Distanzunterricht, Mebis, Internetverbindung

So lief die erste Schulwoche im neuen Jahr


Am 11. Januar sind die bayerischen Schüler mit Distanzunterricht ins neue Jahr gestartet. (Symbolbild)

Am 11. Januar sind die bayerischen Schüler mit Distanzunterricht ins neue Jahr gestartet. (Symbolbild)

Kurz vor den Weihnachtsferien geriet Bayerns Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) wegen Problemen mit der Lernplattform mebis unter Druck. Nun ist die erste Woche im neuen Schuljahr geschafft - und sie lief besser als von vielen erwartet. Offene Baustellen gibt es trotzdem nach wie vor. Fehlender Präsenzunterricht, Datenschutzfragen, Ferienstreichung und technische Infrastruktur sind nur einige der Punkte, die in der Praxis Probleme bereiten.

Wie war der Neustart in der Schule? Trotz andauernder Problemstellungen betont man vonseiten des Philologenverbands zunächst das Positive. "Die Rückmeldungen zeigen, dass der Distanzunterricht besser als im Frühjahr angelaufen ist", berichtet Michael Schwägerl, der Vorsitzende des Bayerischen Philologenverbandes (BPV), gegenüber idowa. "Das lag sicher auch daran, dass sich die Schulleitungen, Lehrkräfte und Schüler während der Ferien darauf vorbereiten konnten." Außerdem habe es - gerade in Ostbayern - schon vor den Ferien teilweise Distanzunterricht gegeben. Es war also keine ganze neue Situation. "Vergessene Passwörter und nicht unterschriebene Datenschutzvereinbarungen sind jedenfalls nicht mehr das Hauptproblem, wie das im Frühjahr 2020 oftmals war", so Schwägerl.

Dr. Eva Huller, die Direktorin des Anton-Bruckner-Gymnasiums in Straubing, ist mit dem Schulstart im neuen Jahr ebenfalls zufrieden. "Wir konnten auf unsere bisherigen Erfahrungen zurückgreifen und haben dadurch etwas mehr Struktur in den Distanzunterricht reingebracht. Das hat gut funktioniert", so Huller.

Trotzdem sind auch im neuen Jahr etliche Baustellen an den Schulen vorhanden. "Die größte Baustelle ist natürlich, dass der Distanzunterricht kein Präsenzunterricht ist. Und auch der beste Distanzunterricht kann nur eine Notlösung sein", betont Michael Schwägerl. Auch beim Thema Datenschutz sieht er nach wie vor Probleme. "Momentan sind viele Fragen bei den Lehrkräften offen. Die Kolleginnen und Kollegen brauchen hier aber dringend Rechtssicherheit. Dazu kommt, dass Freizeit und Arbeit immer mehr verschmelzen, Anfragen von Schülern und Eltern kommen auch abends und nachts, ungestörte Arbeitsphasen sind rar, das führt zu Stress." Außerdem hapere es nach wie vor auch immer mal wieder mit der Technik.

Im Distanzunterricht rächt sich der schleppende Breitbandausbau

Die technische Infrastruktur ist auch für Eva Huller eines der größten Probleme. "Wenn ich die Möglichkeit hätte, ein Jahr in der Zeit zurückreisen und den Verantwortlichen einen Rat zu geben, wäre das folgender: Stellt in Bayern endlich flächendeckend eine vernünftige Internetverbindung auf die Beine. Bei fast allen anderen Themen können wir improvisieren, aber bei Schülern, die auf dem Land wohnen und keine gute Internetverbindung haben, da sind wir machtlos", so Huller. Die Lernplattform mebis, an der vor den Weihnachtsferien viel Kritik geäußert wurde, nimmt die Direktorin dagegen in Schutz. "Kein System ist fehlerfrei, aber ich denke, bei der Debatte um mebis ging es vor allem darum, einen Sündenbock zu finden. Für uns persönlich ist mebis nach wie vor unser zweites Standbein neben den Videokonferenzen, wir arbeiten gut damit. Es kann den Unterricht natürlich nicht ersetzen, aber sinnvoll ergänzen."

Auch Michael Schwägerl bescheinigt mebis eine bessere Performance als noch vor den Ferien. Die Lernplattform habe in der ersten Woche "besser funktioniert, als von vielen erwartet." Schwägerl schränkt allerdings ein: "Die Schulen wurden angewiesen, mebis nur zu bestimmten Zeiten zu nutzen und auch gerade am Montag auf andere Wege auszuweichen. Es gab also lange nicht so viele Benutzer." Das Kultusministerium hatte in den Weihnachtsferien bei mebis nachgebessert. Die Zahl der Server wurde von 36 auf 92 erhöht, auch die Prozessoren wurden entsprechend aufgestockt. Seit dem 11. Januar waren die mebis-Systeme laut Kultusministerium bayernweit stabil erreichbar.

Gestrichene Ferien sorgen für Ärger

Dafür hat sich mit der Streichung der Faschingsferien ein neues Streitthema aufgetan. Die eigentlich vom 15. bis 19. Februar geplante Ferienwoche soll ausfallen, um Unterricht nachzuholen, der wegen der Pandemie ausgefallen sei. Die Entscheidung von Markus Söder stößt jedoch auf viel Kritik. Auch Michael Schwägerl ist damit alles andere als glücklich. Die Entscheidung des Ministerpräsidenten sei "völlig überstürzt" gewesen. "Das war ein sehr schlechter Zeitpunkt und hat dann für viele den Start in den Digitalunterricht belastet." Die Arbeitsgemeinschaft der Bayerischen Lehrerverbände, zu der auch Schwägerls BPV gehört, hat sich deutlich gegen die Streichung ausgesprochen und stattdessen für eine Verschiebung plädiert. Sollte der Distanzunterricht noch länger andauern, sei eine Pause Mitte Februar umso wichtiger, argumentieren die Lehrervertreter. Sie schließen auch eine rechtliche Prüfung nicht aus.

Am wichtigsten wäre aber - hier sind sich Huller und Schwägerl einig - ohnehin eine möglichst schnelle Rückkehr zum Präsenzunterricht. Wann das möglich sein wird, steht aufgrund weiterhin hoher Infektionszahlen aktuell noch in den Sternen. Michael Schwägerl ist aber optimistisch, das Schuljahr ordentlich zu Ende bringen zu können: "Wenn die Phase des Lockdowns und des reinen Distanzunterrichts nicht bis weit auf Ostern zu dauert, können wir das - mit kleinen Abstrichen - schaffen. Je weniger Präsenzunterricht stattfindet, desto schwieriger wird es jedoch."

Auch Dr. Eva Huller würde, besonders mit Blick auf die Abschlussprüfungen, gerne möglichst bald wieder in den Präsenzunterricht wechseln. "Aktuell läuft zwar alles soweit ganz gut, aber ich mache mir Sorgen, dass die Schüler bei längerem Distanzunterricht in einen Automatismus verfallen könnten. Ich glaube nicht, dass nur mit Videokonferenzen guter Unterricht möglich ist. Gerade für die Abschlussjahrgänge würde ich mir deswegen vor den Prüfungen schon noch mindestens drei Monate Präsenzunterricht wünschen."