Fremdsprachen-Industriekauffrau

Vormittags USA, nachmittags China, dazwischen Europa


Der Auslandsaufenthalt war für Eva Körner (rechts) der Höhepunkt der Ausbildung. Zwei Wochen verbrachte sie davon in London.

Der Auslandsaufenthalt war für Eva Körner (rechts) der Höhepunkt der Ausbildung. Zwei Wochen verbrachte sie davon in London.

Eva Körner ist Fremdsprachenindustriekauffrau bei der Firma Wallstabe & Schneider. Sie betreut Kunden aus vielen Ländern der Welt. Auch privat reist sie unheimlich gerne. Ihr England-Aufenthalt während der Ausbildung war deshalb ihr Highlight.

Wenn Eva Körner morgens ihr Mail-Programm öffnet, hat sie viele Nachrichten. "Die sind meist von den Kunden aus Amerika, die wegen der Zeitverschiebung über Nacht eingelaufen sind", sagt die 20-Jährige. Diese bearbeitet sie am Vormittag, nimmt die Bestellungen entgegen, macht Angebote und leitet die Produktion ein. Im Laufe des Tages kommen dann E-Mails von Kunden aus China und Asien sowie aus vielen europäischen Ländern dazu.

Eva Körner aus Bogen ist Fremdsprachenindustriekauffrau und arbeitet bei der Firma Wallstabe & Schneider in Niederwinkling. Das Unternehmen entwickelt und produziert Gummi-dichtungen für die Automobilindustrie. Diese werden an Kunden weltweit verkauft. Eva Körner arbeitet im Vertrieb und erhält also etwa die Anfrage eines Kunden, der eine gewisse Menga an Dichtungen benötigt und wissen möchte, wie viel diese kosten. Manchmal haben die Kunden auch spezielle Wünsche an das Material oder die Form. Diese Anfrage stimmt Eva Körner direkt mit den Entwicklungsabteilungen ab. "Ich begleitete den ganzen Prozess bis zur Serienlieferung an unsere Kunden", erklärt sie ihre Arbeit.

Speziell Umgang mit ausländischen Kunden gelernt

Im Prinzip ist das die typische Tätigkeit einer Industriekauffrau. Doch Eva Körner hat während ihrer Ausbildung eine Zusatzqualifikation erhalten: Sie hat speziell den Umgang mit ausländischen Kunden gelernt. An der Berufsschule in Passau war sogenanntes Business Englisch wichtiger Bestandteil des Unterrichts. Dort lernte sie bestimmte Phrasen und Fachvokabeln, die Eva in der Industrie benötigt, um mit den Kunden zu kommunizieren - schriftlich und mündlich.

Die Ausbildung zur Fremdsprachenindustriekauffrau gibt es noch nicht lange. Bei Wallstabe & Schneider ist Eva Körner der zweite Jahrgang. Sie trifft mit zunehmender globaler Ausrichtung fast aller Industrieunternehmen den Nerv der Zeit. Unterscheiden muss man Evas Beruf von der Eurokauffrau/mann. "Auszubildende zur Eurokauffrau müssen zwei Sprachen können. Die Fremdsprachenindustriekauffrau nur eine." Sie selbst habe während ihrer Schulzeit die Stellenanzeige für Fremdsprachenindustriekauffrau in der Zeitung gelesen und sich nach eingehender Information dafür entschieden. Die Ausbildung kombiniert den Beruf Industriekauffrau mit dem Beruf Fremdsprachenkorrespondent. "Viele in meiner Berufsschulklasse hatten sich etwas mehr Umgang mit der Sprache gewünscht. Sie waren überrascht, dass der Schwerpunkt doch stärker auf dem Betriebswirtschaftlichen liegt", berichtet Körner. Aber genau das passte zu ihr. Zweieinhalb Jahre dauert die anspruchsvolle Ausbildung. An die betriebswirtschaftlichen Prüfungen schließen sich die sprachlichen Prüfungen an: mündlich und schriftlich. Abgenommen werden sie von der Industrie- und Handelskammer. Eine Dozentin von dort bereitet die Berufsschüler während der Berufsschulzeit darauf vor. Die Anforderungen sind herausfordernd: "In englischer Grammatik sollte man schon sicher sein. Denn Grundlagen werden einem dort nicht mehr beigebracht", erinnert sich Eva Körner. Eine gewisse sprachliche Begabung gehört also zu den Voraussetzungen, ebenso wie Aufgeschlossenheit für andere Kulturen. Aber man sollte auch Interesse an den wirtschaftlichen Aspekten haben.

