Besonders herausragend

Freigeister: Andrea Limmer schreibt über besondere Menschen


Andrea Limmer widmet sich nicht mehr ihren monatlichen Zeitreisen. Ab sofort berichtet sie über Freigeister.

Andrea Limmer widmet sich nicht mehr ihren monatlichen Zeitreisen. Ab sofort berichtet sie über Freigeister.

Von Andrea Limmer

Leset zuhauf, Fanfaren und Harfen spielt auf! Die neue Rubrik ist da, tadaaa: Freigeister. Sie beschäftigt sich mit dem Besonderen, allem, was an Taten, Persönlichkeit, Gedanken aus dem Schwarm herausragt. Denn Andrea Limmer schreibt über Menschen, die nicht mit dem Strom schwimmen.

Chronisch dem Worte verschrieben - Der Schreiber Fredegar ist der Freigeist im August

Aus is': Mit diesem Freigeist verabschiedet sich Andrea Limmer von Freischreiben. Doch bevor sie geht, kürt sie ein letztes Mal den Freigeist des Monats. Im August hat sich der Schreiber Fredegar den Titel verdient.

Ein Autor, der ein Jahrhundertwerk verfasst und selbst über die Jahrhunderte unbekannt bleibt? Das erzeugt wohl ungläubige Hashtags in unseren Zeiten, da ein jeder Facebook-Post über Verdauung oder Make-up goldenes, geistiges Eigentum ist und urheberrechtlich geschützt sein soll. Aber so ist es passiert und steht es geschrieben - beziehungsweise eben nicht hinsichtlich des Autorennamens.

Gemeint ist der Schreiber Fredegar, dessen gleichnamige Chronik die Geschichte Frankreichs im siebten Jahrhundert erzählt. Sein Name ist wie schon erwähnt alles andere als sicher überliefert, aber irgendwie muss man ihn ja nennen und "Dertypderdamalsdenmörderschinkenüberfrankreichgeschriebenaberseinennamenüberdemtitelvergessenhat" ist ein bisschen lang.

Kurz zur Chronik, die auch "Fränkische Trojasage" genannt wird: Sie ist unter anderem eine offenbar unterhaltsame Beschreibung der damaligen Eroberungszüge, Intrigen und dem Leben der Aristokraten. Unterhaltsam, weil sich Fredegar liebend gern mit den Schwächen diverser Herrscher oder dem politischen Einfluss von Frauen befasst hat. Satire alter Schule, quasi. Und all dies ist obendrein gewürzt mit den Eigeninteressen einer Herrscherfamilie, die aus dem Sturz des einst machtvollen Hausmeisters Grimoald entspringen.

Drei Verfasser hinter der Chronik

Freilich gibt es zu der Person des Verfassers Theorien seitens entsprechender Experten wie dem Historiker und Archivar Bruno Krusch. Dieser vermutete drei Verfasser hinter der Chronik, wobei der dritte davon die ersten beiden Teile auch noch ins Reine geschrieben haben soll. Danach schrieben andere Forscher das Ergebnis von Krusch ins Reine und inzwischen stellt man sich nur noch einen Autor am Schreibpult vor, der um 659 inmitten adliger Kreise vor sich hin chronisierte. Seine Schriften sollen zudem reges Interesse am Dienstzweig der Verwaltung aufzeigen. Er könnte also dort tätig gewesen sein - oder aber auch ein früher Unternehmensberater (meine Theorie). Zudem übersiedelt(en) Fredegar oder die Fredegaren, je nach Experten-Ergebnis, ins nördliche Frankreich, wo auch die Hauptleserschaft der Chronik gelebt haben müsste. #fakenews schrillt es sofort im modernen Hirn los, bei all dem "könnte" oder "soll". Aber wäre es nicht einmal erbaulich, wenn auf dem Smartphone die Meldung aufploppt: "Rudi könnte einen Schmarrn gepostet haben." Oder: "Steffi soll Schnuten-Selfie spammen." Dann würde man nämlich ganz sicher wissen, dass man dieses Werk nicht unbedingt sichten muss.

Außerdem zeigt uns das große Rätselraten um Fredegar auf, was wirklich wichtig ist: das Werk. Nicht der Autor. Das Werk ist unvergänglich als Quelle des Wissens, wenn der Autor schon längst zu seiner staubigen Urform zurückgefunden hat.

Abschied von Freischreiben

Apropos Ende: Ich verabschiede mich nun indes (laut gesicherten Quellen) mit diesem Freigeist von meinem chronischen Freischreiben beziehungsweise von den einstigen Päpp-Lesern. Es hat mir viel Spaß gemacht, für euch kuriose, lustige oder anrührende Geschichten aufzuschreiben. Danke für die Aufmerksamkeit, den Zuspruch, das Lob und die Kritik.

Freie Fahrt voraus: In Saudi Arabien dürfen Frauen nicht Auto fahren - Aktivistin Ludschain al-Hathlul protestiert dagegen

Frauenwitze à la "Frau am Steuer: Ungeheuer!" sind schlimm? Es geht noch schlimmer, das beweist Andrea Limmer. In Saudi Arabien ist es Frauen verboten, Auto zu fahren. Seit Jahren gibt es dagegen Proteste. Deshalb ist Andreas Freigeist im Juni Aktivistin Ludschain al-Hathlul.

