Umweltminister Glauber in Weltenburg

Hitzige Debatte um den Bau von Flutpoldern


Umweltminister Thorsten Glauber stellt sich den Fragen der anwesenden Kommunalpolitiker.

Umweltminister Thorsten Glauber stellt sich den Fragen der anwesenden Kommunalpolitiker.

Von Wolfgang Karl, mit Material von dpa

Unter dem Eindruck der Hochwasserkatastrophe in mehreren Bundesländern hat Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler) für den Bau von Flutpoldern entlang der Donau geworben. In Kelheim diskutierte er am Montagabend mit Kommunalpolitikern und Interessenvertretern aus Niederbayern, Oberbayern und der Oberpfalz.

Die Zufahrt zum Veranstaltungsort, dem Kloster Weltenburg, war nur schwer erreichbar, denn auch dort gibt es Hochwasser. Der Minister sieht dringenden Handlungsbedarf. Um den Bau der Hochwasserrückhaltebecken entbrannte jüngst erneut ein Streit, weil eine neue wissenschaftliche Studie die Polder an den Standorten Bertoldsheim, Wörthhof und Eltheim als wirksam einstuft. Im Koalitionsvertrag hatte die Staatsregierung den Polderbau 2018 eigentlich für erledigt erklärt. Hierauf berufen sich die Gegner der Baumaßnahme, zu denen Kommunalpolitiker, Landwirte und der Bund Naturschutz zählen.

Aus Sicht des Umweltministers sind die Flutpolder alternativlos. Er appellierte an die Solidarität der Bürger an den geplanten Standorten an der oberen Donau. Die Polder könnten im Hochwasserfall geflutet und somit Wassermengen aus dem Fluss genommen werden, um flussabwärts liegende Regionen vor Überschwemmungen zu schützen.

Glauber sicherte Landwirten, deren Äcker und Wiesen im Bereich der Polder liegen würden, eine 100-prozentige Entschädigung für Ernteausfälle zu, falls die Polder geflutet werden müssten. Zudem sollen sie eine Einmalzahlung in Höhe von 20 Prozent ihres Grundstückswertes bekommen.

Der Studie nach ist es notwendig, an den Standorten Eltheim und Wörthhof einen gemeinsamen oder allein in Wörthhof einen großen Polder mit einem Rückhaltevolumen von jeweils rund 30 Millionen Kubikmetern zu errichten. Durch diesen Polder würde Hochwasser in Straubing um 40 Zentimeter und in den Deggendorf um 24 Zentimeter reduziert werden. Der Polder in Bertoldsheim würde für Ingolstadt ein 20 Zentimeter niedrigeres Hochwasser bedeuten. Die Poldergegner setzen unter anderem auf einen dezentralen Hochwasserschutz an den Zuflüssen zur Donau.

Hier können Sie unseren Newsblog zur Veranstaltung nachlesen:

21.30 Uhr: An dieser Stelle endet die Veranstaltung - und unser Newsblog. Vielen Dank für's Mitlesen!

21.29 Uhr: Unsere Einschätzung: Man kann das Treffen als Beginn eines echten Dialogs sehen. Trotzdem sind viele Fragen offen geblieben - etwa, warum die Polder nun doch so schnell "durchgedrückt" werden sollen. Das Thema Flutpolder wird in der Region sicher auch nach diesem Abend noch für hitzige Debatten sorgen.

21.28 Uhr: In seinem Schlusswort zieht Thorsten Glauber ein Fazit: "Ich fand das heute eine sehr gute Veranstaltung, auch wenn da viele Emotionen dabei waren. Dass das nicht überall auf Wohlgefallen stößt, war mir klar."

21.27 Uhr: Zum Schluss kommt Günter Hopf noch einmal kurz auf die Öberauer Schleife zu sprechen. Er betont, diese sei in allen Berechnungen dabei gewesen - und widerspricht damit der vorangegangenen Kritik von Markus Hörner.

21.25 Uhr: Glauber antwortet: "Ich habe diesen Auftrag ausgeführt, und ich habe mich dieser Aufgabe gestellt, auch wenn ich mir damit nicht nur Freude mache. Dazu gehört, eine Grundlage zu schaffen, auf der man springen kann. Und jetzt stelle ich das dem Kabinett vor."