Highlight: Auslandsaufenthalt

Der Beruf ist im Kommen: Von ihren Vorgänger-Lehrlingen weiß sie, dass damals noch gar keine komplette Klasse an Fremdsprachenindustriekauffrauen und -männern zustande kam. Sie selbst war dann jedoch schon mit 25 Auszubildenden in der Klasse. Um eine Stelle zu finden, werden Interessenten möglicherweise ein bisschen recherchieren müssen. Noch wird sie nicht so häufig angeboten.

Das Highlight der Ausbildung war für Eva der vierwöchige Auslandsaufenthalt in England. Dabei hat Eva Körner zwei Wochen ein englisches College besucht und zwei Wochen ein Praktikum bei einer Firma absolviert. Gewohnt hat sie jeweils bei Gastfamilien. "Das hat mir wahnsinnig gut gefallen", schwärmt sie. Die College-Wochen in London entsprechen einem zweiwöchigen Intensivkurs, an dessen Ende man eine Prüfung absolvieren muss. Noch spannender fand die 20-Jährige aber das Arbeiten in einem Unternehmen in Plymouth in Südengland. Der lockere Umgang der Mitarbeiter untereinander, der Umgang mit den Chefs, die einen sogar mit Spitznamen ansprechen, aber auch die etwas andere Arbeitsmoral - das alles war neu und ungewohnt für Eva Körner, aber auch extrem faszinierend. Ihre Augen glänzen, während sie davon erzählt. Die Kosten für Flug und Aufenthalt hat übrigens der Betrieb übernommen. Die Berufsschule hat das Praktikum vermittelt.

Auch innerhalb des Betriebs war Eva bereits im Ausland - damals in Italien bei einem Fertigungspartner. Die Auslandsreisen könnte in den kommenden Jahren noch mehr werden. Wallstabe & Schneider hat seit Kurzem ein Produktionswerk in Mexiko und ein Partner-Unternehmen in Indien. Die Kunden kommen sowieso von überall. Eva Körner würde das gefallen. Sie reist auch privat gerne und interessiert sich für andere Länder und Kulturen.

Weiterbildung zum Betriebswirt

Im Moment bleibt dafür aber nicht viel Zeit: Direkt nach dem Abschluss ihrer Ausbildung im Sommer 2014 hat die Jahrgangsbeste mit einer eineinhalbjährige Weiterbildung zum technischen Fachwirt begonnen. Immer am Dienstag nach der Arbeit und an den Samstagen ist sie deshalb in der Schule. Am Wochenende und während ihres Urlaubs muss sie oft lernen. Nach dieser Weiterbildung könnte sie auch noch den Betriebswirt machen und studieren. Fachoberschule und dann Studium war einstmals ihr Plan. Doch bei der Ausbildung hat sie genau das gefunden, was ihr gefällt. Ein Studium ist für sie deshalb inzwischen nicht mehr so wichtig.

Innerhalb des Unternehmens eröffnen sich ihr ebenfalls Aufstiegsmöglichkeiten. Im Moment ist sie Vertriebs-assistentin. Der nächste Schritt wäre die Sachbearbeiter-Ebene. Eva Körner wird sicher am Ball bleiben. Das wird der engagierten, weltoffenen und reisefreudigen jungen Frau wahrscheinlich nicht mal schwer fallen. Schließlich hat sie ja ihre Leidenschaft zum Beruf gemacht.

sized

Dieser Schreibtisch ist Eva Körners Arbeitsplatz. Von hier aus nimmt sie Kunden-Anfragen entgegen, erstellt Angebote und koordiniert die Auftragsabwicklung.

sized

Manche Informationen lassen sich mit den Kunden besser im direkten Gespräch abklären. Weil ausländische Kunden aber nicht mal eben vorbei kommen können, führt Eva oft Telefonkonferenzen.