Interview

Experte über CBD: "Einzige Nebenwirkung ist der Preis"


Ein Cannabis-Automat (r), der gepresste und getrocknete Cannabis-Blüten in Tütchen sowie Extrakt-Kügelchen in Plastikdöschen enthält. Es handelt sich um Hanfprodukte mit dem als kaum psychoaktiv geltenden Wirkstoff CBD (Cannabidiol).

Ein Cannabis-Automat (r), der gepresste und getrocknete Cannabis-Blüten in Tütchen sowie Extrakt-Kügelchen in Plastikdöschen enthält. Es handelt sich um Hanfprodukte mit dem als kaum psychoaktiv geltenden Wirkstoff CBD (Cannabidiol).

Schokolade, Tee, Kaugummis. Die Palette von Hanfprodukten ist groß. Besonders beliebt sind mittlerweile CBD-Produkte. Vor allem Öle stehen derzeit hoch im Kurs. CBD soll entspannend, nicht berauschend wirken. Gleichzeitig wird dem Stoff auch eine heilende Wirkung nachgesagt. Ist das wirklich so? Schmerztherapeut Dr. Christoph Lassen von der Regensburger Uniklinik räumt mit CBD als Allheilmittel auf und erklärt, warum ihn der Stoff einfach nicht überzeugt.

Dr. Lassen, was ist CBD genau?

Dr. Christoph Lassen: CBD (Cannabidiol) ist einer der vielen Wirkstoffe der Cannabis-Pflanze. Es besteht also erstmal kein Unterschied zu Marihuana. CBD ist ja ein Bestandteil davon. THC (Tetrahydrocannabinol) ist eine weitere Komponente der Pflanze. Das ist der Wirkstoff, der für den Rausch, die Euphorie und das High-Gefühl verantwortlich ist. CBD hingegegen hat keine euphorisierende Wirkung. Davon wird man also nicht high.

Welche Wirkung hat CBD dann eigentlich?

Dr. Lassen: Das ist eine gute Frage. Die Wirkung von CBD ist noch kaum untersucht. Gleichzeitig werden dem Stoff aber viele verschiedene Wirkungen zugeschrieben. Es heißt, CBD lindere Schmerzen, wirke entzündungshemmend und entspanne die Muskeln. Nachgewiesen ist davon aber nur wenig. In nicht-wissenschaftlichen Untersuchungen im Internet kursieren Theorien über unheimlich viele Wirkungen, die CBD haben soll. Kaum welche sind tatsächlich bewiesen. CBD kann allerdings eine spezielle Form der Epilepsie behandeln. Der Stoff ist also krampfhemmend. Das ist nachgewiesen.

Im Internet wird CBD als Wundermittel angepriesen. Was halten Sie von dem Hype um CBD?

Dr. Lassen: Der Hype ist nicht durch wissenschaftliche Daten untermauert. Deswegen kann ich den Hype nur schwer beurteilen. Es ist kein zugelassenes Medikament, sondern wird als Nahrungsergänzungsmittel gehandelt. Das heißt, die Wirkung muss nicht zwangsläufig nachgewiesen sein. Ich vermute eher kommerzielle Interessen der Anbieter hinter dem Hype. Patienten, die CBD nehmen, sind sich bei der Wirkung auch nicht einig. CBD beruhige, lasse einen besser schlafen, sagen die einen. Andere sagen wiederrum, es habe bei ihnen überhaupt nichts gebracht.

Dr. Christoph Lassen ist Leiter der Schmerzambulanz und der Schmerzklinik am Uniklinikum in Regensburg.

Dr. Christoph Lassen ist Leiter der Schmerzambulanz und der Schmerzklinik am Uniklinikum in Regensburg.

Gibt es Nebenwirkungen?

Dr. Lassen: Bei CBD in Reinform sind wenig bis keine Nebenwirkungen bekannt. Das sagen auch die Patienten. Kaum jemand verträgt es nicht, zumindest habe ich noch von keinem Fall gehört. Etwas, das keine Nebenwirkungen hat, steht aber auch im Verdacht, gar keine Wirkung zu haben. Das ist die Quintessenz. CBD ist halt eine sehr schwach wirksame Substanz. Die einzige Nebenwirkung ist für mich der Preis.

Gibt es dennoch Gefahren oder Risiken beim Konsum?

Dr. Lassen: Zumindest keine, die bekannt sind. Es besteht aber Gefahr, wenn man CBD über dubiose Anbieter kauft. Dann gibt es keine Garantie für die Inhaltsstoffe. Bei Medikamenten weiß man, was drin ist. Dafür gibt es Kontrollstellen. Das größte Risiko besteht bei den CBD-Ölen, die im Handel frei erhältlich sind. Niemand weiß, was da genau drin ist. CBD selbst ist ungefährlich. Ich werde niemandem davon abraten, CBD-Öl zu nehmen. Es wird nicht schaden, aber wahrscheinlich auch nichts nutzen.

Macht CBD abhängig?

Dr. Lassen: Das ist ebenfalls nicht klar. THC macht auf jeden Fall abhängig, isoliertes CBD aber wohl nicht.

Welches Potential hat CBD aus Ihrer Sicht in der Zukunft?

Dr. Lassen: Im Moment sehe ich kaum Potential. Es sei denn, man nimmt CBD sehr hochdosiert ein. Bei seltenen Epilepsieformen stellt CBD auf jeden Fall eine Therapieform dar. Ob CBD auch bei anderen Erkrankungen helfen kann, ist wie gesagt noch nicht untersucht. Aber für den Moment überzeugen mich die Daten nicht. Gleichzeitig haben die Leute hohe Erwartungen an pflanzliche Substanzen. Auch an Cannabis. Der Cannabis-Konsum steigt, andere Suchtmittel wie Nikotin oder Alkohol werden weniger genommen. Die Leute konsumieren Cannabis einfach so und machen vielleicht positive Erfahrungen. Das erhoffen sie sich jetzt auch im Medikamentenbereich.

Wird CBD unterschätzt oder überschätzt?

Dr. Lassen: CBD wird überschätzt. Die Wirksamkeit ist nicht ausreichend belegt. Mich überzeugt das einfach nicht.

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Info: CBD in Reinform ist nicht verschreibungsfähig. Es lässt sich nur in Kombination mit THC verschreiben. Der Gesetzgeber hat 2017 die Möglichkeiten zur Verschreibung von Cannabisarzneimitteln erweitert. CBD muss sich der Patient selbst in der Apotheke, in der Drogerie oder im Internet besorgen.