Kritik zu "Borowski und der gute Mensch"

Der beste "Tatort" seit Jahren


Unberechenbar: Kai Korthals (Lars Eidinger, r) zielt auf Klaus Borowski (Axel Milberg, l) in einer Szene aus "Tatort: Borowski und der gute Mensch".

Unberechenbar: Kai Korthals (Lars Eidinger, r) zielt auf Klaus Borowski (Axel Milberg, l) in einer Szene aus "Tatort: Borowski und der gute Mensch".

Soll niemand sagen, die ARD würde ihre "Tatorte" nicht gut sortiert nach Themen senden: Gerade erst haben wir im Kölner "Tatort" gelernt, was Hybristophilie ist (das Phänomen, dass sich vor allem Frauen gern zu Gewaltverbrechern hingezogen fühlen), schon können wir das neu erworbene Wissen im Kieler "Tatort: Borowski und der gute Mensch" anwenden.

Auch der Serien-Frauenmörder Kai Korthals, der für Kommissar Klaus Borowski das ist, was Dauer-Oberschurke Blofeld für James Bond darstellt, hat zahlreiche Verehrerinnen, die ihm zum Teil schmachtende, zum Teil aufmunternde Briefe ins Gefängnis schreiben. Dieser "Tatort" ist der furiose Abschluss der nun drei aufwühlenden Begegnungen zwischen Axel Milberg (Borowski) und Lars Eidinger (Korthals), die 2012 mit "Borowski und der stille Gast" ihren Anfang nahmen und diesen Korthals wohl zum fiesesten und bekanntesten Bösewicht der ganzen Krimireihe machten. Er ist auch dafür verantwortlich, dass sich Borowskis Geliebte einst von ihm trennte (alle drei Teile sind nun in der ARD-Mediathek zu sehen).

Korthals bricht aus, nachdem er in der Theater-AG im Hochsicherheitstrakt eine Revolte angezettelt und ein Feuer gelegt hat. Als Feuerwehrmann verkleidet entkommt er dem Gefängnis, als Frau verkleidet schlüpft er durch die Polizeikontrolle (wir lernen hier auch, wie man sich eine Frauenperücke bastelt, wenn man keine Perücke, sondern nur eine Frau zur Hand hat, die eben noch träumend am See saß).

Wenn Lars Eidinger im Spiel ist, muss man immer befürchten, dass das Ensemble (toll hier vor allem Sabine Timoteo und Victoria Trauttmansdorff) untergeht, aber Darsteller Milberg und das großartige Drehbuch (Sascha Arango) mit tollen Dialogen machen "Borowski und der gute Mensch" (Regie: Ilker Catak) zu einem der besten "Tatorte" der letzten Jahre, vielleicht sogar zu einem der besten überhaupt.

Immer wieder erwischt man sich dabei, wie man dem kindlich-schüchtern lächelnden serienmordenden Korthals Lebensglück wünschen möchte. "Ein normales, konformes Leben, danach sehnt er sich am meisten", sagt die Leiterin der Schauspiel-AG. Borowski spielt auch groß auf, zwischen Jäger seines Erzfeindes und Hausherrn, der seine neue Zugehfrau beim Vorstellungsgespräch charmiert. Zum Schluss dreht das Drehbuch noch mal richtig auf. Sehr sehenswert!