Jahn-Gegner im Interview

Martin Kobylanski: "... und dann kommst du so zurück"


Eintracht Braunschweig Kapitän Martin Kobylanski. Am Freitag reist er mit seiner Mannschaft zum SSV Jahn Regensburg.

Eintracht Braunschweig Kapitän Martin Kobylanski. Am Freitag reist er mit seiner Mannschaft zum SSV Jahn Regensburg.

Von Magnus Rötzer

Der SSV Jahn Regensburg trifft am Freitagabend zuhause auf Eintracht Braunschweig. Der Braunschweiger Kapitän Martin Kobylanski blickt im Interview auf dieses Spiel voraus.

Martin Kobylanski kann sich noch gut an das Spiel zwischen Preußen Münster und dem SSV Jahn Regensburg am 20. Mai 2017 erinnern. Es war der letzte Spieltag der 3. Liga. Bei einem Sieg der Oberpfälzer bei den Preußen, würde der Jahn sicher das Ticket für das Aufstiegsrelegationsspiel zur 2. Bundesliga lösen. Und tatsächlich: Andi Geipl bescherte der Jahnelf in der Schlussphase der Partie per Elfmeter den wichtigen 1:0-Erfolg und sicherte seinem Team somit die Relegation. Dort traf Regensburg dann auf den TSV 1860 München - und stieg auf. Nun - über drei Jahre später - trifft Kobylanski erneut auf den SSV Jahn. Dieses Mal in der 2. Bundesliga - und mit Eintracht Braunschweig.

Im idowa-Interview spricht der gebürtige Berliner über den Aufstieg seiner Mannschaft in diesem Sommer, die Bedeutung einer Einheit im Fußball und seine Leaderrolle in Braunschweig.

Herr Kobylanski, mit welchen Gefühlen verbinden Sie den 1. Juli 2020?
Martin Kobylanski: Ich glaube, so einen Moment möchte jeder Fußballer oder generell jeder Sportler erleben. Für uns waren es ein unbeschreiblicher Tag und eine unbeschreibliche Nacht. Ich habe noch die letzten zehn Minuten des Spiels im Kopf, in denen wir uns reingeworfen haben, jeder für den anderen gekämpft hat und wir dann vor der Leinwand das Spiel Bayern II gegen Duisburg verfolgt haben, bei dem Leon Dajaku noch das Tor für Bayern gemacht hat. Es war ein unbeschreiblicher Tag, der ein Leben lang im Gedächtnis bleiben wird.

Sie hatten an diesem Tag mit zwei Treffern einen erheblichen Anteil am Sieg gegen Mannheim und dem damit verbundenen Aufstieg. Besser hätte der Tag für Sie persönlich wahrscheinlich nicht laufen können, oder?
Kobylanski: Wahrscheinlich nur, wenn ich drei Tore geschossen hätte (schmunzelt). Aber ich glaube, man sollte mit den zwei Toren sehr, sehr zufrieden sein an dem Abend. Und auch generell. Wir haben nach der Corona-Zeit, in der wir ein paar Monate nicht gespielt haben, wirklich gezeigt, dass wir eine richtig gute Truppe sind und im Endeffekt jeder für den anderen da war und gekämpft hat. Für mich persönlich lief es auch richtig gut und es gab viele schöne Momente. Deswegen wird das ein Tag sein, den ich nicht vergessen werde.

Zuschauer waren in der Rückrunde aufgrund der Corona-Pandemie nicht im Stadion. Ist es für Sie als Spieler schade, wenn man so ein großes Ziel erreicht und dann keine Fans auf den Rängen sind?
Kobylanski: Ich bin nur einmal aufgestiegen, und da waren keine Fans im Stadion. Ich habe natürlich unzählige Bilder im Kopf, wo die Mannschaft, die aufgestiegen ist, von den Fans bejubelt wird. Wo alle auf den Platz rennen und Spieler und Fans sich gegenseitig feiern. Aber wir wissen, was wir als Team erreicht haben. Das war ein Erfolg des gesamten Vereins, und es tat uns gut, dass wir uns nach dem Mannheim-Spiel alle in der Kabine getroffen haben und die letzten Spiele Revue passieren haben lassen. Wir sind von Platz neun gestartet, und ich kann mich an das Rostock-Spiel kurz vor dem Lockdown erinnern. Da haben wir auswärts mit 0:3 verloren und hätten gefühlt 0:6 oder 0:7 verlieren können. Und dann kommst du so zurück. Riesengroßer Respekt dafür an die Mannschaft. Viele Leute hatten uns schon abgeschrieben, umso schöner ist es dann, dass wir uns einen Spieltag vor Schluss haben feiern lassen können.