21.23 Uhr: Georg Böhm, Bürgermeister von Burgheim, schließt sich seinem Nachbarn Georg Hirschbeck: "Als Politiker müssen wir für Akzeptanz sorgen." An die Adresse Glauber sagt er, er habe bei ihm eine gewisse Aggressivität entdeckt, Sachen durchzudrücken. "Das ist vielleicht manchmal gut, aber ich habe den Wunsch, dass wir gemäßigter in den Dialog treten. Ihre plakativen Sätze, 'Der Hochwasserschutz beginnt vor Ort' - das weiß ich schon lange. Ich versuche seit vier Jahren, Hochwasserschutz bei uns zu bekommen, soll aber die Hälfte bezahlen. Das kann ich mir nicht leisten. 'Vor in zehn Jahren brauchen wir nicht reden', sagt mir das Wasserwirtschaftsamt - da kann ich bei meinen Bürgern nicht um Unterstützung werben."

21.09 Uhr: Professor Martin Grambow äußert sich erneut. Er sagt, der Sylvensteinspeicher sei "nicht so großzügig bemessen" - und widerspricht damit genau den Worten des Ministers, der ihn als "größten Flutpolder Bayerns" bezeichnet hatte.

21.06 Uhr: Günter Hopf erklärt noch einmal das Isarscheitelproblem: "Wenn der Isarscheitel an der Donau-Mündung ankommt, ist es gut, wenn nicht mehr so viel Donauwasser ankommt." Wie oft es vorkomme, dass beide Scheitel zusammenträfen, könne er nicht sagen.

21.03 Uhr: Glauber kommt auf die Hochwassersituation in Rheinland-Pfalz zu sprechen. Dort sei eine Gewitterzelle für Tage über 15 Landkreisen gestanden. Dort habe man nun eine ähnliche Situation wie in Bayern 2013 und müsse diese in den Griff bekommen. Dass man in Rheinland-Pfalz bereits Polder hat, die die Katastrophe trotzdem nicht verhindert haben - darauf geht Glauber nicht ein.

21:01 Uhr: Glauber antwortet Schweiger, er sei irritiert, da man in der Fläche ohnehin in den vergangenen Jahren drei Milliarden Euro ausgegeben habe. "Wir werden an dem kleinsten Gewässer noch Geld für Hochwasserschutz ausgeben. Wir machen doch schon alles."

20.59 Uhr: Schweiger beklagt, ihr habe bei Feuchtgrubers Ausführungen der Aspekt des Grundwassers gefehlt. Eine aufwendige Grundwassersimulation habe zu dem Ergebnis geführt, dass durch die Polder eine massive Anhöhung des Grundwassers entstehe. Da sei "sogar die Autobahn in Gefahr", sagt die Landrätin. Dies lasse sich zwar technisch lösen - das sei dann aber eben auch dringend notwendig.

20.55 Uhr: Landrätin Tanja Schweiger aus Regensburg fragt nach der Definition eines HQ extrem. "Wie sieht das eigentlich aus?" Da stehe die Frage im Raum, wie man zu einem Abwägungsprozess komme: "Jeder Euro kann nur einmal ausgegeben werden. Da stellt sich doch die Frage: Gebe ich das alles für ein HQ extrem aus - oder doch lieber für dezentrale Maßnahmen, die in der Fläche viel und an der Donau immer noch ein bisschen was bringen?"

20.49 Uhr: Georg Hirschbeck, der Rennertshofener Bürgermeister, hatte Rieger in der Ratlosigkeit, als er ihn nach Durchflussgeschwindigkeiten und Überflutungsflächen bei Bertoldsheim fragte. "Bei einem HQ 100 sind bei uns 2.500 Hektar überflutet - mit dem Polder noch 800 Hektar. Wir machen auch schon etwas, das müssen die Unterlieger verstehen."

