Krieg in der Ukraine

Putin: Gas-Zahlungen künftig über russische Konten


Kremlchef Putin beriet sich mit Gazprom und der Zentralbank zum Thema Gas-Lieferungen.

Kremlchef Putin beriet sich mit Gazprom und der Zentralbank zum Thema Gas-Lieferungen.

Von mit Material der dpa

Mit der Ankündigung, Zahlungen für Gas nur noch in Rubel zu akzeptieren, hat Kremlchef Putin große Sorge ausgelöst. Nun tritt ab diesem Freitag eine neue Regelung in Kraft. Im Grunde ändert sich für die Abnehmer im Westen erstmal wohl kaum etwas, glauben Experten.

Kremlchef Wladimir Putin hat mit Wirkung zu diesem Freitag (1. April) angeordnet, dass westliche Staaten Konten bei der Gazprombank eröffnen müssen, um weiter russisches Gas zu erhalten. Andernfalls würden die Lieferungen für die auf einer Liste "unfreundlicher Länder" aufgeführten Staaten eingestellt, sagte Putin am Donnerstag im russischen Staatsfernsehen. Auf der Liste stehen zahlreiche westliche Länder, darunter Deutschland und alle EU-Staaten, die Sanktionen gegen Russland erlassen haben. Sie müssen über die Konten, die einen Bereich für Valuta - also Euro oder Dollar - und einen für Rubel haben, künftig eine Zahlung für das Gas in russischer Währung sicherstellen.

Laut einem von Putin unterzeichneten Dekret können die Zahlungen weiter in Euro oder Dollar auf das russische Konto eingezahlt werden. Die Gazprombank konvertiert das Geld in Rubel, kauft das Geld in der russischen Währung an der Moskauer Börse und überweist den Betrag dann an Gazprom. Für Russland hat das System den Vorteil, dass der zuletzt wegen der westlichen Sanktionen unter Druck geratene Rubel deutlich aufgewertet wird. Bei Ausbleiben der Zahlungen würden die Lieferungen eingestellt, sagte Putin. "Wir beschäftigen uns nicht mit Wohltätigkeit." Die Bundesregierung kündigte an, das Dekret zu prüfen. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) kündigte derweil neue Sanktionen gegen Russland an.

Arbeiten an neuem Bezahlsystem

Zuvor hatte Kremlsprecher Dmitri Peskow bestätigt, dass Deutschland wohl weiter in Euro für Gaslieferungen bezahlen könne. Es werde an einem Bezahlsystem gearbeitet, nach dem das Geld in Euro an die nicht von Sanktionen betroffene Gazprombank gezahlt, dann umgetauscht und in Rubel nach Russland überwiesen wird, sagte Peskow Donnerstagmittag. Analysten in Moskau gehen davon aus, dass das System erst im April und Mai zur vollen Wirkung kommt. Neben Deutschland dürfen nach Worten von Italiens Ministerpräsident Mario Draghi auch alle anderen Staaten Europas russisches Gas weiter in Euro oder Dollar bezahlen.

Putin hatte vor einer Woche angekündigt, russisches Gas an "unfreundliche" Staaten künftig nur noch gegen Rubel zu verkaufen. Der Kremlchef wies Gazprom und die Zentralbank an, entsprechende Modalitäten zur Umstellung der Zahlungen von Euro und Dollar auf Rubel auszuarbeiten. Begründet hatte Moskau sein Vorgehen mit einem angeblichen "Wirtschaftskrieg" des Westens.

Putin: Reaktion auf eingefrorene Devisenreserven

Putin erklärte seine Rubel-Initiative damit, "dass unter Verstoß gegen die Normen des internationalen Rechts die Devisenreserven der Bank Russlands von den Mitgliedstaaten der Europäischen Union eingefroren wurden". Damit hatte die EU auf Russlands Krieg gegen die Ukraine reagiert. Putin hatte gesagt, dass Zahlungen in Euro und Dollar nun keinen Wert mehr für das Land hätten. Die Bundesregierung hatte Russland darauf hin Vertragsbruch vorgeworfen.

