Stefan R. ist in seiner Kindheit und Jugend der klassische Außenseiter. Er wiegt rund 150 Kilogramm, hat schiefe Zähne und wird wegen seines Erscheinungsbildes von den Mitschülern ausgegrenzt und aufgezogen. In der Folge leidet er unter starken Depressionen – der Nährboden für seinen späteren Absturz.
Ein Leben im Zeichen der Sucht Der lange Holzweg durch die Drogenhölle
Vor allem in der Pubertät will er einfach nur dazugehören. Mit 15 Jahren raucht Stefan R. auf einer Party erstmals einen Joint. „Das hat mir gefallen. Alkohol war nicht mein Ding. Da wurde ich nur aggressiv drauf. Bei Cannabis war ich dagegen entspannt“, erinnert sich der heute 24-Jährige. Doch es sollte für Stefan R., der in einer kleinen Marktgemeinde im Landkreis Dingolfing-Landau wohnt, nicht bei diesem einmaligen Experiment bleiben. Schnell wird er zum täglichen Cannabis-Konsumenten. Stefan R.: „Ich hab‘ von morgens bis abends gekifft, etwa zwei bis drei Gramm täglich.“
Erst Cannabis, dann Crystal
Doch beim Kiffen bleibt es nicht. Auslöser dafür ist ein weiteres prägendes Ereignis in seinem Leben. Als er 19 Jahre alt ist, trennt sich seine erste Freundin von ihm, mit ihr bricht nahezu der gesamte Freundeskreis weg. „Ich war so traurig, brauchte unbedingt jemanden zu reden“, öffnet sich der junge Mann. Er fand im Bekanntenkreis auch tatsächlich jemanden, mit dem er über seinen Kummer sprechen konnte – allerdings eine verhängnisvolle Wahl. Denn sein Bekannter brachte ihm Crystal mit und riet ihm, es zu versuchen. Verbunden mit der Empfehlung, dass danach jeglicher Kummer verflogen sein würde. Stefan R. konnte der Verlockung nicht widerstehen. „Der Trennungsschmerz und die Traurigkeit waren tatsächlich weg, nachdem ich das Crystal genommen hatte“, erinnert er sich.
Rund 30.000 Euro Schulden durch Drogensucht
Es sollte der Beginn einer klassischen Drogenkarriere sein. Er dealt und stiehlt, um sich das Crystal finanzieren zu können. Zusätzlich leiht er sich Unmengen an Geld, baut so Schulden von etwa 30.000 Euro auf. Doch all das ist ihm damals völlig gleichgültig. Ein klassischer Nebeneffekt von Crystal. „Ich habe die Sorgen meiner Eltern nicht wahrgenommen, ich hatte keinen Appetit mehr. Manchmal habe ich nur ein Wurstbrot in der Woche gegessen, sonst nichts. Dadurch habe ich innerhalb von knapp vier Monaten rund 50 Kilogramm abgenommen“, erzählt Stefan R., der durch die Drogen tage- und nächtelang hellwach liegt, keinen Schlaf mehr findet. Er selbst fühlt sich damals topfit, in besserer Verfassung als je zuvor, doch tatsächlich zerfällt sein Körper allmählich. Doch all das merkt der damals 19-Jährige gar nicht mehr. Jeden Tag widmet er fortan nur noch seiner Drogensucht, der Jagd nach dem Stoff. Und mit jedem weiteren Tag bricht ein weiterer Mosaikstein in seinem Leben weg. Auch in seiner Arbeit häufen sich irgendwann die Probleme, seine Lehre zum Metallbauer bricht er deswegen ab.
Die Jagd nach Fentanyl
Arbeitslos, perspektivlos und orientierungslos geht Stefan R. weiter auf den Abgrund zu. Er zieht zusammen mit einem befreundeten Pärchen in eine WG, die sich schnell als reine Drogenhöhle entpuppt. Doch nicht nur Drogen werden dort massenhaft konsumiert. „Meine Mitbewohner haben ständig Fentanylpflaster genommen. Das hat ihnen den besonderen Kick gegeben“, erinnert er sich. Der Wirkstoff Fentanyl ist ein sehr starkes, dem Opium ähnliches Schmerzmittel. Es ist verschreibungspflichtig und wird zum Beispiel auch bei Krebspatienten, die an starken Schmerzen leiden, angewandt. An Schmerzen leidet Stefan R. damals nicht, er fühlt sich durch den ständigen Crystal-Konsum berauscht und wähnt sich im absoluten Höhenflug. Als ob ihm nichts und niemand etwas anhaben könnte.
Und so dauert es nicht lange, bis auch er auf den Fentanyl-Trip kommt. Dazu schneiden sich die jungen WG-Bewohner die Pflaster in kleine Streifen und legen sie sich aufs Zahnfleisch. Völlig paralysiert wollen sie immer mehr von dem Wirkstoff. Erschreckend ist vor allem, wie sie an das Fentanyl kommen. „Wir kannten da eine alte Frau, die sich dadurch ihre Rente erheblich aufgebessert hat. Sie bekam alle paar Wochen 20 dieser Pflaster verschrieben, die sie dann für 100 Euro pro Stück weiterverkauft hat“, berichtet Stefan R.
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