20.36 Uhr: Wolfgang Rieger, Referatsleiter Hochwasserschutz vom Umweltministerium sagte, was man geplant hat, seien massive Rückhaltebecken in Nebenflüssen. "Das ist kein dezentraler Hochwasserschutz. Die simulierten Becken hatten über eine Million Kubikmeter." Die dezentralen Becken brächten bestimmt etwas gegen Starkregenereignisse. Aber gegen ein HQ100 hätten sie deutlich weniger Wirksamkeit als 50 Prozent.

Wolfgang Rieger arbeitet beim Umweltsministerium und ist dort Referatsleiter für das Thema Hochwasserschutz.

Wolfgang Rieger arbeitet beim Umweltsministerium und ist dort Referatsleiter für das Thema Hochwasserschutz.

20.27 Uhr: Stefan Kramer, ebenfalls von der IG Flutpolder, meldet sich zu Wort: "Ich bin aus Kiefenholz, wir sind 1969 abgesoffen, dann hat die bayerische Staatsregierung gesagt, ihr bekommt einen Hochwasserschutz, ihr zahlt dafür mit Fläche." Wie Thiel schon erwähnt hat, habe man 600 Hektar landwirtschaftliche Fläche für einen Damm hergegeben. Die Donau sei dann auf sieben Meter aufgestaut worden, man hoffe, dass der Damm hält. Von den 1000 Hektar der Gemarkung Kiefenholz, sagte Kramer, blieben nur noch 30 Hektar zur auflagenfreien Bewirtschaftung.

20.18 Uhr: Markus Hörner von der IG Flutpolder sagt, dass Grundlagen geschaffen werden sollten, auf denen aufbauend die Politik anschließend Abwägungen treffen sollen. "Das passiert nicht. Es wurde nur in Richtung Flutpolder argumentiert, nur auf deren technische Möglichkeit." Dabei würden nur Optimalbedingungen kommuniziert, so Hörner. An Günter Hopf gewandt sagt er: "Herr Hopf, Sie haben von 40 Zentimetern Wirkung des Wörthofer Polders gesprochen - das stimmt nicht. Da haben sie die Öberauer Schleife schon hinzugerechnet. Sehen Sie, solche Dinge sorgen dafür, dass man der Wasserwirtschaft nicht mehr vertraut."

20.15 Uhr: Der Barbinger Bürgermeister Hans Thiel stellt fest: "Der Donauausbau war ein Fehler, das wissen wir jetzt." Thiel, der selbst aus der Wasserwirtschaft kommt, sagt, seine ehemaligen Kollegen sollten nicht so feige sein.

20.13 Uhr: Passau habe bereits viel unternommen, sagt Dupper weiter. Man habe tiefliegende Baugebiete verboten und manche Gebiete höhergelegt. "Es war vielleicht ein Fehler der Kelten, uns da hinzubauen, aber jetzt sind wir halt da, das kann man jetzt auch nicht mehr rückgängig machen", scherzt Dupper.

20.05 Uhr: Der Passauer Oberbürgermeister Jürgen Dupper sagt in seiner launigen Ansprache, die Kollegen aus Schrobenhausen sollten keine Angst haben, sie würden die Badewanne Bayerns. "Diese Aufgabe ist seit Jahrhunderten vergeben, das sind wir in Passau." Er wirbt für Verständnis, dass 20 Zentimeter in Passau den Unterschied zwischen dem Erdgeschoss und dem Obergeschoss ausmachen können.

19.51 Uhr: Viele Teilnehmer kritisieren, dass die Grundlagen der Simulation falsch seien. Flutwichtige Flüsse, wie die Iller, seien nicht mit in die Simulation aufgenommen worden, dafür habe man die Donau selbst deutlich zu hoch berechnet.

19.48 Uhr: Professor Martin Grambow sagt, es fehle den vereidigten Sachverständigen jedes Motiv, die Polder einfach so zu bauen. "Mir wurden jetzt schon öfter Schläge statt Argumenten angeboten", sagt er. Das mache keinen Spaß.

19.18 Uhr: Josef Schütz meldet sich erneut. Er sagt, man habe in Wörth seit Jahrzehnten nicht an die Donau hingebaut. Er könne deswegen nicht verstehen, wieso man nun so ein massives Bauwerk bekomme, nur, damit unterhalb der Donau nahe an den Fluss gebaut werden könne.