Es gibt immer noch Männer, die mit Vorliebe Frauenwitze erzählen - und ich meine jetzt privat, nicht beruflich wie der Großmeister des #genderdissing namens M. Barth. Diese humoristischen Glanzleistungen, die oft an Stammtischen Pflicht zu sein scheinen und so alt sind, dass sie mehr als einen Damenbart tragen, drehen sich vor allem um das Aussehen und die oft anerzogene, komplexbeladene Selbstwahrnehmung von Frauen sowie um ihre Intelligenz, die freilich gemäß diesen delikaten Späßen wenig bis überhaupt nicht vorhanden ist. Bei der Intelligenz wiederum fokussieren die Possenreißer das räumliche Denken und das Autofahren.

"Frau am Steuer: Ungeheuer!" Oder: "Frau am Steuer: Das wird teuer!" - Diese kleinen Gedichte lernte man in meiner Generation schon als Kind. Wobei es den Poeten plötzlich relativ wurscht war, ob die Frau am Steuer saß, wenn sie von einem Stammtisch oder Bierfest heimgefahren werden wollten. Es geht aber wie immer noch schlimmer, sagt euch die Limmer.

Frauen drücken aufs Gas

In Saudi Arabien, wo man den Islam ultrakonservativ auslegt und -lebt, ist es Frauen per Gesetz verboten, Auto zu fahren - wie so vieles andere auch. Dagegen aber erhebt sich seit ein paar Jahren Protest und die Frauen drücken aufs Gas. Dafür nehmen sie sogar die Gefährdung von Freiheit und Gesundheit auf sich.

Am Sonntag, 4. Juni, ist wieder eine Frauenrechtlerin festgenommen worden: die Aktivistin Ludschain al-Hathlul. Sie ist von den Behörden in der Stadt Damman festgenommen worden und soll als Stellvertreterin für ihre Mitstreiterinnen unser Freigeist des Monats sein.

Es gab bereits mehrere Protestaktionen. Die Folgen sind nicht immer absehbar. 2011 erlaubte sich Samar Badawi das Steuer zu übernehmen. Dafür bekam sie zehn gerichtlich angeordnete Peitschenhiebe. Eine groß angelegte Protestfahrt zwei Jahre darauf verlief ohne weitere Folgen, abgesehen von offiziellen, behördlichen Drohungen. Wenn sich die Protestfahrerinnen hinter das Steuer setzen, nehmen sie Bilder oder Videos auf, die sie ins Netz stellen, um ihren Widerstand öffentlich zu machen.

Mehrere Monate in Haft

Ludschain al-Hathlul ist am Tag nach der Festnahme nach Riad gebracht worden. Sie saß vor drei Jahren bereits mehrere Monate in Haft. Warten wir ab, was oder wer alles in Fahrt kommt. Denn es denkt sich nun so manch ein Sexist, Chauvie oder sonst wie gearteter Frauenunterdrücker sicherlich: "Jetzt hört der Spaß auf." Tatsächlich, das tut er.

Witze sind übrigens eine feine Sache. Allerdings steckt in jedem Witz ein Körnchen oder Brocken Ernst. Sehen wir zu, dass der Ernst bei uns nicht wieder zum großen patriarchischen Prinzip wird. Auch im Interesse der Männer. Denn noch können wir fahren und vor allem: davonfahren, wenn es uns nicht mehr zum Lachen zu mute ist.

Teufelskreisverkehr der Datenautobahn: Onlinesucht und Realitätsflucht

Andrea Limmer schreibt am letzten Freitag des Monats immer über Menschen, die anders denken. Das dreht sie im Mai um: Ihr Freigeist widmet sich dieses Mal den Ketten, die Menschen ihrem freien Geist anlegen.

Kennt ihr schon die hippen Festivaltrends? Glitzer, Bandanas und Krönchen - so geht Festival 2017. Und kennt ihr schon die viralen Katzenvideos? Katze fährt auf einem Saugroboter, Katze flippt wegen Salatgurke aus, Comic-Katze verprügelt Comic-Mann - so geht Netz-Lachen. Und kennt ihr schon die neue Sucht? Die #Onlinesucht? So geht Realitätsflucht 2.0.

Der Freigeist widmet sich in diesem Monat, da sich alles vor dem analogen Fenster für das krasse #Outdooring bereit macht, ganz allgemein den Ketten, die Menschen ihrem freien Geist anlegen, um ihn in ein Verlies zu sperren. Die Kerkermeister heißen: Angst, Einsamkeit und Zwang. Die Onlinesucht ist freilich eine neue Erscheinung. Früher ritten die Menschen ja selbst in Rüstungen durch die Lande, statt dies digital via Avatar zu tun. Dementsprechend unbekannt ist diese Sucht noch in der breiten Gesellschaft. "Der informiert sich halt auch viel über das Internet", mögen manche Eltern sagen, wenn ihr Sohn stundenlang vor dem Computer hängt oder schon ein Smombie mit Genickstarre geworden ist. "Das brauchen die auch für die Schule." Und es ist ja tatsächlich so, dass man sich im Internet gut informieren kann - falls man die Fake-News auf der Datenautobahn überholt. Doch dass "League Of Legends" nicht wirklich einem Lexikon beziehungsweise einem Informationsportal gleichzusetzen wäre, dürfte jedem klar sein.

Nur eine Phase?

Gefährlich beruhigend wirkt auch der Gedanke, die Fixierung auf die digitale Welt sei nur eine Phase und die werde enden, sobald der Betroffene eine Beziehung hat oder eine Ausbildung anfängt, sprich: sobald er etwas findet, das ihn mehr als Gaming und Surfen interessiert. Aber wenn sich jemand seine Anerkennung hauptsächlich im Internet holt, dann fehlt sie ihm bereits im analogen sozialen Miteinander.