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

19/20 ✔️✔️ ‍♂️ @eintrachtbraunschweig1895

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Nun sind die ersten Spiele in der neuen Saison absolviert. Wie bewerten Sie den Saisonstart Ihres Teams?
Kobylanski: Mit dem Weiterkommen im DFB-Pokal haben wir nicht unbedingt gerechnet. Ich glaube, wir haben ein super Spiel gegen die Hertha abgeliefert. Jetzt zuletzt mit dem Sieg in der Liga sind wir wirklich zufriedenstellend in die Saison gestartet. Wir hatten aus meiner Sicht ein schweres Programm mit Heidenheim, Kiel, Hannover und Bochum. Im Großen und Ganzen ist es ein solider Start. Wir müssen uns neu finden. Ich hoffe, dass das Spiel gegen Bochum uns in der Findungsphase noch einen Schritt weiterbringt, und wir im Spiel am Freitag daran anknüpfen können.

Wo sehen Sie bei Ihrer Mannschaft noch Luft nach oben?
Kobylanski: In erster Linie müssen wir mehr Tore schießen und weniger kassieren. Da müssen wir offensiven Spieler uns die Chancen erarbeiten, um die Tore zu machen, aber auch die ersten sein, die verteidigen, damit der Gegner den Ball nicht so leicht über unsere erste Linie spielen kann. Da nehme ich uns komplett als Mannschaft in die Verantwortung, dass wir uns reinwerfen und nicht so leicht Tore herschenken. Ich denke, der Rest kommt von alleine. Zuletzt wurde unsere Laufleistung bemängelt, das haben wir gegen Bochum besser gemacht. Wir sind auf einem guten Weg, eine solide Mannschaft zu werden, aber wir müssen in jedem Training arbeiten und immer an die Grenzen gehen, um die Spiele zu gewinnen.

Sie selbst haben die 3. Liga in Ihrer Vorstellung bei Braunschweig als "schwierige Liga" bezeichnet. Wie schwierig ist jetzt die 2. Bundesliga?
Kobylanski: Klar, man hat mehr Qualität. Die 3. Liga ist schon wirklich richtig gut. Um aufzusteigen, reicht nicht nur eine gute Truppe, da muss schon alles stimmen. Wenn du in der 2. Bundesliga einen Fehler machst, wird dieser sofort bestraft. Du musst ans Limit gehen, um Spiele zu gewinnen. Es heißt ja nicht umsonst 2. und 3. Liga. In die 2. Bundesliga möchten natürlich viele Vereine aus der 3. oder 4. Liga. Wir haben das jetzt geschafft, aber die Kunst ist es, drinzubleiben und sich zu beweisen. Ich hoffe, dass wir es schnellstmöglich hinbekommen, eine solide Zweitligamannschaft zu werden, die regelmäßig punktet, und dass wir uns wenig Sorgen um den Klassenerhalt machen müssen.

Worauf kommt es für Ihr Team diese Saison an, um den Klassenerhalt zu schaffen?
Kobylanski: Wir müssen eine Einheit werden, ein Team sein. Wir brauchen uns nicht auf einzelne Spieler zu verlassen, sondern müssen alle an einem Strang ziehen. Selbst wenn es mal nicht läuft, müssen wir genauso vorgehen, wie wenn es läuft. Wir müssen die Linie, die uns der Trainer in der Vorbereitung vorgegeben hat, konsequent durchziehen, und dann werden wir auf einem guten Weg sein, eine Truppe zu werden, die Spiele in der 2. Bundesliga gewinnen wird.

Auf Seite zwei des Interviews spricht Martin Kobylanski über sein Auftreten als Kapitän, sein Aufeinandertreffen mit dem Jahn und Faktoren, die es für den Klassenerhalt braucht.

