Essay

Ein Stück Leichtigkeit zurückholen


Ein Essay über die Schwere der Leichtigkeit.

Ein Essay über die Schwere der Leichtigkeit.

Ich sitze mit einem Fotoalbum auf dem Sofa und schaue mir Urlaubsbilder an. Jung verheiratet war ich mit meiner Frau auf Gran Canaria, Fuerteventura und Teneriffa. In Süditalien, Dänemark und am Bodensee. Überall war es schön, wir sahen Naturschauspiele und genossen regionales Essen. Wie gern ich solch einen Urlaub mit meiner Familie machen würde.

Doch der Gedanke an die Enge im Flugzeug und die damit verbundene Infektionsgefahr bereitet mir sogleich Sorgen. Dazu der ökologische Aspekt und die Kosten. So vieles spricht dagegen.

Vielleicht könnte wenigstens ein abendliches Essen beim Griechen helfen, wenn man denn schon nicht nach Zypern fliegen kann oder möchte. Ich schaue schnell nach, ob dort noch Maskenpflicht gilt. Sehe das Ergebnis und überlege sofort, ob die Infektionsgefahr nicht zu hoch sei. Nicht für uns, aber für andere. Wer weiß, was die Kinder aus der Schule mitbringen.

Ich trete auf den Balkon und sehe hinter einem Hügel die Silhouette der Alpen. Wie sehr ich mich doch jedes Jahr auf den Frühling freue. Auf die Hängematte. Oder auf den Moment, wenn ich im Rathaus die Jahreskarte des Freibads hole. Ein Stück Urlaubsfeeling fürs Wochenende. Im letzten Jahr war ich nur zweimal dort. Auch hier hat Corona alles verändert.

Ich erinnere mich an eine Zeit, in der sich mein Leben um die drei großen Kostbarkeiten des Alltags drehte: Feierabend, Wochenende und Urlaub. Es waren die Dinge, die dem Leben Leichtigkeit verliehen.

Doch irgendwo zwischen Corona, Ukrainekrieg und Klimawandel ist mir diese Leichtigkeit abhandengekommen. Und damit auch ein Stück Lebensqualität.

Ich beschließe, mich heute Abend mit meiner Familie zusammenzusetzen, um darüber zu sprechen. Wir müssen uns dieses Gefühl zurückholen. Und ich brauche eine schöne Urlaubsreise. Als ersten Schritt gehe ich zu meiner Stereoanlage und lege eine CD von STS ein. Laut singend bereite ich mich auf das abendliche Gespräch vor: "Und irgendwann bleib i dann dort, lass alles liegen und stehen, geh vo daham für immer fort."