Die Online- und Game-Sucht funktioniert grundsätzlich wie alle psychischen Suchten. Man absolviert eine gestellte Aufgabe, dafür steigt man eine Stufe auf und das Gehirn wird belohnt (Dopamin, Endorphine). Diese Anerkennung bekommt nun der Spieler draußen vor der Türe nicht so leicht, weswegen er sich zwangsweise wieder vor seinen Bildschirm klemmen muss. Dort verharrt er, bis er schlafen, essen oder andere Bedürfnisse erfüllen muss.

Laut Studie sind die meisten Süchtigen männlich, vor allem im Spiele-Bereich. Und bezüglich der "Phase": Es gibt Süchtige, die das Teenageralter deutlich überschritten haben. Falls sie inzwischen "clean" sind, dann haben sie vielleicht alles verloren, während sie sich in irrealen Welten zu Helden zockten. "Hochleveln" heißt das in der Fachsprache. Dann sind sie vielleicht in "World Of Warcraft" ein super Typ, der Babo vom Platz, haben jedoch deswegen keinen Job, keine Wohnung und keine Beziehungen mehr. Diese Einsamkeit ist freilich wiederum suchtfördernd. Das ist der Teufelskreisverkehr.

Hilfe von Betroffenen

Wie kommt man da nun heraus? Welche Ausfahrten gibt es? Am besten geht man erst einmal zu einer klassischen Beratungsstelle, zum Beispiel bei der Caritas, wenn man das Gefühl hat, man selbst oder ein Angehöriger könnte der Onlinesucht verfallen sein. Dort kann man sich genau informieren, erste Schritte einleiten oder sich andere Adressen holen. Eine Liste der verschiedenen Angebote bietet unter anderem der Verein "Landeszentrale für Gesundheit in Bayern e. V." an. Zudem gibt es im Internet Seiten von persönlich Betroffenen. Auf der Seite www.rollenspielsucht.de findet man Infos, was passiert, wenn das eigene Kind süchtig ist. Diese Seite ist von Eltern eines Betroffenen erstellt worden, die übrigens nur von der Sucht ihres Sohnes erfahren haben, weil ein Handwerker bei Ihnen anrief und sagte, er weigere sich aufgrund der dortigen Verwahrlosung, die Wohnung des Sohnes zu betreten. Es muss nicht unbedingt ein Spiel sein, Facebook und Co. reichen für die Flucht aus der Realität völlig aus. Überall, wo jemand scheinbar besser sein kann, als er sich fühlt, kann er die Grenze überschreiten. Dann endet sein echtes Leben. Und davon hat er nur eines.

#FreeMind!

Ein Mann für den Herd und das Heer: Benjamin Thompson hat die Kartoffeln auf die Teller gebracht

Jeden Monat kürt Andrea Limmer jemanden, der gegen den Strom schwimmt, zu ihrem Freigeist. Im April verleiht sie diesen Titel Benjamin Thompson, alias Graf Rumford. Denn er hat die Kartoffeln auf die Teller gebracht.

Die Kartoffel ist inzwischen ein Grundnahrungsmittel in unseren Breiten. Ja, manch bayrischen Landstrich assoziieren wir sogar hauptsächlich mit den Erdäpfeln. Dabei standen die Bayern den Kartoffeln am Anfang mehr als skeptisch gegenüber: "Wos wir nit kennen..."

Aber dann kam ein recht findiger Geselle über das Meer daher, um die Kartoffeln auf die Teller, die Armee an die Beete und den Soldatennachwuchs in die Schulen zu bringen.

Benjamin Thompson, alias Graf Rumford, hieß der gute Mann. Geboren wurde er am 26. März 1753 in North Woburn, gestorben ist er am 21. August 1814 in Auteuil. Und in der Zeit dazwischen ist er ganz schön herumgekommen.

Nachdem Thompson mit Ende des Unabhängigkeitskriegs seine militärische Laufbahn in England als beendet betrachtete, machte er sich eigentlich auf, um bei Kaiser Josef II. in Wien eine Anstellung zu ergattern und gegen die Türken ins Feld zu ziehen. Allerdings schnappte ihn sich der bayrische Kurfürst Karl Theodor. So trat Thompson 1788 in München die Stelle als Adjudant, Kammerherr und Reformer an. Der Graf machte sich in einigen Gebieten einen Namen - im bayrischen Monaco vor allem als Erfinder und Experimentalphysiker. In der Isarhauptstadt begann er erst einmal damit, die Armee wieder möglichst auf Vordermann zu bringen. Denn die Soldaten befanden sich in einem furchtbaren Zustand: hungernd, frierend und unterbezahlt. Thompson wies sie an, Beete anzulegen, unter anderem im Englischen Garten, um sich selbst zu versorgen. Gegen das Frösteln im Leibe bekamen sie richtig gut isolierte Unterwäsche. Die schlechte Bezahlung wiederum nahm der Graf zum Anlass, um unter anderem Armenhäuser sowie Schulen für Kinder von Soldaten einrichten zu lassen - leider setzte sich dieser soziale Gedanke nicht durch, weil Bayern auf Dauer nicht genug Geld dafür hatte.

"Naa, de Supp'n ess i nit!"

Und ganz besonders eine Erfindung bereichert unser Leben noch immer täglich: die Suppenküchen! Erst kümmerte sich Thompson darum, dass die Herde besser heizten. Danach erfand er seine berühmte Rumfordsuppe, die kostengünstig wie nahrhaft ist. Erbsen, Graupen, Kartoffeln, Umrühren und fertig (freilich: #vegan!). Allerdings gab es in Bayern ein kleines Problem: die Menschen hier mochten (noch) keine Kartoffeln: "Naa, de Supp'n ess i nit!" Besser gesagt, konnten sie sich wohl nicht vorstellen, dass die braunen Erdgewächse wirklich gut und gut verträglich sind.