Martin Kobylanski über sein Auftreten als Kapitän, sein Aufeinandertreffen mit dem Jahn und Faktoren, die es für den Klassenerhalt braucht

Sie sind zur neuen Saison zum Kapitän ernannt worden. Warum sind Sie der richtige Mann für die Binde?
Kobylanski: (lacht) Das ist tatsächlich eine schwierige Frage. Ich war in der vergangenen Saison schon in ein, zwei Spielen Kapitän, und auch bei Preußen Münster war ich schon der Vizekapitän. Ich glaube, ich habe ein gutes Standing im Team, auch aufgrund der Leistungen in der vergangenen Saison. Das ist auch wichtig, mit Leistungen voranzugehen. Ich habe von Anfang an das Vertrauen vom Trainer gespürt und deswegen versuche ich in erster Linie, meine Leistung abzurufen. Wenn ich in der Kabine etwas sage, dann versuchen alle, es umzusetzen. Mich freut es, dass ich die Mannschaft anführen kann.

Inwieweit treten Sie nun auf dem Platz als Kapitän anders auf als in der vorherigen Saison?
Kobylanski: Tatsächlich trete ich nicht anders auf als davor. Ich bin auf dem Platz ein sehr impulsiver Mensch, der bei jedem Gespräch gefühlt dabei ist und sich immer in dem Rudel bewegt. Natürlich gibt mir die Kapitänsbinde ein bisschen mehr Sicherheit, dass ich auch mal mit dem Schiedsrichter reden kann, auch mal ein, zwei Sachen anders bewerte oder mal zum Trainer rausgehe und die Gespräche suche. An der Kommunikation mit den Jungs ändert sich allerdings nichts. Ich versuche, das von der vergangenen Saison fortzuführen. Ich brauche die Binde nicht, um einer der Leader in der Truppe zu sein. Ich bin immer lautstark auf dem Platz und motiviere meine Mannschaft.

Das ist eine Eigenschaft, die einen guten Kapitän ausmacht…
Kobylanski: Ja, klar. Ich bin erstmals Kapitän und es gibt jetzt auch viele Dinge neben dem Fußball, die man absolvieren muss. Ich bin auch Teil des Mannschaftsrates. Es ist erstmal Neuland für mich, aber ich versuche, in jede Situation reinzuwachsen, und hoffe, dass ich mich da schnell einfinde. Aber ich mache mir da gar keine Gedanken, dass ich der Aufgabe nicht gerecht werden könnte oder mich das davon ablenkt, auf dem Platz Leistung zu bringen.

Als "sehr impulsiv" beschreibt sich Martin Kobylanski auf dem Platz. Hier gibt er seinen Mitspielern Anweisungen. (Foto: imago)

Als "sehr impulsiv" beschreibt sich Martin Kobylanski auf dem Platz. Hier gibt er seinen Mitspielern Anweisungen. (Foto: imago)

Am Freitag reisen Sie zum SSV Jahn Regensburg. Wie haben Sie die jüngste Entwicklung des Vereins von außen betrachtet wahrgenommen?
Kobylanski: Der Jahn ist mittlerweile eine gute Zweitligamannschaft. Ich habe das Spiel im Kopf zwischen Preußen Münster und Jahn Regensburg, als der Jahn dann in die 2. Bundesliga aufgestiegen ist. Wenn ich es richtig in Erinnerung habe, hat Geipl, der jetzt bei Heidenheim spielt, einen Elfmeter gegen uns reingemacht. Einzelne kleine Sachen hat man schon im Kopf, aber ich glaube, wir müssen uns auf uns selbst konzentrieren. Nichtsdestotrotz ist es eine richtig gute Mannschaft.

Was für ein Spiel erwarten Sie am Freitag?
Kobylanski: Hoffentlich ein Spiel, aus dem wir Punkte mitnehmen. Es wird eine sehr schwierige Partie. Freitagsspiele sind immer etwas Schönes und deswegen freue ich mich schon darauf. Wenn wir wie gegen Bochum Leidenschaft und Mut auf den Platz bringen werden, bin ich guter Dinge.

Der Jahn hat nun drei Mal in Folge - als ständiger Außenseiter - den Klassenerhalt erreicht. Ein Schlüssel war die Mentalität. Wie will man es in Braunschweig machen?
Kobylanski: Ich glaube, man braucht von allem etwas. Du brauchst eine gute Mentalität, individuelle Qualität und Zusammenhalt. Da spielen viele Faktoren mit, die dann dazu führen, dass man in der Liga bleibt. Wir sind auf einem guten Weg, mit dem Bochum-Spiel haben wir alles gezeigt. Jetzt heißt es, daran anknüpfen.