Beschlusspapier

49-Euro-Ticket in Sicht


Im Streit zwischen Bund und Ländern um mehr Geld für den Nahverkehr zeichnet sich weiter keine Einigung ab.

Im Streit zwischen Bund und Ländern um mehr Geld für den Nahverkehr zeichnet sich weiter keine Einigung ab.

Von Von Lukas Müller, Sascha Meyer und Andreas Hoenig, dpa

Statt 9 Euro wie im Sommer bald 49 Euro: Ein solches attraktives Ticket wollen die Verkehrsminister von Bund und Ländern. Das aber ist an eine wichtige Voraussetzung gebunden.

Für Millionen Fahrgäste kommt ein bundesweites 49-Euro-Monatsticket für Busse und Bahnen ab Anfang 2023 in Sicht. Die Verkehrsminister von Bund und Ländern verständigten sich in Bremerhaven auf ein solches Nachfolgemodell für das beliebte 9-Euro-Ticket aus dem Sommer.

Allerdings gibt es einen großen Haken: Es steht noch unter dem Vorbehalt, dass sich Kanzler Olaf Scholz (SPD) und die Ministerpräsidenten über die generelle Finanzierung des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) in Zeiten steigender Energiekosten verständigen. Vorbereitungen für das neue Ticket mit angepeiltem Start am 1. Januar sollen schon anlaufen.

Die Vorsitzende der Länder-Ressortchefs, Bremens Senatorin Maike Schaefer (Grüne), sprach von einem Durchbruch. Ein bundesweites Ticket für 49 Euro sei "eine Mega-Entlastung für ganz viele Pendlerinnen und Pendler". Dies sei aber auch ein enormer finanzieller Kraftakt für Bund und Länder, sagte sie mit Blick auf zuletzt diskutierte Modelle für Tickets zu 29 Euro oder 69 Euro im Monat.

Bundesminister Volker Wissing (FDP) sagte, man sei jetzt "einen entscheidenden Schritt weitergekommen". Es seien technische und inhaltliche Fragen geklärt, so dass mit Vorbereitungen für die Umsetzung angefangen werden könne. Eine Einführung wie angestrebt zum 1. Januar "soll unser Ziel sein".

Wichtige Finanzierungsfragen weiterhin offen

Wichtige Finanzierungsfragen sind aber noch offen. Die Länder sind nun bereit, das neue Ticket zusammen mit dem Bund zu finanzieren - es wären wohl je 1,5 Milliarden Euro. Sie machen aber zur Bedingung, dass der Bund auch dauerhaft mehr Geld gibt, mit dem sie Busse und Bahnen bestellen - in diesem Jahr sind es 9,4 Milliarden solcher Regionalisierungsmittel, dazu eine Milliarde Euro aus einem anderen Topf.

Die Länder warnen, dass wegen hoher Energiekosten und Einbußen durch die Corona-Krise ansonsten Angebote gekürzt werden müssten. "Es nutzt das schönste Ticket nichts, wenn kein Bus fährt", machte Schaefer klar. Es ist sehr wichtig, dass sich Bund und Länder auf ein Modell für ein bundesweit gültiges Nahverkehrsticket für den Preis von 49 Euro verständigt haben.

Das geplante 49-Euro-Ticket sei "gut für den Klimaschutz und wichtig für die soziale Gerechtigkeit", sagte die Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Katharina Dröge. Drängend sei jetzt eine schnelle Einigung zur Finanzierung des öffentlichen Nahverkehrs insgesamt. Sie betonte: "Der Ausbau von Bus und Bahn muss neben erschwinglichen Tickets vorangehen."

Die Ministerpräsidenten und Scholz hatten sich vor einer Woche nicht über die Finanzierung umfassender Entlastungen für Bürger und Firmen einigen können. Ein nächstes Treffen wird im November erwartet.

Der Ball liege wieder im Feld der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK), sagte Schaefer. "Die kann diesen Elfmeter jetzt auch versenken und das Ganze zum Erfolg führen." Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU) sagte, günstige Tickets machten nur Sinn mit einem stabilen Angebot. Konkret wollen die Länder eine Erhöhung um 1,5 Milliarden Euro von diesem Jahr an. Zusätzlich sollen 2022 und 2023 wegen der Energiepreise jeweils 1,65 Milliarden Euro extra her.

Laufendes Abonnement, monatlich kündbar

Erste praktische Details für die Fahrgäste wurden schon deutlich. Das 49-Euro-Ticket soll digital zu kaufen sein, aber daneben wohl etwa auch als Plastikkarte. Vorgesehen ist es als laufendes Abonnement, das aber monatlich kündbar sein soll.

"Wir wollen, dass man nicht jeden Monat sich neu entscheiden muss", sagte Wissing. Das Ticket könne ein "Game Changer" sein, sagte Baden-Württembergs Minister Winfried Hermann (Grüne). Es wäre sehr viel günstiger als bisherige Abos in vielen Großräumen und eine Einladung, den ÖPNV zu nutzen und damit zum Klimaschutz beizutragen. Wissing sagte: "Das Ticket wird natürlich die komplizierten Tarifstrukturen einfach sprengen."

Das millionenfach gekaufte 9-Euro-Ticket hatte im Juni, Juli und August für je einen Monat Fahrten in Bus und Bahn ermöglicht. Für den 49-Euro-Nachfolger planen die Minister eine Einführungsphase von zwei Jahren. Ab dem zweiten Jahr könnte das Ticket teuer werden. Geplant ist nämlich eine "Dynamisierung" in Form eines automatischen Inflationsausgleichs. Wissing sagte, je mehr Menschen das Ticket kauften, umso größer sei die Chance, dass es nicht teurer werde.

Eine Einigung muss her

Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) erwartet nun von Bund und Ländern eine Einigung über die offenen Finanzierungsfragen, bevor ein 49-Euro-Ticket umgesetzt werden könne. "Wir laufen Gefahr, dass wir massiv und flächendeckend Angebote im ÖPNV einstellen müssen, weil sie wegen der Kostensteigerungen nicht mehr finanzierbar sind", so VDV-Hauptgeschäftsführer Oliver Wolff.

Kritik kam von Umweltverbänden. Jens Hilgenberg, Verkehrsexperte beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, sagte: "Das 49-Euro-Ticket ist vor allem eine Kompromisslösung. Für breite Teile der Bevölkerung wird dieses Ticket schlichtweg zu teuer sein." Der Autofahrerclub ADAC zeigte sich enttäuscht darüber, dass sich Bund und Länder noch nicht final über ein Nachfolgemodell einigen konnten.

Dieser Artikel ist Teil eines automatisierten Angebots der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Er wird von der idowa-Redaktion nicht bearbeitet oder geprüft.