscheidender getätigter Aussagen ein verfälschtes Bild der Tatsachen zeichnet. Ziffer 2 des Pressekodex besagt, "Zur Veröffentlichung bestimmte Informationen in Wort, Bild und Grafik sind mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen und wahrheitsgetreu wiederzugeben " Im Rahmen der gebotenen Berufsethik wurden "gute journalistische Grundsätze" im vorliegenden Fall ganz offenbar verletzt.

Im weiteren Verlauf ihrer Stellungnahme betont die Redaktion des Freisinger Tagblattes, "ehrenamtliches Engagement von Stadträten" sei nicht der Fokus des Artikels gewesen, sondern Facebook-Gruppen und deren "hetzerische" Inhalte. Obwohl mir die Verbreitung oder Befürwortung derartiger Inhalte innerhalb dieser Gruppen seitens der Journalisten in keinem Fall nachgewiesen werden konnte und kann, inszeniert das Lokalblatt meine Person sowie weitere Teile meiner Familie als aktive Mitglieder. Befragt man den Duden, fällt das Beispiel "aktives Mitglied" unter die Begriffsbedeutung "als Mitglied einer Vereinigung die von ihr geforderten Tätigkeiten regelmäßig ausübend". Soweit ich meinem Onlineverhalten entnehmen kann, beschränkte sich meine "aktive" Teilnahme an der Gruppe "Moosburg Frank und Frei" auf nicht mehr als eine Handvoll Aktionen, welche sich über einen Zeitraum von fünf Monaten erstreckten, während in Bezug auf die Gruppe "Deutschland für Jung und Alt" keinerlei Aktivitäten in meinem Aktivitätsprotokoll zu verzeichnen waren. Obgleich keine dieser Aktivitäten auch nur im Ansatz mit rechtspopulistischem Gedankengut in Verbindung gebracht werden können - oder gar zu deren Verbreitung beitrugen - , zeichnete das Freisinger Tagblatt in seiner Stellungnahme das Bild eines Menschen, der aktiv zur Verbreitung "hetzerischer Parolen" beitrüge und damit verbundenen Ideologien sympathisierend nahe stünde.

Dies entspricht aus dargelegten Gründen nicht der Wahrheit: Zum einen kann per Definition von einer aktiven Teilnahme an besagten Gruppen nicht gesprochen werden, zum anderen ist keinerlei Verbindung zur unterstützenden Verbreitung rechtsradikaler Inhalte vorzufinden. Darüber hinaus erlagen die verantwortlichen Journalisten dem Fehlschluss der Kontroll-Illusion, diese wenigen verzeichneten Aktivitäten seien mit einem intensiven Nutzungs- und vor allem Leseverhalten innerhalb der beanstandeten Gruppen gleichzusetzen. Eine solche Annahme ist allein bedingt durch die Beschaffenheit sozialer Netzwerke, deren Informationsflut der einzelne Nutzer nie in vollem Umfang sichten und verfolgen kann, fehlerhaft. Darüber hinaus behauptet das Freisinger Tagblatt im Besitz von "Screenshots" zu sein, die einen "offensichtlich freundschaftlichen Umgang" meinerseits mit Personen "extremer" Gesinnung dokumentieren. Abgesehen von der Tatsache, dass ich diese vermeintlichen Belege selbst noch nicht zu Gesicht bekommen habe, bleibt angesichts der spärlichen Beweislage nur der allgemeine Verweis auf die Gefahr von Bildern als Informationsquelle: Neben der grundsätzlichen Gefahr, das Dargestellte mit der Wirklichkeit zu verwechseln, wird die Botschaft eines Bildes durch wesentliche Faktoren wie die Wahl des Ausschnitts, des Zeitpunkts der Aufnahme oder des Kontextes, in welchem es präsentiert wird, beeinflusst. Ohne entsprechende Kenntnis des übergreifenden Rahmens, ist eine zuverlässige Beurteilung nicht möglich.

Diesbezüglich erwogen es die Journalisten allerdings nicht, Näheres zu erfragen. Die Redaktion des Freisinger Tagblatts stützt ihre haltlosen Suggestionen auf lückenhaft dokumentierte und in keinerlei Hinsicht belastbare Informationen. Dass ob der dünnen Informationslage und des Wissens um eine dadurch initiierte "Hexenjagd" seitens des Freisinger Tagblatts namentliche Nennungen von Einzelpersonen dem Anschein nach als guter journalistischer Grundsatz verstanden wird, ist erschreckend. Zumal der Kollege der Süddeutschen Zeitung über diese gravierende Problematik umfassend berichten konnte, ohne eine einzige Person an den öffentlichen Pranger zu stellen.

