Kommentar zum "Fall Hopp"

Die eigentliche Kritik rückt in den Hintergrund


In nicht tragbarer Form haben Fans des FC Bayern ihre Kritik zum Ausdruck gebracht.

In nicht tragbarer Form haben Fans des FC Bayern ihre Kritik zum Ausdruck gebracht.

In der Diskussion um die Beleidigungen gegen Hoffenheim-Mäzen Dietmar Hopp geht die eigentliche Kritik der Fans unter. Daran haben diese durch die Art ihrer Kritik aber auch entscheidenden Anteil. Ein Kommentar.

Über die Einordnung der Plakate, die Anhänger des FC Bayern am Samstagnachmittag beim Auswärtsspiel des FC Bayern München bei der TSG Hoffenheim gezeigt haben, darf es keine zwei Meinungen geben. Einen Menschen, in diesem Fall Hoffenheims Mäzen Dietmar Hopp, unter der Gürtellinie zu beleidigen, das hat nirgends etwas zu suchen. In keinem Fußballstadion und auch sonst nirgends in dieser Gesellschaft. Die Diskussion, die durch den Beinahe-Spielabbruch ausgelöst wurde, geht am eigentlichen Thema aber vorbei.

Denn thematisiert wird in der Diskussion zumeist nur die Auswirkung, nicht aber die Ursache. Der Grund, warum die Situation derzeit eskaliert, ist, dass der Deutsche Fußball-Bund sein Versprechen, zukünftig auf Kollektivstrafen zu verzichten, nach Meinung der Fangruppen gebrochen hat. Stattdessen dürfen nun zwei Jahre lang keine Fans von Borussia Dortmund mehr zu den Auswärtsspielen nach Hoffenheim reisen. Die Fanszenen halten in dieser Sache in großen Teilen zusammen, in vielen Stadien waren Plakate gegen Hopp und den DFB zu sehen. Dass diese oft geschmacklos waren und weit übers Ziel hinausgeschossen sind, ist aufs Schärfste zu verurteilen.

Aber der Anlass der Plakate findet in den Diskussionen kaum statt. Einzig Max Eberl, Sportdirektor von Borussia Mönchengladbach, hat im Interview bei "Sky" auch die Seite des Verbandes hinterfragt. Auch er verurteilte die Plakate: "Wir wollen hier Fußballspiele sehen, wir wollen Spaß am Spiel haben, wir wollen Kontrahenten versuchen zu schlagen und nicht solche Schmähplakate oder Hetzjagden starten. Das wollen wir nicht im Stadion."

Eberl: "Ursache ist außerhalb des Platzes"

Er versuchte aber, auch die andere Seite kritisch zu beäugen: "Die Frage ist, ob diese Kollektivstrafe in Dortmund richtig war, wenn man das Wort gegeben hat und wieder zurückgerudert ist. Wie hat man es dann kommuniziert? Wir müssen uns alle hinterfragen, müssen uns zusammensetzen. Wir müssen versuchen, das Problem zu lösen. Wir sind ja nicht die Ursache, die Ursache ist außerhalb des Platzes. Das sind Menschen, die mit gewissen Dingen nicht einverstanden sind und das in einer gewissen Art und Weise kundtun, mit der wir uns alle nicht anfreunden können. Aber ich würde mir wünschen, dass wir die Solidarität in der Bundesliga haben und da einen Weg fänden, wieder ein sauberes Stadion zu haben."

Betont wird in der Diskussion häufig, dass ein Fußballstadion kein rechtsfreier Raum sei. Das ist absolut korrekt. Das muss aber dann auch konsequent durchgeführt werden. Und Kollektivstrafen sieht das Recht auch außerhalb des Stadions nicht vor. Niemand kann für etwas belangt werden, das er nicht selbst verbrochen hat. Wenn nun also einigen Tausend Dortmunder Fans die Auswärtsfahrt nach Hoffenheim zwei Jahre lang verboten wird, weil sich andere "Fans" daneben benommen haben, dann hat das mit dem Rechtsempfinden nur wenig zu tun und der Ärger der Fanszene darüber ist zum Teil nachvollziehbar.

So argumentiert der DFB

Die Argumentation des DFB auf seiner Webseite dazu liest sich wie folgt: "Auch wenn in einem solchen Fall unbeteiligte Zuschauer leider mitbetroffen sind, so geht es gleichwohl nicht um die Verhängung von Kollektivstrafen, sondern um den Schutz des Opfers vor nicht hinzunehmenden Angriffen auf seine Person. Sind Verein und Kurve nicht in der Lage, die Täter an ihrem Handeln zu hindern beziehungsweise diese aus dem Block fernzuhalten, so bleibt in letzter Konsequenz als letztes Mittel nichts anderes übrig, als den Block in Gänze zu schließen." Es gehe also nicht um eine Kollektivstrafe, verhängt wird diese aber dennoch.

Die Atmosphäre zwischen den beiden Lagern scheint derzeit so verhärtet zu sein, dass eine saubere Lösung ohne radikale Maßnahmen kaum noch möglich erscheint. Das ist schade. Die Fans haben mit der Art der Kritik, mit Beleidigungen weit unter der Gürtellinie aber auch den entscheidenden Anteil daran selbst zu verantworten, dass ihre eigentliche Kritik gar nicht mehr gehört wird.