Formationsflug zum Gold

Die Dressur bleibt Deutschlands Königinnenreich


Dorothee Schneider aus Deutschland reitet auf Showtime FRH.

Dorothee Schneider aus Deutschland reitet auf Showtime FRH.

Von sid

Nach ihrem goldenen Schlusspunkt löste sich die Anspannung im Gesicht von Jessica von Bredow-Werndl in einem strahlenden Lächeln: Mit einer Machtdemonstration allererster Güte erfüllten die deutschen Dressurreiterinnen die riesigen Erwartungen im Baji Koen Equestrian Park und flogen regelrecht zum 14. Team-Gold seit 1928 - dem zweiten für die deutsche Delegation bei den Olympischen Spielen in Tokio.

Werth (Rheinberg) mit ihrer grazilen Traumstute Bella Rose, Dorothee Schneider (Framersheim) mit dem mächtigen Showtime und Schlussreiterin Jessica von Bredow-Werndl (Aubenhausen) auf der eleganten Tänzerin Dalera ließen keinen Zweifel an ihrer Favoritenrolle aufkommen. Überlegen siegten sie vor den USA und Großbritannien.

Schneider legt die Goldspur

"Jede Medaille hat ihre eigene Geschichte", sagte Werth, die zum siebten Mal olympisches Gold gewann: "Es war mein Traum, mit Bella nach Tokio zu fahren. Dass das geklappt hat und sie sich heute so präsentiert hat, macht mich sehr stolz." Schneider, die als Startreiterin die Goldspur gelegt hatte, sprach von einem "grandiosen Erlebnis, mit diesem unglaublichen Team unterwegs sein zu dürfen".

Und das soll erst der Anfang gewesen sein: Denn schon am Mittwoch (ab 10.30 Uhr MESZ/Eurosport und ZDF) geht das Trio mit großen Chancen in den Kampf um Einzel-Gold in der Grand Prix Kür. Nach den Gala-Vorstellungen im Team-Wettkampf wäre es keine Überraschung, wenn Werth, von Bredow-Werndl und Schneider den gesamten Medaillensatz abgreifen. Mit einem weiteren Sieg würde Werth in der Liste der erfolgreichsten deutschen Olympia-Teilnehmer zu Spitzenreiterin Birgit Fischer (Kanu) aufschließen.

Horrorszene im April kostet fast Olympia-Teilnahme

"Ich bin total happy über Bella", lobte Werth ihr Herzenspferd, das nach jahrelanger Verletzungspause erst 2018 in den Sport zurückkehrte und am Dienstag fulminante 83,298 Prozentpunkte einsammelte - auch wenn die erfolgreichste Reiterin der olympischen Geschichte das noch zu niedrig fand: "Sie ging fantastisch. Alleine die drei Piaffen könnten besser nicht sein."

Noch emotionaler war der Abend für Schneider. Im April hatte sie eine wahre Horrorszene erlebt, als ihre Stute Rock'n'Rose in Pforzheim bei der Siegerehrung plötzlich zusammenbrach und starb. Schneider brach sich bei dem Sturz das Schlüsselbein und musste um die Olympia-Teilnahme bangen.

"Es ist unglaublich, dass es auf diesem kurzen Weg noch geklappt hat. Ich bin überwältigt", sagte die sichtlich gerührte 52-Jährige, die sich auf dem kraftvollen Showtime nur zwei kleinere Wackler leistete. Auch Werth verneigte sich vor diesem Comeback: "Chapeau, wie sie das weggesteckt hat."