Malaysia

Weihnachten weit weg von daheim


Eva Rothmeier ist mit ihrer Familie für zwei Jahre nach Malaysia gezogen.

Eva Rothmeier ist mit ihrer Familie für zwei Jahre nach Malaysia gezogen.

Lebkuchen im August und der erste Glühwein schon im Oktober? Das kann ich in diesem Jahr leicht toppen, denn meine Vorbereitungen für Weihnachten haben bereits im März begonnen. Während andere gerade Haus oder Wohnung mit Ostereiern verschönert haben, habe ich gerätselt, was sich meine Kinder in gut neun Monaten wünschen könnten und hab in unserem Keller die Kartons mit Weihnachtskugeln, LED-Sternen sowie diversen Engeln und Nikoläusen durchforstet, um zu entscheiden: Was darf mit und was nicht!

Wohin? Ziemlich weit weg über den Indischen Ozean bis nach Malaysia, genauer gesagt auf die Insel Penang an der Westküste. Mein Mann wurde von seiner Firma für zwei Jahre dorthin entsandt und es war immer klar, dass wir dieses Abenteuer nur gemeinsam als Familie durchziehen. Anfang April war es so weit und in einem riesigen Container verschwand ein Großteil unseres Hab und Guts, um hoffentlich sechs Wochen später am anderen Ende der Welt wieder bei uns anzukommen.

Im Container unter anderem eine riesige neue Playmobil-Eisenbahn, Kinder-Weihnachtsbücher und neben etwas Weihnachtsdeko-Schnick-Schnack (meine Christbaumkugeln hab ich daheim gelassen, weil ich nicht glaube, dass sie die sechswöchige Reise heil überstehen) auch mein geliebter hölzerner Christbaum, den mir eine Freundin eigens geschnitzt hat und der sonst immer die ganze Adventszeit über vor unserer Haustür gestanden hat. Knapp ein halbes Jahr viele Erfahrungen und lieb gewonnene Menschen später haben wir uns sehr gut eingelebt.

Und Weihnachten rückt immer näher. Die Zeit im Jahr also, die ich - ja, ich oute mich - wirklich gerne mag. Ich mag es, das Haus zu schmücken, ich liebe Lebkuchen, Vanillekipferl und Co., treffe mich gern mit Freunden auf dem Christkindlmarkt und stürze mich hin und wieder auch freudig in den vorweihnachtlichen Einkaufswahnsinn.

Und die Feiertage an sich mag ich sowieso gerne. Mir war immer klar, dass ich, egal wie schön es in der neuen Heimat auch sein mag, Weihnachten daheim bestimmt vermissen werde. Wie soll das also jetzt hier werden? Es hat - wie jeden Tag, seit wir angekommen sind - um die 30 Grad, wir baden im Pool oder im Meer und wenn ich einen Blick auf den Kalender werfe, kann ich es nicht fassen, dass in ein paar Wochen schon Weihnachten sein soll. Anzeichen dafür findet man hier bislang nicht die geringsten.

Stattdessen sind viele Häuser, Geschäfte und Straßen gerade mit Lichtern und Öllampen geschmückt, um das hinduistische Lichterfest Deepavali zu feiern. Offiziell gilt Malaysia als Vielvölkerstaat und multikonfessionelles Land. Hauptreligion ist, auch auf der Insel Penang, der Islam, gefolgt von Buddhismus und Hinduismus. Christen sind hier auf der Insel nach offiziellen Angaben nur rund fünf Prozent der Bevölkerung.

Wenn ich die Augen schließe und an Weihnachten denke, sehe ich mich eingehüllt in einen dicken Wintermantel und mit Mütze und Handschuhen durch eine verschneite Landschaft stapfen (ich weiß, so war es schon lange nicht mehr, aber ich mag den Gedanken). Ich rieche den Duft von Glühwein und Knackersemmeln mit allem, bewundere die glitzernden Lichter der geschmückten Straßen und Schaufenster, und ich sehe natürlich meine Familie, wie wir Bratwürstl mit Kraut essen und anschließend Geschenke unter dem Christbaum auspacken.

Wenn ich die Augen öffne, sitze ich bei 30 Grad in T-Shirt und kurzen Hosen auf dem Balkon im 20. Stock unseres Appartements, höre das Rauschen der Straße von Malakka, die direkt unter mir vorbeifließt und kann mir grad so gar nicht vorstellen, einen Glühwein zu trinken.

Dennoch habe ich mir fest vorgenommen, dass wir unser Weihnachtsfest hier genauso genießen werden wie daheim. Also werde ich über meinen Schatten springen und den schönsten künstlichen Christbaum kaufen, den ich finden kann. Mein hölzerner Christbaum wird auch hier vor unserer Eingangstür stehen. Meine Kinder und ich werden Unmengen an Weihnachtsplätzchen backen und essen und damit unser Heimweh bekämpfen, das wir sicher bekommen werden, je näher das Fest rückt.

Wir werden jeden Tag Weihnachtsbücher lesen und natürlich ein Türchen vom Adventskalender öffnen. Und an Weihnachten werden wir - nachdem wir den Nachmittag bei wie immer 30 Grad unter Palmen am Pool verbracht haben - den Gottesdienst in einer der Kirchen in Georgetown besuchen.

Wir werden Punsch und Glühwein mit den anderen Expats trinken, bevor es anschließend heim geht und die Kinder in ihrem Zimmer aufgeregt darauf warten, dass das Christkind endlich damit fertig ist, den Baum zu schmücken und die Geschenke zu verteilen. Ich freue mich schon auf ihre leuchtenden Augen, wenn sie die Playmobil-Eisenbahn sehen. Auf die Bratwürstl mit Kraut werden wir zwar in diesem Jahr verzichten, aber ich denke, das können wir einmal überstehen.

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Eva Rothmeier ist mit ihrer Familie für zwei Jahre nach Malaysia gezogen.

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Eva Rothmeier ist mit ihrer Familie für zwei Jahre nach Malaysia gezogen.