Interview zum Tag des Baumes Hans Ludwig Körner: „Multiples Organversagen im Wald“

Sturm, Käfer, Klima: Von allen Seiten ist der Wald bedroht – und das bringt auch die Waldbesitzer in Bedrängnis, sagt Hans Ludwig Körner, der Vorsitzende des Waldbesitzerverbands in Bayern. Foto: Collage Stefan Karl/Verband der Waldbesitzer Bayern e.V.

Im Frühjahr 2020 stecken Wälder und Waldbesitzer offenbar in der Krise: Schadhafter Baumbestand einerseits, älter werdende Waldbesitzer andererseits. Die Sorge um die Zukunft der Wälder wächst.

Zum Tag des Baumes haben wir mit dem Geschäftsführer des Bayerischen Waldbesitzerverbands, Hans Ludwig Körner, über den Zustand und die Perspektiven der Wälder der Region gesprochen.

Herr Körner, wie ist der Zustand der Wälder im Frühjahr 2020?

Hans Ludwig Körner: Die Wälder sind geschwächt. Dürre, Sturmtief Sabine, das Ende Februar noch getobt hat. Das hat die Wälder sehr stark belastet, hinzu kommen die Schäden aus den Jahren zuvor und der Borkenkäferbefall. Eine Erkrankung, kurz vor dem multiplen Organversagen.

Was ist aus Ihrer Sicht zu tun, um diese Krankheit zu lindern?

Körner: Waldbesitzer sollten vor allem dringend ihre Wälder auf Schadstellen kontrollieren. Das sind besonders Einzelwürfe oder Nester, also Stellen, in denen einzelne Bäume umgefallen sind. Gerade bei der Fichte sind das ideale Brutstätten für den Borkenkäfer. Deswegen muss dieses Schadholz aus dem Wald heraus.

„Früher wurde noch jeder Zweig aus dem Wald herausgetragen“

Der Bund Naturschutz ruft die Waldbesitzer zum Tag des Baumes dazu auf, das Totholz im Wald zu lassen…

Körner: Der Wald ist auch Lebensraum für Menschen. Wenn er abstirbt, fehlt er uns mit seinen vielfachen Leistungen. Wasserschutz, gesunde Luft, Klimaschutz. Die Wälder sind randvoll mit Totholz, wir kommen garnicht hinterher, das alles aufzuarbeiten. Wir sind auch von der Überbewirtschaftung längst abgekommen. Nach dem Krieg hat man noch jeden Stängel und jeden Zweig aus dem Wald herausgetragen, um ihn zu verheizen. In der heutigen Nutzung bleibt sehr viel Restbestand im Wald. Einen abgestorbenen Baum, der sich bereits im biologischen Abbau befindet, wird ein Waldbesitzer heute auch stehen lassen.

Dann gibt es noch den wirtschaftlichen Faktor. Im vergangenen Jahr hat die große Menge Käferholz den Holzpreis ins Bodenlose fallen lassen. Was erwartet Waldbesitzer dieses Jahr?

Körner: Im Grunde das Gleiche, wenn nicht noch mehr, falls nicht noch Regen kommt. In Teilen Bayerns hat es seit fünf, sechs Wochen nicht nennenswert geregnet. Das macht den Käferbefall wahrscheinlicher.

Bezogen auf die ostbayerischen Wälder – ist hier die Lage besser?

Körner: Ist Ostbayern sind nach wie vor die Schäden von Sturmtief Sabine ein Thema. Hier ergibt sich ein Teufelskreis. Das Aufarbeiten ist leichter, wenn der Waldbesitzer sein Holz auch verkaufen kann. Der Wald ist unsere Produktionsstätte. Im Moment ist die Situation fast vergleichbar mit einem Handwerker, der auf eine Baustelle fährt und dadurch mehr Kosten hat, als er durch den Auftrag bekommt.

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