Interview

CSU-Generalsekretär Scheuer: "Verhalten von Innenminister Jäger feige und unanständig"


CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer übt im Interview mit der Mediengruppe Straubinger Tagblatt/Landshuter Zeitung scharfe Kritik an Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger.

CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer übt im Interview mit der Mediengruppe Straubinger Tagblatt/Landshuter Zeitung scharfe Kritik an Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger.

Im Interview mit der Mediengruppe Straubinger Tagblatt/Landshuter Zeitung nimmt CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer deutlich Stellung zur Flüchtlingskrise, zu den Vorfällen von Köln und zu den Forderungen an Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Herr Scheuer, die CSU-Bundestagsabgeordneten haben Bundeskanzlerin Angela Merkel in Wildbad Kreuth sehr deutlich zu verstehen gegeben, dass sie eine Veränderung in der Flüchtlingspolitik wollen. Wie hat diese Konfrontation auf die Kanzlerin gewirkt?

Scheuer: Wir wollen gemeinsam mit der Bundeskanzlerin eine Lösung. In Kreuth haben wir klar gemacht, dass die Zeit drängt. Täglich kommen trotz schlechter Witterung zwischen 3.000 und 4.000 Menschen über die Grenze - das ist eindeutig viel zu viel. Mit unserem Positionspapier machen wir eindeutig klar, dass wir eine Begrenzung der Zuwanderung brauchen. Somit war Kreuth ein konstruktiver und kraftvoller Einstieg in den politischen Betrieb des neuen Jahres.

Glauben Sie, dass die Kanzlerin weiß, was derzeit im Lande vor sich geht?

Scheuer: Ja, das weiß sie. Die Kanzlerin hat auch mehrfach betont, dass sie eine erhebliche Reduzierung der Zuwanderungszahlen will. Im Ziel sind wir uns einig; wir unterscheiden uns aber in der Herangehensweise. Die Kanzlerin setzt auf europäische Lösungen und arbeitet daran mit aller Kraft. Ich glaube mit vielen zusammen aber, dass dies nicht zu schnellen Erfolgen führen wird. Daher müssen wir auch mit nationalen Maßnahmen den Druck auf die europäischen Partner erhöhen.

"Köln hat uns alle geschockt"

Der Bundesinnen- und der Bundesjustizminister wollen Gesetze verschärfen. So sollen Flüchtlinge, die straffällig werden, künftig leichter abgeschoben werden können. Wie zufrieden sind Sie mit diesem Vorhaben?

Scheuer: Das ist wie immer: Die CSU schlägt etwas vor - wir haben das nämlich schon vor Monaten gefordert. Dann fallen zunächst alle über uns her. Und dann passiert etwas und plötzlich geht es ganz schnell. Zufrieden ist das falsche Wort, angesichts der bedrückenden Ereignisse. Köln hat uns alle geschockt. Diese Einigung der beiden Minister ist gut, ich will aber einen Schritt weiter gehen. Nicht erst das Strafmaß nach einer Verurteilung soll Grundlage für eine mögliche Abschiebung sein, sondern bereits ein Delikt. Wenn die Beweislage eindeutig ist, darf es keine Toleranz gegenüber Straftätern geben. Wer zu uns kommt, human aufgenommen wird und Schutz erhält, soll sich auch gefälligst an unsere Regeln halten. Aber wir stehen hier am Anfang einer Diskussion.

Rechnen Sie in absehbarer Zeit mit einer Schließung der deutschen Grenzen?

Scheuer: Wichtig ist zunächst, den täglichen tausendfachen Zustrom zu begrenzen. Wer schon einmal im Land ist, muss registriert, untergebracht und versorgt werden. Je länger Menschen in unserem Land sind, umso schwerer wird die Abschiebung. Derzeit wären bundesweit rund 200.000 Menschen ausreisepflichtig. Die Haltung der CSU ist: Wer keine Bleibeperspektive hat oder illegal kommt, soll gar nicht erst einreisen dürfen. Daher muss es in Zukunft auch schon an der Grenze verstärkt zu Zurückweisungen kommen. Auch von Menschen, die ohne Ausweispapiere ankommen.

