Interview

Blutspende digital: „Community mit 300.000 Nutzern“


Wir haben mit Christian Kohl vom Blutspendedienst des BRK über das Projekt "Blutspende digital" gesprochen.

Wir haben mit Christian Kohl vom Blutspendedienst des BRK über das Projekt "Blutspende digital" gesprochen.

Von Stefan Karl

Mit einem neuen Service möchten die Verantwortlichen des Roten Kreuzes auch in Ostbayern ihre Blutspender "bei der Stange halten" - und am besten neue gewinnen.

Wir haben mit Christian Kohl, dem Leiter der Abteilung Marketing und Kommunikation beim Blutspendedienst des Bayerischen Roten Kreuzes gesprochen. Über Vorteile, Datenschutz - und warum der Service für manche auch zuweilen zum Dating-Portal werden kann.

BRK und DRK gehen in diesen Tagen mit dem "Blutspendeservice digital" an den Start. Was haben Blutspender davon, wenn sie sich dafür registrieren?

Christian Kohl: Die Idee dahinter ist, dass der Blutspender seine Daten schnell auf einen Blick hat. Seine Daten, das bedeutet: Wann bin ich wieder spendefähig? Wo sind Blutspende-Termine in meiner Umgebung, die ich vielleicht besuchen kann? Er kann sich zu anderen Spendeterminen, die er wahrnehmen möchte, einladen oder erinnern lassen. Er kann die Daten und Informationen zu seinem Gesundheitscheck und zu zusätzlichen Blutuntersuchungen dort speichern. Er kann dort eine Spende-Historie aufbauen. Es gibt ein Forum, in dem man sich mit anderen Blutspendern austauschen kann, das heißt: Alle Informationen rund um die Blutspende sind auf einen Blick verfügbar.

Klingt nach einer Menge Daten, die dabei erhoben und gespeichert werden. Wie geht das mit den neuen Vorgaben zu Datenschutz und Datensicherheit zusammen?

Christian Kohl: Wir nutzen verschlüsselte Datenbanken und arbeiten intensiv mit Datenschützern zusammen, auch mit IT-Dienstleistern, die uns in dieser Hinsicht beraten. Die Daten sind sehr sicher und verschlüsselt abgelegt.

Blutspender: Eine "besondere Community"

Was das Forum betrifft: Haben sich Blutspender tatsächlich so viel zu sagen?

Ich glaube, das kann man auf den Blutspendeterminen ganz gut erkennen. Das ist immer in gewisser Weise ein Happening. Man trifft sich, man bleibt vielleicht nachher auch noch sitzen auf ein alkoholfreies Weißbier, man nutzt die Gelegenheit, sich auszutauschen. Das findet natürlich nicht nur bei den Terminen selber, sondern auch digital statt. Der Spenderservice löst eine Vorgängerversion ab, das sogenannte blutspender.net, dort gab es 300.000 Nutzer aus ganz Deutschland, die sich dort schon rege unterhalten haben. Es geht einmal natürlich um die Blutspende an sich, um Informationen zur Blutspende. Es gibt aber auch immer mal wieder Verabredungen, das kann auch schon durchaus mal in Richtung Dating genutzt werden. Das ist eine schöne Community, die da gewachsen ist.

Was sind denn die Voraussetzungen, um Teil dieser Community zu werden?

Für die Registrierung benötigen Sie eine Spendernummer, das heißt: Sie müssen einmal bereits Blut gespendet und am besten einen Blutspendeausweis haben. Mit diesen Daten kann man sich registrieren und ist dann eigentlich schon drin. Im Forum kann jeder, auch ohne Registrierung, mitmachen. Ich denke, es ist wichtig, dass Informationen wie zum Beispiel der Ablauf der Blutspende für jeden zugänglich sind. Für die Zukunft ist geplant, das Forum auch noch weiter zu öffnen. Es soll natürlich bald noch mehr Informationen für potenzielle oder interessierte Spender geben.

Kein Engpass, aber nie genug

Gerade im Sommer, bedingt durch Ferien und Hitze, geht die Zahl der Blutspenden eher zurück. Ist das auch in diesem Jahr so?

Wir sind weit entfernt von einem Engpass oder einer Notsituation, das möchte ich betonen. Wir sind sehr, sehr dankbar, dass trotz des guten Wetters und auch der herannahenden Ferienzeit viele Leute zum Spenden gekommen sind. Um es vielleicht im Fußball-Jargon zu sagen: Nach der Spende ist vor der Spende. Es werden in Bayern jeden Tag 2.000 Blutkonserven benötigt, das heißt: jeden Tag müssen 2.000 Menschen zur Blutspende kommen. Das kann sehr schnell in eine kritische Situation umschlagen. Zurzeit sind die Puffer gefüllt, für die Sommerferien, da sind viele Menschen weg und können nicht zur Blutspende kommen. Es ist auch wichtig, dass wir vorbereitet sind auf Großschadenslagen, also: Katastrophen mit vielen Schwerverletzten - die Versorgung muss immer gewährleistet sein. Daher würde ich appellieren an alle, Blutspendetermine wahrzunehmen vor dem Urlaub und am besten danach auch.

"Jeder Dritte einmal im Leben auf Blutspende angewiesen"

Also Engpässe gibt es nicht, aber man kann auch nie "genug" Blut haben…

… genau, wir haben diesen Tagesbedarf 2.000, der ist auch relativ konstant. Blutkonserven haben nur eine Haltbarkeit von 42 Tagen. Da ist ein hoher Durchlauf, wird können Blut nicht einfrieren oder für schlechte Zeiten ins Regal legen und deswegen ist ein konstantes Engagement der Blutspender extrem wichtig. Hinzu kommt: Wir haben eine überalterte Gesellschaft und die Volkskrankheit Krebs. Die Krebstherapie ist das Haupteinsatzgebiet von Blutprodukten. Fast 20 Prozent der Blutspenden werden Chemotherapien und so weiter benötigt. Wir haben immer mehr Patienten, immer mehr potenzielle Empfänger und der Nachwuchs fehlt. Das soll daher auch noch mal ein Appell besonders an junge Menschen sein: Ab 18 darf man spenden und jeder Dritte ist statistisch gesehen einmal in seinem Leben auf eine Blutspende angewiesen.

Fast 20 Prozent der Blutkonserven kommen in der Krebstherapie zum Einsatz.

Fast 20 Prozent der Blutkonserven kommen in der Krebstherapie zum Einsatz.