Jedoch, nach viel gutem Zureden - und wahrscheinlich viel Hunger - haben sie sich mit den Erdäpfeln doch noch angefreundet. Und wenn man bedenkt, wie viele Varianten oder Gerichte es mit Kartoffeln gibt, kann man sagen: Bayern und Kartoffeln sind richtig gute Spezln geworden. Rumford sei Dank!

Mensch, Frühling - aufwachen! Samuel Applegate erfand den Aufweckapparat

Jeden Monat beschäftigt sich Andrea Limmer für Freischreiben mit Menschen, die gegen den Strom schwimmen. Im März kürt sie Samuel Applegate zu ihrem Freigeist des Monats.

Am 26. März war es wieder mal soweit: Die Uhren wurden umgestellt. Und zwar zur dunkelsten Stunde der Nacht von zwei auf drei Uhr. Ergo nimmt man uns eine Stunde Schlaf, dafür schenkt uns der Jahreslauf angeblich bald den Frühling. "Schau'n wir mal", mag es verschlafen unter den Bettdecken herausgranteln. "Schau'n wir mal, wann und wie dieser Frühling dann kommt."

Nun hat sich bereits in der Winter-Saison 1881 ein Herr aus New Jersey Gedanken gemacht, wie man den Mensch am schnellsten aus seiner wohligen Ruhestatt vertreibt. Er hieß Samuel Applegate und dachte offensichtlich: "Je schlimmer, desto besser." Denn, so seine Theorie, der Mensch gewöhne sich an Weck-Geräusche wie Rasseln, Klingeln oder Piepen und ignoriere diese harmlosen Aufwachappelle bald. Sein Kollege Thomas Edison pflegte eine ähnliche Einstellung zu seinen Artgenossen, beschwerte er sich doch recht empört über deren Faulheit. Die Leute schliefen viel zu viel, so Edison, und zwar nur: "Weil es ihnen Spaß macht!"

Fürchterlich!

Wo nun Edisons Glühlampe (aufgrund der bereits genannten Gewöhnung) wohl kein geeignetes Instrument in Sachen Wecken beziehungsweise Wachhalten wäre, erdachte sich Applegate eine Erfindung, die einen durchschlagenden Erfolg versprach - im wahrsten Sinn des Wortes. Er konstruierte den "mechanischen Aufweckapparat" und meldete ihn am 14. Dezember 1881 zum Patent an. Bei jenem Apparat handelt es sich im Grund um ein massives Holzgewicht, welches über dem Kopf des Schläfers angebracht wird. Zu der gewünschten Weckzeit fällt das Holz auf den Schlafenden. Je stabiler der Kopf oder Schlaf, umso schwerer soll das Weckholz sein.

Falls das Gerät je wirklich zum Einsatz gekommen ist, sind darüber keine Aufzeichnungen bekannt. Wahrscheinlich, weil das Versuchskaninchen gar nicht mehr aufgewacht ist. Und auch wenn uns die Schlummertaste oder das wohlige Vogelgezwitscher aus dem Smartphone manchmal verschlafen lässt, ist das immer noch angenehmer, als mitsamt einer Delle im Kopf pünktlich zu sein. Früher schliefen die Menschen übrigens eh mehr. Derzeit beträgt die Durchschnittsschlafzeit sieben Stunden. Ende des 19. Jahrhunderts schnorchelte man gut neun Stunden. Wenn man also verschläft, kann man immer noch sagen: "Ich bin halt eher der altmodische Typ."

"Sea Eye"-Gründer Michael Buschheuer: Seebär und Lebensretter

Mit Menschen, die gegen den Strom schwimmen und anders denken - Freigeister eben - beschäftigt sich Andrea Limmer jeden letzten Freitag im Monat. Im Februar schreibt sie über "Sea Eye"-Gründer Michael Buschheuer.

Ein alter Kutter, eine achtköpfige Crew und eine große gemeinsame Idee: Helfen! So begann die Geschichte von "Sea Eye", eine Geschichte über Engagement, Nächstenliebe und Hoffnung. Die ersten Zeilen von "Sea Eye" schrieb der Regensburger Michael Buschheuer. Der Februar-Freigeist ist Gründer und Vorsitzender des Vereins zur Seenotrettung von Geflüchteten sowie Eigentümer des gleichnamigen Kutters.

"Sternhai" hieß das Schiff, bevor es umgebaut worden ist. Seit vorigem Jahr fährt es nun in neuer Mission auf hoher See, ausgestattet mit Wasser, Nahrung, einem Rettungsboot, Rettungsinseln sowie etwa 700 Schwimmwesten. Falls die Crew ein Boot mit Geflüchteten sichtet, die in Not geraten sind, sendet sie SOS. Bis die professionellen Rettungskräfte und die Küstenwache eintreffen, versorgt die "Sea Eye" die Betroffenen. Denn das haben die meisten Helfer und Vereinsmitglieder gemein: Sie sind ehrenamtliche Helfer, keine ausgebildeten Seenotretter. Letztere hätte Michael Buschheuer aber gerne mehr wortwörtlich an Bord.

Gefahren auf See

Als Unternehmer und Familienvater wären die meisten anderen Menschen vollkommen ausgelastet. Aber Michael Buschheuer, immerhin Arbeitgeber für 30 Angestellte, interessierte sich nicht nur für sich selbst. Die Befriedung Libyens ist einer seiner Wünsche und dass Menschen nicht mehr gezwungen sind, samt Sack und Pack durch die Wüste zu flüchten, andere neben sich sterben zu sehen. "Das macht ja keiner aus Spaß", sagte er in einem Interview mit Bayern 2. So ist auch der Einsatz seiner Crew kein Spaß. Neben der normalen Gefahren auf See kommt unter anderem eine Festnahme von zwei Mitgliedern hinzu. Angeblich sollen sie in libysches Hoheitsgebiet eingedrungen sein, wonach die Behörden sie im vorigen September festnahmen und tagelang festsetzten.