Das Freisinger Tagblatt beruft sich im Rahmen des geführten Interviews auf journalistische Grundsätze, sieht es zugleich jedoch nicht als Makel an, als Interviewführender während des Gesprächs keinerlei Belege, Quellen oder weiterführende Informationen anführen zu können (s. oben). Ein Statement forderten die beteiligten Journalisten dennoch - obgleich ihnen zu diesem Zeitpunkt meinerseits deutlich aufgezeigt wurde, dass eine seriöse Stellungnahme ohne ergänzende Informationen nicht möglich sei.

Im Folgenden verbiegt die Redaktion abermals Tatsachen, um einen irreführenden Eindruck zu vermitteln: Meine Familie und ich seien "auf einige Fragen hin in Gelächter ausgebrochen anstatt sachlich zu antworten", heißt es in der Stellungnahme. Dies entspricht mitnichten der Wahrheit. Zwar hat es Lachen von unserer Seite gegeben, dies jedoch ausschließlich als Reaktion auf Aussagen und Antworten der beiden Journalisten: Dass die allgemeine Vorbereitung auf das Interview seitens des Freisinger Tagblattes zu wünschen übrig ließ, wurde oben bereits dargelegt. Auf das Unvermögen, den Fundort der beanstandeten "Hitler-Bilder" sowie die Unterstellungen, ich hätte an mehr als nur einem Treffen teilgenommen, zu belegen, reagierten alle Anwesenden in der Tat mit Gelächter, ob der "Sorgfalt", die seitens der Redaktion des Freisinger Tagblattes im Rahmen ihrer Recherche Anwendung fand. Auch die Aussage, man würde eine "Geschichte" schreiben, ließ in diesem Kontext und angesichts der gezeigten Umstände an der Seriosität der Arbeitsmethoden zweifeln. Weiterhin führt die Stellungnahme aus, das Tagblatt hätte diejenigen Passagen des Interviews verwendet, die es für verwertbar hielt. Verwunderlich ist bei dieser Vorgehensweise jedoch, wie die oben zitierte Stellungnahmen zu Bildmaterial und rechtspopulistischer Ideologie, die ich meines Erachtens sehr eindeutig und klar verständlich formuliert hatte, von den Verantwortlichen als nicht verwertbar eingestuft werden konnten.

Dass sich die Redaktion des Freisinger Tagblatts ferner über die Existenz einer Audioaufnahme des Interviews nun nicht erfreut zeigt - obwohl sie ja nichts zu verbergen hätte - ist in Anbetracht der eklatanten Mängel im Rahmen der Recherche sowie des fahrlässigen Umgangs mit Informationen und persönlichen Statements wenig verwunderlich. Mal wird das Zitierte dem Kontext entrissen, mal werden Äußerungen oder Beobachtungen so hingebogen, dass sie in die eigene Geschichte passen. Dass die Verantwortlichen abschließend den Hochmut besitzen, mich zu einem Gespräch in ihre Redaktion einzuladen, ist dann auch das sprichwörtliche Tüpfelchen auf dem i. Angesichts der hier zur Schau gestellten Methoden wäre selbst ein Gespräch auf neutralem Boden eine allemal fragwürdige Veranstaltung. Wenn die Wahrheit derart verbogen und dem Gesprächspartner so wenig Respekt entgegengebracht wird, ist an Kommunikation mit dem Freisinger Tagblatt bestenfalls in Schriftform zu denken. Zumal es das Tagblatt mit dem im Schlusssatz des Statements proklamierten "offenen Umgang" selbst nicht so genau nimmt. Wer sich so verhält wie die verantwortlichen Autoren, setzt sich dem Verdacht aus, den fairen und offenen Umgang denjenigen vorzuenthalten, die berechtigte Kritik an der gewählten Berichterstattung vorbringen, indem kritische Stimmen kurzerhand geblockt und somit vom dann nicht mehr ganz so pluralistischen Diskurs ausgeschlossen werden.

Bezugnehmend auf "Stellungnahme zu den Recherchehintergründen des FT-Artikels "Der braune Untergrund von Moosburg" (https://www.facebook.com/freisinger.tagblatt/posts/1037128346376158)

http://www.merkur.de/lokales/freising/moosburg/braune-untergrund-moosburg-6389460.html

https://www.facebook.com/florian.schaffer.50/posts/1105389706166202?pnref=story