19.15 Uhr: Josef Feuchtgruber, Leiter des Wasserwirtschaftsamtes Regensburg, entgegnet, das könne man rechnen und entsprechend bauen.

19.10 Uhr: Der Wörther Bürgermeister Josef Schütz meldet sich zu Wort. Er sagt, man habe schon beim Donauausbau gehört, dass es keine Auswirkungen auf das Wörther Grund-und Trinkwasser gebe - was nicht gestimmt hat. Es habe massive Auswirkungen geben. "Diese Studien haben oft wenig mit der Realität zu tun", so Schütz.

Josef Schütz, Bürgermeister von Wörth an der Donau, tritt ans Mikrofon.

Josef Schütz, Bürgermeister von Wörth an der Donau, tritt ans Mikrofon.

19.03 Uhr: Der in Weltenburg geborene Landtagsabgeordnete Hubert Faltermeier möchte, dass nicht mehr geredet wird, sondern die Polder endlich gebaut werden.

18.57 Uhr: Der Schrobenhausener Landrat Peter von der Grün hat für den Polder Bertoldsheim noch Fragen: Was soll die in Aussicht gestellte Scheitelreduktion von 50 Prozent in Ingolstadt in Zentimetern bedeuten? Er denkt, dass mit dem Polder Riedelsheim die Städte geschützt sind. Günter Hopf entgegnet, dass der Unterschied in Ingolstadt etwa 50 Zentimeter ausmachen würde.

18.52 Uhr: Das Staustufenmanagement bringe nur einen ergänzenden Anteil, sagt Günter Hopf, vom LFU Bayern, Abteilungsleiter für Wasserbau, Hochwasserschutz und Gewässerschutz.

18.48 Uhr: Direkt vor dem Saal im Weltenburger Haus Sankt Georg fließt die Donau vorbei und steigt noch immer leicht an, als wollte sie sagen: "Ich weiß genau, dass ihr über mich redet!"

Blick auf die Donau vom Kloster Weltenburg.

Blick auf die Donau vom Kloster Weltenburg.

18.34 Uhr: Ein Beamter des Umweltministeriums stellt die Methodik der Studie vor.

Die Präsentation beginnt.

Die Präsentation beginnt.

18.22 Uhr: An der Isar gebe es den größten Flutpolder überhaupt, sagt Glauber: Den Silvenstein-Speicher

18.21 Uhr: Glauber beginnt seine Ausführungen mit der Hochwasserkatastrophe in Fischerdorf aus dem Jahr 2013. Er betont, dass Fischerdorf kein Donau-Hochwasser war, sondern ein Dammbruch. Dennoch sagt er, es habe neue Zahlen gegeben. Er stellt die Stellschrauben der Untersuchung dar. In der Fläche an Naab und Regen habe man an der Donau nur eine 50-prozentige Wirkweise, wie bei einem Flutpolder direkt an der Donau. Allerdings spricht er nur von diesen beiden Flüssen. Eine Erhebung über alle Zuflüsse ist nicht erfolgt.

18.15 Uhr: Jetzt spricht Umweltminister Thorsten Glauber.

18.14 Uhr: Die Reihen füllen sich.

Bürgermeister, Landräte und Landespolitiker: Ein starkes Teilnehmerfeld aus Ober- und Unterliegern nimmt teil.

Bürgermeister, Landräte und Landespolitiker: Ein starkes Teilnehmerfeld aus Ober- und Unterliegern nimmt teil.

18.08 Uhr: Glauber ist stilecht im E-Dienstwagen angekommen. Vor den wartenden Reportern betont er, dass er heute Abend seine Meinung noch einmal deutlich machen will. Auf die Frage, ob die Polder-Entscheidung noch vor der Sommerpause fallen wird oder nicht, weicht er jedoch aus.

17. 47 Uhr: Die geplante Demonstration der IG Flutpolder wurde leider abgesagt. Ursache ist ausgerechnet eine Hochwasserwelle, die sich an der Donau aufbaut. Das Wasser soll bis 18 Uhr steigen - genau dann soll der Dialog mit Umweltminister Thorsten Glauber beginnen. Das entbehrt nicht einer gewissen Ironie.