Gesundheitsminister Spahn

Corona-Testpflicht für Rückkehrer aus Risikogebieten ab Samstag


Ordnet Testpflicht für Rückkehrer aus Risikogebieten ab Samstag an: Jens Spahn (CDU), Bundesminister für Gesundheit.

Ordnet Testpflicht für Rückkehrer aus Risikogebieten ab Samstag an: Jens Spahn (CDU), Bundesminister für Gesundheit.

Von mit Material der dpa

Urlauber aus Corona-Risikogebieten müssen sich ab diesem Samstag bei der Rückkehr nach Deutschland auf das Virus testen lassen - außer, sie haben schon ein frisches negatives Ergebnis dabei.

Mit den kostenlosen Pflichttests gehe man bei Heimkehrern aus Gebieten mit vielen Infizierten "auf Nummer sicher", sagte Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Test-Verweigerern sollen Bußgelder drohen. Freiwillig können sich bereits seit vergangenem Samstag alle Einreisenden kostenlos testen lassen.

Spahn sagte zur Testpflicht: "Mir ist sehr bewusst, dass das ein Eingriff in die Freiheit des Einzelnen ist." Es sei aber ein zumutbarer Eingriff. "Freiheit heißt nicht immer nur Freiheit für mich alleine." Wer aus Risikogebieten kommt, muss sich bisher für 14 Tage in häusliche Quarantäne begeben und beim Gesundheitsamt melden. Das soll sich mit der Testpflicht für Rückkehrer aus etwa 130 Ländern nun ändern. Die Neuregelungen im Überblick:

DIE TESTS: Für Rückkehrer aus Risikogebieten gibt es künftig zwei Möglichkeiten: Entweder sie lassen sich schon im Urlaubsland in den 48 Stunden vor der Abreise testen. Dann müssen sie den Test aber selbst bezahlen. Oder sie lassen sich bis zu drei Tage nach der Rückkehr in Deutschland testen. Das ist dann kostenlos.

In häuslicher Quarantäne muss man ab Samstag nur noch bleiben, bis das Testergebnis da ist. In der Regel dauert das laut Gesundheitsministerium 24 bis 48 Stunden.

Möglich sein sollen Tests etwa an Flughäfen, Bahnhöfen und anderen Reiseknotenpunkten, in Gesundheitsämtern oder Arztpraxen. Teststellen soll man zudem unter der ärztlichen Servicetelefonnummer 116 117 erfragen können. Spahn bat um Verständnis, dass es in der Aufbauphase teils organisatorisch "ruckeln" könne oder zu Wartezeiten komme.

Die Testpflicht gilt nicht, wenn man ohne Zwischenaufenthalt durch ein Risikogebiet reist.

DIE KOSTEN: Alle Urlauber-Tests in Deutschland bezahlen zunächst die gesetzlichen Krankenversicherungen, der Bund übernimmt die Kosten dann aber über einen schon besiegelten höheren Milliardenzuschuss. Pro Test sind vorerst 50,50 Euro für Laborleistungen angesetzt, hinzu kommen 15 Euro für die Ärzte, die die Tests abnehmen. Einreisenden, die sich trotz Aufforderung nicht testen lassen, drohen Bußgelder von bis zu 25 000 Euro - die verhältnismäßige Höhe liegt aber in der Hand der Behörden, wie Spahn sagte. Auch Stichprobenkontrollen sollen kommen.

In den Urlaubsländern sind die Kosten für die Tests sehr unterschiedlich. In der Türkei werden beispielsweise 15 bis 30 Euro fällig.

Spahn verteidigte am Dienstag erneut die Finanzierung auf Steuerzahlerkosten. Tests dürften nicht zur sozialen Frage werden, zumal sich viele Menschen Reisen hart erspart hätten. Debatten, Urlauber sollten selbst zahlen, stellten das Solidarsystem in Frage. "Das ist in etwa so populistisch wie der Ansatz: Wer sich den Skiurlaub leisten kann, der kann sich auch das gebrochene Bein leisten."