Inzwischen schlägt man ein weiteres Kapitel der Geschichte auf. Darin stehen erst einmal Fakten, die aber für viele Menschen ein Happy End bedeuten könnten: 5 568 Menschen hat "Sea Eye" gerettet (Stand: Oktober 2016, Quelle: www.sea-eye.org), 450 Helfer engagieren sich bei "Sea Eye", zahlreiche Prominente unterstützen den Verein und viele Befürworter helfen dem Verein mit Spenden - ohne die der wiederum seine Arbeit nicht fortführen könnte. Und Michael Buschheuer? Der will weitermachen, klar. So lange, bis seine Hilfe nicht mehr benötigt werde, sagt er.

Wer ebenfalls helfen will, findet im Internet unter http://www.sea-eye.org die richtigen Ansprechpartner.

Eine unbekannte Streetartkünstlerin oder ein Mensch namens Barbara

Ihr Name ist fast in jeder deutschen Großstadt zu finden: Barbara. Mit Aufkleber, Humor und Intelligenz kommentiert die Streetartkünstlerin das Zeitgeschehen. Doch wer hinter dem Pseudonym steckt, weiß keiner. Auch Freischreiben-Autorin Andrea Limmer nicht, die Barbara zu ihrem Freigeist im Januar macht.

Viele kennen ihren Namen, haben ihn wohl im Zusammenhang mit einen Post auf Facebook oder Instagram gesehen. Sie und ihre klugen, witzigen Sprüche erfreuen sich extremer Beliebtheit und doch kennt die Öffentlichkeit ihre wahre Identität nicht: Die Rede ist von der Künstlerin Barbara.

An einer Wand hängt ein Schild: "Bekleben verboten" Darunter hängt ein Schild von Barbara: "Wie heißt das Zauberwort?" Darin besteht ihre Kunst: Aussprüche, Verbote, Parolen, dadurch den Alltag in Frage stellen. Unter ein Videoüberwachungsschild schreibt sie zum Beispiel: "Ich hab' mich extra hübsch gemacht für euer Video. ;)".

Barbara agiert immer originell, rebellisch und mit Fokus auf Gemeinschaft, Emanzipation und Freiheit. Das macht sie zur perfekten Kandidatin für den ersten Freigeist 2017. "Hass ist krass, Liebe ist krasser", steht auf einem Schild, das all ihre Profilbilder ziert. Auch im Winter schreibt sie in den Schnee: "Lieber kalte Finger als ein kaltes Herz."

Man weiß nicht, ob sie wirklich eine Frau ist. Man weiß fast gar nichts von Barbara, außer, dass sie aus Berlin kommt, wo sie mit der Kleberei angefangen hat, und aus privaten Gründen nach Heidelberg gezogen ist. Diese Anonymität erscheint notwendig, da sie inzwischen deutschlandweit tätig ist und auch gegen Rechtspopulisten oder Hassbotschaften ihre Sprüche klebt. Und sie erhält sich damit ihre Freiheit, zu schreiben, was sie will. Sie gestaltet mit ihrer Kunst den Schilder- und Plakatwald in unseren Straßen um, zu etwas Buntem. Damit will sie sich auch gegen die beständige Werbeflut stellen, gegen diese dauernde Aufforderung, etwas zu kaufen. Der Widerspruchsgeist regte sich scheins früh in Barbara: Schon als Kind, laut eigener Aussage, habe sie Nazi-Zeichen umgestaltet.

Inzwischen hat ihre Facebook-Seite rund 550 000 "Gefällt mir!"-Angaben und es werden sicher noch mehr. Und vielleicht lüftet sie ja eines Tages das Geheimnis ihrer Identität. Bis dahin weiß man nur: Künstlerin Barbara ist ein Mensch, selbstklebend.

Fotos der Streetartkünstlerin gibt es zum Durchklicken in der Bildergalerie.

Konrad Adenauer: Der kreative Kanzler

Jetzt, da der kalte November da ist und sich unzählige Menschen hitzig über die Wahl des amerikanischen Präsidenten echauffieren, sollten wir uns staatsmännischen Balsam auf unseren Seelen gönnen. Der erste Bundeskanzler nach dem Zweiten Weltkrieg war bekanntlich Konrad Adenauer. Weniger bekannt dürfte allerdings sein Erfindergeist sein.

Dass man so wenig über die Düsentriebhaftigkeit des Altkanzlers weiß, liegt leider wohl hauptsächlich daran, dass die meisten seiner Werke bereits zu seinen Lebzeiten nicht erfolgreich waren. Obwohl eine Zeitschaltuhr für eine Stehlampe absolut brauchbar ist. Und infolge dessen, sprich, wenn das Licht ausgeht, auch sein elektrisches Stopfei, das die zu stopfende Textilie von innen her erhellt. Mit der Elektrik hatte es Adenauer scheins überhaupt gern. Er pimpte unter anderem den Vorfahren des Toasters mit einer Sichtscheibe, Innenbeleuchtung (ohne Zeitschaltuhr) und einem Spiegel. Doch wiewohl der Altkanzler sich den Strom hier Untertan machte, bei seinem elektrischen Insektentöter misslang ihm dies gründlich. Bei Testreihen stellte sich heraus, dass dieses Gerät leider todsicher den Benutzer zusammen mit den Insekten geröstet hätten (wieder ohne Zeitschaltuhr).

