Kurzgeschichte

In "Liebes Tagebuch" geht es um Liebe und Hoffnung


Im Musikgeschäft gegenüber arbeitet ein absoluter Mädchenschwarm.

Im Musikgeschäft gegenüber arbeitet ein absoluter Mädchenschwarm.

Von Stefanie Schambeck

Ein Mädchen und ein Junge beobachten sich gegenseitig.

Liebes Tagebuch, heute hatte ich echt so einen krassen blockbusterartigen Moment, in dem jemand die Liebe seines Lebens auf den ersten Blick sieht. Okay, ganz so "hochdramatisch" war es dann doch nicht. Aber mein Herz hatte plötzlich so stark zu klopfen angefangen, dass ich schon meinte, gleich würde es platzen. Gerade als ich die Tische draußen vorm Café abgewischt und zum gegenüberliegenden Musikgeschäft geschaut hatte, habe ich ihn gesehen. Einen unglaublich gutaussehenden Jungen, der sich definitiv in die Kategorie "Mädchenliebling" einordnen lässt. Blonde Haare, T-Shirt, Jeans, Adidas-Cap auf dem Kopf. Anscheinend arbeitet er dort, denn ich konnte ihn den ganzen Tag beobachten. Zum Glück.

Liebes Tagebuch, heute war mein erster Arbeitstag. Eigentlich hab ich überhaupt keinen Bock, aber mein Dad besteht ja darauf, dass ich zu meinem Mofa selbst was dazuzahlen soll. Musik ist mein Leben, deshalb wollte ich unbedingt was in die Richtung finden. Und durch Zufall habe ich dann die Stelle im Musikladen entdeckt. So ist der Job ja ganz cool, da ich die Leute auf andere Lieder aufmerksam machen kann als auf die typischen Chartnummern. Der Laden ist zwar schon älter, aber er hat eine echt gute Auswahl. Und Schallplatten! Nur kaum Kundschaft. Das einzige kleine Highlight des Tages ist die gutaussehende Kellnerin mit der Feuermähne von gegenüber.

Liebes Tagebuch, heute konnte ich es gar nicht erwarten, zur Arbeit zu kommen und war echt aufgeregt. Hoffentlich würde ich ihn wiedersehen, hoffentlich hatte er nicht ausgerechnet heute frei. Den ganzen Vormittag beobachtete ich ihn wieder durch das Schaufenster und immer mehr manifestierte sich das Vorhaben, rüberzugehen und mit ihm zu reden. Aber bis jetzt habe ich mich noch nicht recht getraut ... Da bestellte ein Mann im Anzug einen Cappuccino bei mir, ich ging an die Theke und als ich wieder zu dem Herrn nach draußen kam, fiel mein Blick ganz automatisch auf das Geschäft gegenüber. Ich stockte. Er räumte in den CD-Ständern vorm Eingang herum. Keine Ahnung, wie mir das dann passieren konnte. Irgendwie hab ich das Tablett zu stark gekippt und leider folgte die Tasse der Schwerkraft. Der komplette Inhalt landete auf der Hose des Anzugträgers, der sofort fluchend aufsprang und hektisch mit einer Serviette auf dem Fleck herumtupfte. Und natürlich musste er rüberschauen und mitbekommen, wie Mister Anzug mit seinem Finger auf mich zeigte und mich als unfähig beschimpfte, ausgerechnet, wo er doch heute so einen wichtigen Termin habe. Meiner Chefin blieb dieser Ausbruch natürlich nicht verborgen, sogleich erschien sie neben dem wütenden Mann, um ihn zu beschwichtigen. Mit hochrotem Kopf hatte ich mich nach drinnen verzogen. Obermegapeinlich! Was wird er jetzt von mir denken?

Liebes Tagebuch, der Lockenkopf von gegenüber tat mir heute echt leid. Sie ist mir die ganze Zeit schon aufgefallen, sie hat so unglaublich rote Haare, die deinen Blick magisch anziehen, wo man einfach hinschauen muss. Ich habe gerade die Ständer draußen sortiert, als plötzlich ein Mann zu brüllen anfing, wie unfähig die Leute hier doch seien, und auf die Rothaarige deutete. Sie war daraufhin so rot im Gesicht angelaufen, wie ich es noch nie bei einem Menschen gesehen habe und ich war auch noch auf der anderen Straßenseite. Ganz kurz sind sich unsere Blicke begegnet, bevor sie im Innern des Cafés verschwunden ist. Vielleicht sollte ich mir morgen mal einen Kaffee holen. Hoffentlich arbeitet sie dann.

Hinweis: Dieser Text stammt aus der Freistunde, der Kinder-, Jugend- und Schulredaktion der Mediengruppe Attenkofer. Für die Freistunde schreiben auch LeserInnen, die Freischreiben-AutorInnen. Mehr zur Freistunde unter freistunde.bayern.