Die FDP pochte dagegen darauf, dass solche Tests selbst bezahlt werden sollten. FDP-Fraktionsvize Michael Theurer sagte: "Was ist sozial daran, dass Durchschnittsverdiener, die zu Hause geblieben sind, um sich und die Allgemeinheit zu schützen, für Fernreisende die Tests zahlen sollen?"

Auch die meisten Menschen in Deutschland sehen laut dem ARD-"Deutschlandtrend" die Kostenübernahme durch den Staat kritisch: Demnach antworteten 57 Prozent der Befragten, dass sie es für besser halten würden, wenn die Menschen, die in Risikogebiete reisen, die Testkosten selbst tragen würden. 39 Prozent finden es hingegen richtig, dass der Staat die Tests bezahlt.

DIE RISIKOGEBIETE: Welche Länder als Risikogebiete gelten, geht aus einer Liste des Robert-Koch-Instituts (RKI) hervor - aktuell stehen darauf etwa 130 der weltweit knapp 200 Staaten von Ägypten über Russland bis zu den USA. Aus der EU sind derzeit Luxemburg, die belgische Provinz Antwerpen und die spanischen Regionen Aragón, Katalonien und Navarra auf der Liste. Zentrales Kriterium ist, in welchen Staaten oder Regionen es in den vergangenen sieben Tagen mehr als 50 Neuinfizierte pro 100.000 Einwohner gegeben hat.

Nur wenige Länder außerhalb der EU und des grenzkontrollfreien Schengen-Raums zählen nicht zu den Risikogebieten. Darunter sind etwa die Urlaubsländer Tunesien und Thailand.

DIE REISEWARNUNGEN: Die Einstufungen als Risikogebiet durch das RKI erfolgen unabhängig von den Reisewarnungen, die das Auswärtigen Amt (AA) ausspricht. Eine Reisewarnung ist zwar kein Reiseverbot, soll aber die größtmögliche abschreckende Wirkung haben. Zugleich bietet sie deutschen Touristen die Möglichkeit, Reisen kostenlos zu stornieren.

Im März hatte das Auswärtige Amt wegen der Corona-Pandemie erstmals eine weltweite Reisewarnung ausgesprochen, die im Juni für mehr als 30 europäische Länder aufgehoben wurde. Am Dienstag folgten die ersten Regionen außerhalb Europas: Vor Reisen in vier Urlaubsregionen im asiatischen Teil der Türkei (Antalya, Izmir, Aydin und Mugla) wird nun nicht mehr gewarnt.

Das weckt Begehrlichkeiten bei anderen Ländern, die auf deutsche Touristen hoffen: Ägypten und Tunesien verlangen, dass die Reisewarnung auch für ihre Urlaubsgebiete fällt. Der ägyptische Botschafter in Berlin, Khaled Galal Abdelhamid, begründete dies mit sinkenden Corona-Infektionszahlen und weitreichenden Sicherheitsvorkehrungen für Touristen. "Wir bitten nicht um einen Gefallen. Was wir sagen, ist: Schaut Euch die Lage an und trefft eine rationale und angemessene Entscheidung", sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Ägypten ist das zweitbeliebteste Urlaubsland der Deutschen außerhalb der EU. Im vergangenen Jahr reisten 1,8 Millionen Deutsche in das nordafrikanische Land, mit seinen Stränden am Mittelmeer und am Roten Meer. Zwölf Prozent der Wirtschaftsleistung dort entfallen auf den Tourismus.

Am Donnerstag meldete sich auch der Geschäftsträger der tunesischen Botschaft, Chiheb Chaouch und verwies auf die "ausgezeichnete Bilanz" seines Landes im Kampf gegen die Pandemie. "Wir hoffen daher, dass das Auswärtige Amt auch Tunesien in eine Liste von Ländern außerhalb der Europäischen Union und des Schengen-Raums einordnet, die ein sicheres Ziel für die deutschen Reisenden sind", sagte er auf dpa-Anfrage. "Wir hoffen, dass deutsche Touristen Tunesien besuchen werden."