Die Bundesregierung will nun die Forderungen der russischen Regierung zur künftigen Bezahlung von Gas-Lieferungen prüfen. "Wenn uns das Dekret vorliegt, wird die Bundesregierung es gründlich prüfen und bewerten", sagte eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums. "Klar ist, Deutschland zahlt weiter in Euro. Daran werden wir nichts ändern, der G7-Beschluss gilt." Die G7-Gruppe führender Wirtschaftsmächte und die EU hatten Anfang der Woche Forderungen nach einer Zahlung in Rubel eine Absage erteilt.

Scholz bleibt bei seiner Linie

Kanzler Olaf Scholz beharrt auf seiner Ablehnung einer Zahlung in Rubel. "Die Zahlung russischer Gaslieferungen findet entsprechend der bestehenden Verträge in Euro und Dollar statt", teilte Scholz auf Twitter mit. "Das ist so, das wird auch so bleiben, und das habe ich gestern in meinem Gespräch mit Präsident Putin auch deutlich gemacht."

Fachleute vermuten nicht, dass die Änderungen große Konsequenzen mit sich bringen. "Für die deutschen Unternehmen dürfte sich unter dem Strich nicht besonders viel ändern", sagte Ulrich Leuchtmann, Leiter der Devisen-Abteilung bei der Commerzbank. Die Gazprombank unterliege derzeit keinen wesentlichen Finanzsanktionen, was aber auch beabsichtigt sei, damit die Bezahlung von Gas-Lieferungen für den Westen überhaupt möglich sei. Ein Vorteil für Russland könnte darin bestehen, dass anstelle der sanktionierten Zentralbank eine große Geschäftsbank das Devisenmanagement übernehme. "Das könnte letztlich der Finanzstabilität in Russland zugutekommen", sagte Leuchtmann.

Zweifel an russischen Zusagen

Ähnlich sieht es Ulrich Wortberg von der Landesbank Hessen-Thüringen: "Letztlich ändert sich an der bisherigen Zahlungsweise nur wenig, wenn die Abnehmerländer ihre Gas-Rechnung weiter in ihren Landeswährungen bezahlen und eine russische Bank die Devisen in Rubel umtauscht." Wortberg warf allerdings die Frage auf, inwieweit Zusagen der russischen Führung angesichts der trüben Beziehungen zum Westen noch Glauben zu schenken sei. "Ein komplettes Gas-Embargo, also ein Lieferstopp, ist meines Erachtens nach wie vor nicht auszuschließen."

Die Initiative Zukunft Gas erklärte, die deutsche Gasbranche beobachte die Situation weiter mit Sorge. "Für unsere Unternehmen gilt, dass sie ihre Verträge in Euro oder Dollar abgeschlossen haben und diese Verträge erfüllen wollen." Man begrüße die klare Haltung der Bundesregierung. Deutschlands größter Importeur russischen Erdgases, Uniper, kommentierte die jüngsten Äußerungen Putins zunächst nicht.

Habeck kündigt weitere Sanktionen an

Bundeswirtschaftsminister Habeck (Grüne) hat unterdessen weitere Sanktionen gegen Russland angekündigt. Das vergangene Sanktionspaket sollte nicht das letzte gewesen sein, sagte er in Berlin nach einem Treffen mit Frankreichs Wirtschafts- und Finanzminister Bruno Le Maire. Es seien Punkte identifiziert worden. Details nannte er nicht.

Der Ost-Ausschuss der deutschen Wirtschaft forderte die russische Regierung auf, "bestehende Gaslieferverträge unverändert zu respektieren". Russland gefährde die jahrzehntelangen Energiebeziehungen mit Deutschland und der EU und beschleunige den Ausstieg aus diesem Geschäftsmodell, sagte der Vorsitzende Oliver Hermes. "Dies wird auch die russische Wirtschaft selbst massiv treffen. So wie wir Zeit benötigen werden, um die Gasbeschaffung zu diversifizieren, kann auch Russland nicht von heute auf morgen seinen Gasabsatz und sein Kundenportfolio neu ausrichten."