Zwei Erfindungen hingegen gelangen Adenauer, der selbst vom Krieg geprägt gewesen war, die sogar Patente erhielten: das Notzeitbrot für die Brotzeitnot und - Achtung! - die Sojawurst. Ja, ja, hört und staunt, vor allem ihr Kinder des Wirtschaftswunders, die sich leidenschaftlich an Fleisch und Maggie gütlich taten und tun. Die Veggie-Wurst ist keine Errungenschaft von verwöhnten, hippstrigen Gestalten mit gefärbtem Bart und politisch korrekter Sprechökonomie. Das genannte Brot besteht hauptsächlich aus Mais, Gerste und Roggen, weil in Kriegszeiten andere Getreidesorten schwerer bis gar nicht mehr zu erhalten waren. Überdies fügte Adenauer aber noch Maltodextrin hinzu, ein lösliches Kohlenhydratgemisch, welches als Mittel gegen Untergewicht verwendet wird. Ein echter Kanten gegen das Knurren im Magen also.

Die Sojawurst, welche Adenauer als Ernährungsdezernent während des Ersten Weltkriegs erfand und nur ein Patent im Ausland erhielt, bestand freilich zum Großteil aus Pflanzeneiweiß. Und trotz der besonderen Auszeichnung von König Georg V., darf die Wurst bis heute hierzulande nicht verkauft werden, da sie gegen deutsches Lebensmittelrecht verstößt.

Alle Erfindungen von Konrad Adenauer kann man heute noch besichtigen, im Konrad-Adenauer-Haus. Wer übrigens den Spruch: "Vegetarier altern nicht, sie welken", erfunden hat, ist mir bislang unbekannt.

Viel Holz vor der Hütte: Wie die Vorarlberger das Klima retten wollen

Jeden letzten Freitag im Monat kürt Andrea Limmer Freigeister. Das sind Menschen, die anders denken und die gegen den Strom schwimmen. Um Energie geht es auch bei ihren Freigeistern im Oktober: die Menschen aus Vorarlberg.

Der Klimawandel, er droht uns. Die Energiewende, sie soll dagegen helfen. Zumindest ein wenig. Das Klima hat sich auf unserem Planeten schon immer geändert, wie eben nichts unverändert bestehen bleibt, gemäß dem alten weisen Spruch: Alles ist im Fluss. Damit ist aber freilich nicht gemeint, dass zum Beispiel niederbayrische Ortschaften in einem reißenden Schlammstrom versinken, nach einem für Jahreszeit und Region untypischen Unwetter. Es wirkt fast, als ob die Erde sich schüttelt, nießt und hustet, nachdem wir sie seit der Industriellen Revolution mit Giften und Abfall taktieren. Deshalb denken immer mehr Menschen um. Seinen Müll zu trennen, Rad statt Auto zu fahren oder so viel wie möglich auf Plastik zu verzichten, sind erste Schritte, die jeder von sich aus leicht gehen kann. Im österreichischen Vorarlberg wollen nun viele Menschen gemeinsam einen großen Schritt zur Energieautonomie tun. "Vorarlberg trifft Maßnahmen gegen Klimaerwärmung", steht auf www.energieautonomie-vorarlberg.at. Das ist kein bloßer Slogan. Im Straßenverkehr sollen zum Beispiel mehr E-Taxis fahren - wobei "mehr" den großen Fortschritt in der Region in einem Wort zusammenfasst.

Kein Auto, kein Führerschein

Und wie auch die Webseite werfen die Vorarlberger nicht bloß mit Slogans um sich. Der Politiker und Klimaschutzexperte Adolf Groß ist zum Beispiel ein echter Vorzeigegrüner. Wenn man den Landtagsabgeordneten reden hört, ist man sicher, sein Foto vorzufinden, falls man "umweltbewusst" oder "Grüner" im Lexikon nachschaut. Groß hat vor acht Jahren in seiner Familie das Auto abgeschafft. Bis auf eine Tochter haben seine Kinder nicht einmal den Führerschein gemacht. Aus Desinteresse, sagt Groß. Er erzählt und berichtet ganz bescheiden, als ob alles selbstverständlich wäre. Wie viele Vorarlberger, die bereits in modernen, energieeffizienten Holzhäusern wohnen. Oder der Hotelier Walter Lingg im Bregenzer Wald, welcher die Preispolitik rund um den Rohstoff Öl absolut verurteilt und die Wärme für seinen Betrieb aus dem Biomasseheizwerk Au bezieht. 80 Grad warmes Wasser fließt von dort in das Hotel und verlässt es wieder mit ungefähr 50 Grad. Die Differenz verbleibt dann als Heizenergie. Lingg hat bereits den Verbrauch von 80.000 Litern Heizöl in seinem Hotel eingespart.

Die Vorarlberger haben sich einen beachtlichen Weg vorgenommen: 2050 wollen sie den Energiebedarf des Landes durch den ausschließlichen Verbrauch von erneuerbaren Energien abdecken. Der Plan steht auf vier Säulen: Energie einsparen, Energie effizient nutzen, immer stärker erneuerbare Energien nutzen und die Investition in Forschung, Entwicklung sowie Bildung.

Energetische Freigeister sind sie, die Vorarlberger, mit absolutem Vorbildcharakter. Alle Menschen müssen im Fluss bleiben. Unsere Gedanken und unser Verhalten muss sich mit der Welt drehen. Denn wer stehen bleibt, den schüttelt Mutter Erde ab.

