Kurze Arbeitswege

Staatsregierung will Unternehmen in ländliche Räume locken


Albert Füracker (CSU), Finanzminister von Bayern, spricht.

Albert Füracker (CSU), Finanzminister von Bayern, spricht.

Von mit Material der dpa

Parallel zu neuen Behördenverlagerungen will die Staatsregierung in den kommenden Jahren auch mehr Unternehmen in die ländlichen Räume locken. Wichtig seien heimatnahe, klimafreundliche Arbeitsplätze mit kurzen Wegen zur Arbeit, sagte Finanzminister Albert Füracker (CSU) am Donnerstag in München. Auch internationale Unternehmen sollten sich überlegen, zweite Standorte und Dienstsitze in einer anderen Region zu schaffen - das sei quasi eine Aufforderung.

Ziel seien gleichwertige Lebens- und Arbeitsbedingungen in Stadt und Land, heißt es auch in der Fortschreibung der "Heimatstrategie", die Füracker nun vorstellte. "Dabei ist es vor allem wichtig, Anreize für Unternehmen zu schaffen, sich gerade im ländlichen Raum anzusiedeln und zu bleiben." Es soll etwa ein Gütesiegel "Heimatverbundene Unternehmen" geben für Firmen, die Arbeitsplätze im ländlichen Raum schaffen oder erhalten und sich dort engagieren. "Wir wollen Unternehmen als Bündnispartner gewinnen", sagte Füracker.

Das Kabinett hatte vergangene Woche die geplante zweite Stufe der Behördenverlagerungen beschlossen: Demnach sollen in den kommenden fünf bis zehn Jahren weitere 2700 Arbeits- und 400 Studienplätze aus Ballungsräumen in ländliche Regionen des Freistaats verlagert werden.

Zudem will die Staatsregierung die Kommunen in ländlichen Räumen "demografiefest" machen, also beispielsweise drohende Abwanderung stoppen. Heimat- und Demografieprojekte von örtlichen Initiativen sollen bis 2025 mit Millionensummen staatlich gefördert werden. Konkret soll insbesondere der bayerisch-tschechische Grenzraum weiter intensiv unterstützt werden. Und bayernweit will die Staatsregierung den Ausbau gigabitfähiger Breitbandnetze weiter vorantreiben.

"In Bayern ist keine Region alleine gelassen, darauf legen wir großen Wert", sagte Füracker. Er zog dabei eine durchweg positive Bilanz der bayerischen Heimatstrategie seit 2014. "Bayern wächst weiter", sagte er - und das gelte auch für die ländlichen Räume. "2020 sind zum elften Mal in Folge mehr Menschen zu- als abgewandert", heißt es im Heimatbericht 2020, den Füracker am Donnerstag ebenfalls vorstellte. Allerdings schwächte sich der Zuwachs zuletzt wieder etwas ab.

Füracker verwies zudem auf die gestiegenen Geburtenzahlen. "2020 wurden dort 69.235 Kinder geboren, 1,8 Prozent mehr als im Vorjahr und damit der höchste Wert seit dem Jahr 2000", heißt es im Bericht.

Zum ländlichen Raum zählt die Staatsregierung rund 90 Prozent der Fläche Bayerns - und dort leben rund 56 Prozent der Bevölkerung.

Der Opposition gehen die Taten und Ankündigungen der Staatsregierung längst nicht weit genug. "Wir müssen den ländlichen Bereich stärken, statt Behörden-Arbeitsplätze wie Almosen übers Land zu verteilen", sagte Grünen-Fraktionschef Ludwig Hartmann. "Dazu zählt, dass wir Schulen und Krankenhäuser erhalten und die ärztliche Versorgung überall in Bayern sicherstellen. Dazu zählt, dass wir die Menschen mobil machen mit einem guten öffentlichen Verkehrsangebot." Zudem müsse man dafür sorgen, dass Firmen überall in Bayern stabil an internationale Datenhighways angebunden seien.

Der SPD-Kommunalexperte Klaus Adelt kritisierte, die Behördenverlagerungen verliefen schleppend. Von der Digitalisierung Bayerns könne in vielen Regionen nicht die Rede sein, sagte er. "Hinzu kommt: Jede dritte Gemeinde hat nicht einmal einen Dorfladen", sagte Adelt und bilanzierte: "Die Heimatstrategie der Staatsregierung ist gescheitert: Wir sind von gleichwertigen Lebensverhältnissen im Freistaat meilenweit entfernt." Die Staatsregierung tue auch viel zu wenig, um Unternehmen auf dem Land anzusiedeln. "Der bloße Appell ist nichts als heiße Luft. Auch eine Plakette wird da nicht viel helfen."