Bessere Haftbedingungen

Hinrichtung in LA vor Landshuter Gericht


Der Angeklagte im Verhandlungssaal des Landgerichts Landshut.

Der Angeklagte im Verhandlungssaal des Landgerichts Landshut.

Von Andrea Königl

Drei Quadratmeter pro Person. Dies ist nach Europäischer Menschenrechtskonvention der Mindeststandard für Inhaftierte. Weil Amerika dies im Fall eines 25-jährigen Kaliforniers nicht garantieren konnte und das OLG dementsprechend die Auslieferung gestoppt hat, muss sich seit Mittwoch die erste Strafkammer des Landgerichts Landshut mit einer brutalen Hinrichtung in Los Angeles auseinandersetzen.

Der Angeklagte räumte die Tat zu Prozessbeginn mit eigenen Worten ein und entschuldigte sich bei der Familie und Freunden des 22-Jährigen. Der 25-Jährige hatte sein späteres Opfer gekannt. Auch am 23. Oktober habe man miteinander "abhängen" wollen, so der Angeklagte. Man habe zwei Flaschen Wodka und Bier getrunken. Dann habe er plötzlich Angst bekommen, der Bekannte wolle ihn ausrauben - die Sache sei eskaliert: "Ich hätte nicht bewaffnet sein sollen."

Flucht in den Iran endete am Flughafen München

Details wollte der 25-Jährige, der unter anderem von dem Landshuter Verteidiger Thomas Krimmel vertreten wird, nicht nennen. Einem unbeteiligten Zeugen zufolge hat er den 22-Jährigen auf offener Straße mit sechs Schüssen aus nächster Nähe regelrecht hingerichtet. Nach der Tat wollte der Kalifornier zu Verwandten in den Iran flüchten. Am Flughafen München - der in den Zuständigkeitsbereich der Landshuter Justiz fällt - klickten jedoch die Handschellen.

Der von Staatsanwältin Katharina Smolka vertretenen Anklage zufolge waren die beiden Männer gegen 20 Uhr in Streit geraten. Der 22-Jährige befand sich zu dieser Zeit auf dem Fahrersitz seines Wagens. Der Angeklagte lehnte sich durch das geöffnete Fenster der Fahrertür ins Innere. Der Geschädigte stieg aus und versuchte, den Angeklagten zu verscheuchen. Dieser wiederum versuchte, in das Auto zu gelangen, weil er dort sein Handy wähnte, wie er vor Gericht bestätigte. Es kam zu einem Handgemenge. "Die Auseinandersetzung wurde immer heftiger", hatte der unbeteiligte Zeuge einem Erdinger Ermittler später am Tatort berichtet.

Er sei mit seinem Hund Gassi gewesen, als er gesehen habe, wie der Geschädigte den Angeklagten zu Boden schubste. Dieser habe sich hochgerappelt, eine Waffe gezogen und dem 22-Jährigen "auf Armlänge in das Gesicht" gehalten. Der Geschädigte habe gespottet, "willst Du mich etwa erschießen". Er habe sich gerade von der Situation weggedreht, so der Zeuge, als die ersten Schüsse gefallen seien. Er habe Deckung hinter einem parkenden Auto gesucht und dann weitere Schüsse gesehen. Dabei sei der Geschädigte schon am Boden gelegen und der Angeklagte über ihm gestanden. Auch dem psychiatrischen Sachverständigen Dr. Thomas Hutterer gegenüber hatte sich der Angeklagte nicht zum Tatablauf geäußert. Was die Zeit unmittelbar vor der Tat betrifft, so hatte er sich aber offener als vor Gericht gezeigt. Man sei im Auto abgehangen, hatte der Kalifornier Hutterer berichtet. Im Lauf der Zeit sei ihm das Verhalten seines Bekannten aber immer seltsamer vorgekommen.

Von Cannabis, Alkohol und Schmerzmitteln abhängig

Der 22-Jährige habe ihn plötzlich bedrängt, er wolle seine Waffe sehen und die Schmerzmittel, die er mit sich getragen habe. Da sei er "in Alarmbereitschaft" gewesen. Als sein Kumpel eingesehen habe, dass bei ihm nichts zu holen sei, habe er ihn aus dem Auto geworfen. Auf der Straße habe er bemerkt, dass sein Handy fehle, und sei zum Wagen zurückgegangen.

Den Angaben des Angeklagten folgend, bestätigte Hutterer diesem eine Abhängigkeit von Cannabis, Schmerzmittel und Alkohol. Zudem hatte der Sachverständige "gewisse problematische Persönlichkeitsanteile" festgestellt, die aber nicht das Ausmaß einer Persönlichkeitsstörung erreichen würden. Gleichwohl könne man davon ausgehen, dass sie zusammen mit einer alkoholischen Enthemmung zu der überzogenen Reaktion des Angeklagten geführt haben, nach dem Motto "das lasse ich mir nicht bieten". Eine eingeschränkte oder gar aufgehobene Schuldfähigkeit lag laut Hutterer aber nicht vor.