Freude, Bildung, Menschlichkeit: Vera F. Birkenbiehl

Die Redaktion von Freischreiben hat eine Zuschrift erreicht, mit der Bitte um einen Freigeist über die Motivationstrainerin Vera F. Birkenbihl. Das machen wir doch glatt! Vermutlich haben eh viele von euch schon mal ein Video von Birkenbihl angeklickt. Die werden auf Facebook genauso gern wie Katzen- oder Kochvideos geteilt. Was freilich kein Vergleich sein soll. Birkenbihl-Clips bieten mehr als putzige Fellknäuel oder Chicken Tandoori. Die Frau hatte einiges auf dem Kasten.

Vera Felicitas Birkenbihl wurde am 26. April 1946 in München geboren. Bereits ihr Vater Michael, Mediziner und Psychologe, arbeitete seit 1970 als selbstständiger Personaltrainer. Nur zwei Jahre später tat es ihm seine Tochter gleich. Sie avancierte zur Sachbuchautorin und Managementtrainerin. Sie war die einzige bekannte Frau im Bereich "Motivationstraining". Am 3. Dezember 2011 starb sie.

Bei Birkenbihl diagnostizierte man das Asperger-Syndrom. Was man zuerst wahrscheinlich nicht vermuten würde, wenn man dieser Frau bei ihren Vorträgen zuhört. Denn sie hat dabei überhaupt nichts gemein mit dem uns allen bekannten Sheldon aus "Big Bang Theorie". Hinsichtlich Autimus erklärte sie, dass man diesen nicht einfach so habe oder eben nicht. Autismus sei immer graduell. Man könne "einigermaßen autistisch sein, wie zum Beispiel ich".

Ihre soziale Kompetenz sei deswegen sehr niedrig, was man merke, so bald man über Dinge rede, die sie so gar nicht interessierten. Autisten sind demnach also verbissene Forscher, aber eben keine großen Smalltalker. Mit ihrer unterhaltsamen wiewohl intelligenten Ausführung nahm und nimmt sie vielleicht einigen die Vorbehalte gegenüber (mehr oder weniger) autistisch veranlagten Menschen. Sie sind nicht zwangsläufig krasse Soziopathen oder Soziophobiker. Birkenbihl zumindest verstand ganz genau, was einen Menschen zu einem freien Individuum macht (siehe das Video zu obigen Zitat, Titel: "Erziehung"), was heißt, dass sie sich eingehend mit Menschen und ihrem Verhalten beschäftigt hat.

Überhaupt dürften uns ihre Vorträge die Augen öffnen, vor allem was Lehren und Lernen betrifft. Sie stellt deutlich und klar dar, dass unser Bildungssystem eben nicht für Kinder aus "bildungsfernen" Haushalten geeignet ist. Außerdem erklärt sie, wie das Lernen funktioniert. Nämlich zum großen Teil mit Freude. Allerdings, so Birkenbihl, lernten die Eltern irgendwann, dass ein Kind sobald es lache, aufhöre zu Lernen. Sprich: Was Freude macht, hat keinen Sinn. Das ist freilich ein Schmarrn.

Aber all das könnt ihr euch selber zu Gemüte führen. Und dann natürlich teilen, teilen, teilen. Katzenvideos sind eh out. Und eine positive Veränderung, zum Beispiel in Schulen, geschieht nur durch Wissen. Vielleicht ist es dann eines Tages normal, sich "optimal" zu entwickeln - trotz und eben dann durch unsere Erziehung.

"In der Regel haben Sie sich nicht optimal entwickelt. Da ist was dazwischen gekommen, das nennen wir Erziehung. Und so hat man Sie normal gemacht. Wir legen ja großen Wert auf Normalität." - Vera F. Birkenbihl

Römer vs. Germanen: Der Matsch als Hand Gottes

Fußball: Einige Zeitgenossen interessieren sich nicht die Bohne dafür, aber die meisten können sich ein Leben ohne Fußball nicht vorstellen. Ein Fußballspieler zum Beispiel. Logisch, er lebt ja davon - und das als "Star" recht gut, wie man so mitkriegt.

Eigentlich aber hat man den Kampf ums Tor anfangs tatsächlich als Kampf geführt. Es begann alles im 3. Jahrhundert vor Christus. Fußball hieß Cuju und erfunden haben es die Chinesen als Teil der militärischen Ausbildung. Lang dauerte es nicht, bis auch das Volk begeistert kickte und ab da trat König Fußball seinen weltweiten Siegeszug an.

Und wenn wir ein Spiel wie Deutschland gegen Italien sehen, bei dem erstere einen angeblichen Fluch durch einen Sieg brechen, müssten wir sofort an den Fürsten Arminius denken. Der Cherusker schlug eine Weltmacht zurück, die sich ziemlich breitgemacht hatte: die Römer. Die italienischen, missionarischen Besatzer gingen den "wilden" Germanen immer stärker auf die Nerven, weil sich diese ungern von elitären, römischen Klugscheißern regieren ließen.

Der Schwachpunkt der Germanen, welchen die römischen Besatzer recht lange auszunutzen wussten, war ihre Streitlust untereinander. Die Stämme standen sich so unversöhnlich und uneinig wie 60er- und Bayern-Fans gegenüber. Doch da marschierte im Jahre 9 nach Christus Arminius daher, der zwar von den Römern zu einem guten Soldaten und Anführer ausgebildet worden war, seine Brotgeber aber insgeheim mit heißer Leidenschaft hasste. Arminius sagte sich und den anderen Stammeschefs sinngemäß: "Elf Freunde sollt ihr sein, dann schicken wir die Römer heim!" Nach zähen, grantigen Verhandlungen stimmten alle dem konspirativen Kriegsplan gegen den damaligen Statthalter Varus und seine Legionen zu.

