Glutofen Tokio

Hitze macht deutschen Athleten zu schaffen


Weil ihnen aufgrund der Hitze das Verbindungsband aus den Händen flutschte, wurde das deutsche Duo Marcel Boettger (l.) und Alexander Kosenkow disqualifiziert.

Weil ihnen aufgrund der Hitze das Verbindungsband aus den Händen flutschte, wurde das deutsche Duo Marcel Boettger (l.) und Alexander Kosenkow disqualifiziert.

Von sid

Die Bilanz des deutschen Teams bleibt auch nach dem dritten Wettkampftag der Paralympics bescheiden - und vor den Ausdauerwettkämpfen bereitet auch noch die Hitze Sorgen.

Das erste deutsche Gold lässt weiter auf sich warten, die Medaillenausbeute bleibt mit zweimal Bronze mager - und pünktlich zum Start der Ausdauerwettkämpfe ächzen die Paralympics auch noch unter brutalen Verhältnissen: Bei 35 Grad im Schatten und über 80 Prozent Luftfeuchtigkeit wird jede Disziplin zur Mammutaufgabe. Der Glutofen von Tokio forderte auch im deutschen Team am Freitag die ersten Opfer.

So flutschte dem Leichtathleten Marcel Böttger und seinem Guide Alexander Kosenkow über 100 m das Verbindungsband aus den Händen - das Duo wurde disqualifiziert. "Wir schwitzen hier so sehr, deshalb bin ich beim Zieleinlauf aus dem Band gerutscht. Das ist sehr ärgerlich und unbegreiflich", haderte Böttger. Auch Kosenkow war fassungslos. "Das ist uns noch nie passiert, selbst im Training nicht", sagte der ehemalige Olympiasprinter.

Hände "komplett nass"

Die Hände seien bei diesem Klima "komplett nass", führte der von der Bundeswehr geförderte Routinier weiter aus: "Man muss es fester halten als sonst. Aber beim Sprinten versucht man nicht zu verkrampfen und lässt mal ein bisschen locker."

Nie locker lassen dürfen die Ausdauerathleten. Ab dem Wochenende sind Leichtathleten, Triathleten und Radfahrer auf der Straße gefordert - und die Temperaturen bleiben jenseits der 35 Grad.

Der deutsche Rio-Champion Martin Schulz hat sich für seinen Wettkampf am Sonntag (8.30 Uhr Ortszeit) speziell auf die Gluthitze vorbereitet. "Ich habe gelegentlich im Schwimmbad mein Fahrrad aufgestellt", erzählte der Triathlet: "Dazu habe ich Einheiten im Hitzezelt mit Luftbefeuchter und Heizstrahler gemacht. Da waren 38 Grad und 80 Prozent Luftfeuchtigkeit."

Er halte das Schwimmen im warmen Wasser "für das Herausforderndste", führte er weiter aus. Auch Denise Schindler ging in der Vorbereitung besondere Weg. Sie stellte ihr Fahrrad kurzerhand bei 70 Grad in der Sauna auf und testete sogar die beste Kühlstrategie aus. Nach Bronze auf der gut klimatisierten Bahn kann sie nun auf der Straße beweisen, dass es etwas gebracht hat.

"Durch die Feuchtigkeit fangen auch die Prothesen an zu rutschen"

Selbst bei Weitsprung-Weltrekordler Markus Rehm sorgen die hohen Temperaturen für Sorgenfalten. "Durch die Feuchtigkeit fangen auch die Prothesen an zu rutschen. Das ist schon ein Problem", sagte der 33-Jährige. Wobei er selbst bislang bei Hitze "immer ganz gut geliefert" habe.

Im gut klimatisierten Tokyo Metropolitan Gymnasium blieben derweil die deutschen Tischtennisspieler in der Erfolgsspur. Valentin Baus gewann am Donnerstag sein Viertelfinale und wahrte damit seine Chance auf Gold. Da kein kleines Finale ausgespielt wird, hat er wie Stephanie Grebe Bronze bereits sicher.

Den Rollstuhlbasketballern gelang derweil in ihrer Hammergruppe ein 71:59 (31:28)-Überraschungserfolg gegen Weltmeister Großbritannien. Taliso Engel bewies über seine Nebenstrecke 400 m Freistil als Sechster seine Topform, Isabelle Foerder sprintete über 100 m als Vierte knapp an einer Medaille vorbei. Die hoch gehandelten Brussig-Schwestern Carmen und Ramona blieben im Judo ohne Edelmetall.

Am Samstag dürfte das Warten auf die erste Goldmedaille dann ein Ende haben, Weitsprung-Weltrekordler Leon Schäfer ist in seiner Startklasse der große Favorit. Doch auch er wird erst mit der Hitze klarkommen müssen.