Garmisch-Partenkirchen

Zugunglück: Trauer und Suche nach den Ursachen


Kerzen brennen in der Nähe der Unglücksstelle.

Kerzen brennen in der Nähe der Unglücksstelle.

Von dpa

Fünf Tage nach dem Zugunglück mit fünf Toten bei Garmisch-Partenkirchen gehen die Aufräumarbeiten an der Unfallstelle weiter. Die Soko "Zug" konzentriert sich auf die Suche nach der Ursache. Der Fokus richtet sich auf technische Probleme.

Nach dem Zugunglück bei Garmisch-Partenkirchen sind Ermittler der Soko "Zug" weiter an der Unfallstelle mit Untersuchungen beschäftigt. Die Suche nach den Ursachen steht nun für Beamte und Sachverständige im Mittelpunkt. Die Lok und ein Waggon waren am Mittwoch noch immer auf dem Gleis. Die Unfallstelle war noch immer nicht vollständig freigegeben - die Bergung wird aber laut einem Bahnsprecher vorbereitet. Für die Opfer wird es am Samstag einen ökumenischen Trauergottesdienst geben.

Ministerpräsident Markus Söder (CSU) ordnete für Samstag Trauerbeflaggung aller staatlichen Dienstgebäude in Bayern an. Auch unter anderem Gemeinden, Landkreise und Bezirke bat er, so zu verfahren.

Hinweise auf technischen Defekt

Der Regionalzug von Garmisch-Partenkirchen nach München war am Freitag kurz nach der Abfahrt entgleist. Vier Frauen und ein 13-Jähriger aus der Region starben. Unter den Toten sind zwei Mütter aus der Ukraine, die mit ihren Kindern vor dem Krieg geflüchtet waren. Eine weitere Frau war auch am Mittwoch noch in kritischem Zustand.

Warum der Zug entgleiste, ist derzeit Gegenstand der Ermittlungen. Es mehren sich jedoch Hinweise auf einen technischen Defekt - diese Auffassung äußerten in den vergangenen Tagen unter anderem Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter und Innenminister Joachim Herrmann (beide CSU). Dabei scheinen vor allem Schienen und Fahrgestelle ins Zentrum der Untersuchungen zu rücken. Die vom Unfallort abtransportierten Fahrgestelle wurden sichergestellt.

Der Professor für das Fachgebiet Schienenfahrzeuge an der TU Berlin, Markus Hecht, sagte der "Wirtschaftswoche", defekte Schienen seien die wahrscheinlichste Ursache. "Es kommt eigentlich nur eine Gleisverwerfung als Ursache in Frage." Dabei verformten sich die Schienen wie ein S. "Ein darüberfahrender Zug wird dann nach links und rechts geschüttelt. Je nach Geschwindigkeit, Drehgestellabstand und Höhe des Zuges drücken dann enorme Kräfte auf die Fahrzeuge", sagte Hecht der Zeitung. "Die Gleise verformen sich oft erst in dem Moment, wenn ein Zug über die Gleise fährt. Deshalb bleibt das Führungsfahrzeug auf der Schiene stehen." Ursache könne etwa ein Instandhaltungsfehler am Gleis sein.

Doppelstockwagen wie in Garmisch-Partenkirchen seien in begrenztem Maße anfälliger für solche Gleisverwerfungen. Ein Grund seien längere Abstände zwischen zweiter und dritter Achse als bei anderen Fahrzeugen, erläuterte Hecht auf Nachfrage.

Ermittlungen gegen drei Bahn-Mitarbeiter

Die Staatsanwaltschaft München II ermittelt gegen drei Mitarbeiter der Deutschen Bahn wegen des Anfangsverdachts der fahrlässigen Tötung. Bis zum Abschluss der Ermittlungen bleibe offen, ob die Bahn-Mitarbeiter tatsächlich Mitschuld trügen, betonte eine Sprecherin der Anklagebehörde. "Es gilt auch hier wie stets in solchen Fällen die Unschuldsvermutung bis zum endgültigen Abschluss des Verfahrens."

Am Samstag wollen der Erzbischof von München und Freising, Kardinal Reinhard Marx, und der evangelische Regionalbischof Christian Kopp den Gottesdienst mit Hinterbliebenen, Überlebenden, Rettungskräften sowie weiteren Gläubigen feiern. Auch Vertreter der Staatsregierung werden erwartet. Da unter den Opfern zwei Frauen sind, die vor dem Krieg in der Ukraine geflohen waren, werden im Rahmen des Gottesdienstes auch Gebete in ukrainischer Sprache vorgetragen.

Seit Mittwoch sind die Bundesstraße 2 und der Tunnel Farchant am Unglücksort wieder befahrbar. Die tagelangen Verkehrssperren entlang der vielbefahrenen Route in der Ferienregion wurden aufgehoben, wie das Polizeipräsidiums Oberbayern Süd mitteilte.

Wann die Bahnstrecke wieder freigegeben wird, ist offen. Dem Vernehmen nach könnte sie möglicherweise erst nach dem G7-Gipfel Ende Juni wieder befahrbar sein. Allein der Abtransport der Lok wird noch dauern. Die Unfallstelle sei noch nicht vollständig freigegeben, sagte ein Bahnsprecher am Mittwoch auf Anfrage. "Lok und Wagen müssen nach der Freigabe von Norden kommend über die Schiene geborgen werden. Hierzu muss jedoch zunächst das Gleis instandgesetzt werden, damit unser Schienenkran zur Unfallstelle gelangen kann." Die Instandsetzung solle im Laufe der nächsten Tage beginnen.