Man lockte die Römer auf ihrem Weg ins Winterlager in einen Hinterhalt und griff sie im Wald an. Empfindlich getroffen versammelten sich diese auf freiem Feld, wobei sie sich beim nachfolgenden Hauen und Stechen im Vorteil befanden. Arminius verlor seine besten Männer und Freunde. Die Germanen mussten flüchten. Gegen den Cherusker-Fürsten erhob man bittere Vorwürfe. Er wusste, dass er nur noch eine Chance hatte. Und die nutzte er gut. Die Römer zogen weiter durch den Teutoburger Wald - im Glauben, gesiegt zu haben. Jedoch griffen die Germanen erneut aus dem Hinterhalt an, gestärkt durch den immer schon fiesesten Feind der Menschen: das Wetter. Es zog nämlich ein Unwetter auf, das sich gewaschen hatte und den Römern auch hübsch den Boden unter den Füßen wegspülte. Dieses Unwetter war in diesem Mat(s)ch quasi die im Fußball viel zitierte "Hand Gottes". Die Germanen gewannen, säbelten alles nieder, was sie so lange unterdrückt hatte, und läuteten die neue Freiheit ein. Was auch hieß, dass sich die Stämme wieder untereinander hakeln durften. Arminius setzte man als großen Befreier und Römerschläger kurzfristig ab, nach Verlusten aber wieder ein. Er verstarb schließlich im Jahr 21 nach Christus durch die Hand seiner Verwandtschaft, die ihm Gift verabreichte.

Da leben die modernen Mannschaftskapitäne viel sicherer. Die kriegen schließlich immer nur Nutellabrot.

Ein Monster entsteht: Mary Shelley hat sich Frankensteins Monster ausgedacht

Es ist Sommer. Das merkt man vor allem daran, dass sich viele über das Wetter beschweren, welches eben NICHT sommerlich sei, sondern eher eklig, nieselig und wie im Herbst. Oder im Frühling. Oder an Weihnachten. Und die größte Beschwerde gegenüber dem Wetter lautet einhellig: "So, wie jedes Jahr! Mir reicht's."

Nun könnte man einwenden, dass doch jeder auf dieses Wetter eingestellt sein müsste. Es ist schließlich jedes Jahr so. Zudem kann man verregnete Tage auch nutzen - so wie Mary Shelley, die Autorin von "Frankenstein". Schon ihre Eltern, William und Mary, waren herausragende Exemplare ihrer Zeit. William tat sich unter anderem hervor, indem er den politischen Anarchismus mitbegründete. Ihre Mutter Mary arbeitete als Schriftstellerin und schrieb zum Beispiel die "Verteidigung der Rechte der Frau". Aus solch einem Stall kann nur ein geistig reges Fohlen erwachsen.

Mary wuchs in einer Patchworkfamilie auf. Ihre Mutter, die bereits einen Jungen von einem anderen Mann bekommen hatte, starb kurz nach der Geburt ihrer Tochter. William heiratete später Mary Jane Clairmont, eine Nachbarin, die zwei Kinder in die Ehe mitbrachte: Claire und Charles. William soll seine zweite Frau sehr gemocht haben, bei seiner Tochter Mary verfestigte sich gegenüber ihrer Stiefmutter aber eine klare Abneigung.

Marys Leben sollte nie in ruhigen Gewässern dahin fließen. Schon ihre Ehe war eine Wildwasserfahrt. Ihr Mann Percy Shelley starb 1822 bei einem Segelausflug. Es war übrigens Sommer. Die Schriftstellerin wollte nach dem Tod ihres Mannes allein von der Schriftstellerei leben. Ein schwieriges Unterfangen! Aber: Mary schaffte es. Sie und vor allem ihr Werk sind heute weltberühmt. Und dies verdankt sie auch einem verregneten Sommer, den sie noch mit ihrem Mann verbringen konnte. Damals entstanden Dr. Frankenstein und sein Monster. Mary fuhr samt Percy, Sohn William sowie Claire an den Genfersee. Vor allem auf das Drängen von Claire hin, weil diese ihren Liebhaber, den Dichter Lord Byron, wieder sehen wollte. So trafen die vier also auf Byron, der in Begleitung seines Leibarztes John Polidori angreist war.

Nun haben wir also fünf Erwachsene, die viel Zeit haben. Und zwar drinnen. Man sprach über die Möglichkeit, aus toter Materie lebendige oder künstliches Leben zu schaffen. Und sie lasen sich gegenseitig Gruselgeschichten vor, bis Byron vorschlug, dass jeder eine eigene Story schreiben und vorlesen sollte. Wie nun genau "Frankenstein" entstand, ist umstritten. Shelley behauptet, dass sie einen Wachtraum gehabt habe.

Man glaubt diese Geschichte bis heute nicht so recht. Frankensteins Monster scheint heute wiederum nicht so unglaubhaft zu sein. Längst gibt es Menschen, die alle möglichen Ersatzteile in oder an sich tragen. Wenn also euer Nachbar ein riesiges Gerät auf seinem Dach installiert, um Blitze einzufangen, oder eine eigene Stromleitung zu einem AKW verlegt, solltet ihr ihn vielleicht von seinem Tun ablenken. Oder ihr hofft auf besseres Wetter - so wie jeden Sommer.

Georges Léopold Chrétien Frédéric Dagobert, Baron de Cuvier hat Einhörner erforscht

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Streetart-Künstlerin Barbara verteilt Schilder und Sticker in den Großstädten in Deutschland.

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