Ihre Partei hat den ehemaligen Bundesverfassungsrichter Udo di Fabio mit einem Gutachten beauftragt, um zu untersuchen, wie sich der Zustrom reduzieren lässt. Wie sehr finden Sie Ihre Parteilinie in diesem Gutachten wider?

Scheuer: Das Gutachten zeigt all die Widersprüche und Defizite auf, die Bayern immer wieder angeprangert hat. Wir müssen wieder zurück zu Recht und Ordnung kommen. Das Gutachten zeigt, dass es so wie derzeit nicht weitergehen kann. Daher wird es auch die Grundlage für die Verhandlungen in Berlin bilden. Di Fabio spricht auch eindeutig davon, dass es bei der Zuwanderung eine Obergrenze gibt und bestätigt damit voll unseren Kurs.

Ihre Landtagskollegen haben die Kanzlerin in der kommenden Woche in Kreuth zu Gast. Was denken Sie wird die Regierungschefin da zu hören bekommen?

Scheuer: Die Kanzlerin wird sich der Diskussion stellen. Ich kenne die Stimmung in der Partei und der Bevölkerung - hier herrscht große Sorge. Die Landtagskollegen werden die Lage sehr klar schildern, deswegen kommt die Regierungschefin ja auch. Die CSU wird die Bundeskanzlerin als unseren Gast gut empfangen.

"Verhalten von Innenminister Jäger feige und unanständig"



Die Sicherheitslage im Land hat sich verschärft. Was sollte der Staat tun, um Übergriffe wie in der Silvesternacht in Köln und anderen Städten zu verhindern?

Scheuer: Zunächst einmal halte ich das Verhalten des nordrhein-westfälischen Innenministers Jäger für feige und unanständig. Er lässt die Polizisten im Regen stehen. Eigentlich müsste er sich bei den Opfern entschuldigen, denn er trägt die Verantwortung. Ich kann hier nur von politischem Versagen sprechen. Die dortige Landesregierung hat jahrelang die Polizei vernachlässigt und auf Kosten der Sicherheit gespart. Das rächt sich jetzt. Und es zeigt auch, wer Vorfälle wie die in Köln verhindern will, muss an der Seite der Polizei stehen und dafür sorgen, dass sie materiell wie personell gut ausgestattet ist.

Die Union steht wie keine andere politische Kraft für Recht und Ordnung. Das Gefühl in der Bevölkerung ist aber, dass Recht und Ordnung derzeit nicht gewährleistet sind. Was muss nun geschehen?

Scheuer: Bayern zeigt doch wie der Weg ist. Wir sind das Sicherheitsland Nummer eins. Hier gibt es null Toleranz gegenüber jeder Form von Gewalt. Die Bürger erwarten dazu Klarheit und Wahrheit bei der Information. Alles andere würde zu gesellschaftlichen Spannungen und Diskussionen führen. Aber man sieht auch: In München wurde nach der Anschlagsdrohung in der Silvesternacht sofort und entschieden gehandelt. Nur so lässt sich das Vertrauen der Bürger gewinnen.

Wie sehr wird der Aschermittwoch von den Themen Flüchtlinge und Terror geprägt sein?

Scheuer: Diese beiden Themen sind natürlich sehr dominant und werden in Passau eine wichtige Rolle spielen. Wir wollen aber auch andere Themen in 2016 diskutieren: die wirtschaftliche Entwicklung, Innovation, außenpolitische und außenwirtschaftliche Vernetzung: Wir werden die Megatrends der Zukunft ansprechen. Daher werden wir das Wachstum der Weltbevölkerung thematisieren. Denn wenn wir nicht mehr tun, um Fluchtursachen zu bekämpfen, wird der Druck auf Europa steigen. Der Aschermittwoch ist nicht nur der größte Stammtisch der Welt, sondern politische Richtungsbestimmung, daher werden wir unsere Agenda für das Jahr 2016 darlegen.

Was können wir denn ansonsten vom Aschermittwoch erwarten?

Scheuer: Lassen Sie sich überraschen. Es wird sicher wieder ein großer Aschermittwoch werden. Unsere Gesellschaft ist hoch politisiert. Wir werden hier die Antworten liefern.