Die Gesichter von morgen

Amy Wald: Für die Musik gekündigt


Musikerin Amy Wald war 2018 auf Straßenmusiktour.

Musikerin Amy Wald war 2018 auf Straßenmusiktour.

Zum Jahresstart stellt Freistunde drei Gesichter von morgen vor. Eines davon: Musikerin Amy Wald. Hier geht's zum Portrait über Fußballer Adrian Fein, hier zum Portrait über Schauspieler Rick Okon.

Amy Wald hat in diesem Jahr einen mutigen Schritt gewagt: Die 23-Jährige hat ihren Job als Verkäuferin geschmissen und widmet sich jetzt voll und ganz ihrer Musik. Damit geht sie einer Entscheidung nach, die sie schon viele Jahre zuvor getroffen hat.

Im Alter von 16 Jahren entdeckt Amy ein neues Hobby: die Musik. "Das war das erste Mal, dass ich wirklich für etwas gebrannt habe", blickt die 23-Jährige zurück. Von da an war sie überzeugt: Ich will was in diese Richtung beruflich machen! "Songwriterin - das war mein erster Plan", erzählt sie. Doch ihre Freunde brachten sie schließlich dazu, selbst zu singen.

Ein Schicksalsschlag

Das tat sie auch. Nach dem Schulabschluss neben dem Job mit einer Band, bis die Musikgruppe an einem Schicksalsschlag zerbrach: Ihr Gitarrist starb bei einem Motorradunfall. Doch Amy wuchs an diesem Unglück. "Es hat die Art verändert, wie ich mit Leuten rede. Ich habe verstanden, dass es okay ist, vor anderen zu trauern", sagt sie. Das ist auch der Grund, warum Amy heute so offen ist und ihren Fans über Instagram einen tiefen Einblick in ihr Leben gibt. "Das macht mich weniger angreifbar, weil es keine Geheimnisse als Druckmittel gibt", erklärt sie.

Nach dem Unfall wollte sie von der Musik erst mal nichts mehr wissen - bis Mai 2018. Ihre Lieblingsband "Jennifer Rostock" war zu dieser Zeit auf Abschiedstour und gab ihre vorerst letzten Konzerte. Zusammen mit einer Freundin organisierte Amy eine Fanaktion, die wenig später den Weltrekord mit den meisten Fan-Grüßen an eine Band aufstellte. Vor und nach den Konzerten nahm Amy außerdem eine Gitarre in die Hand und spielte für andere Fans. Immer mehr Leute wurden auf sie aufmerksam. Eines Abends stellte sie eine Akustikversion ihres Songs "Liebesleben" auf Instagram. "Die Reaktionen meiner Follower waren gigantisch. Für mich war das der Grund, mich voll und ganz auf die Musik zu konzentrieren und ein Soloprojekt auf die Beine zu stellen." Sängerin Jennifer Weist von "Jennifer Rostock" unterstützt sie dabei. "Sie ist wie eine Mentorin und hat stets ein offenes Ohr für mich."

Im Sommer diesen Jahres ging Amy Wald außerdem auf Straßenmusiktour durch Deutschland. "Nur zu kündigen und dann Musik zu machen, war mir zu einfach. Ich war auf der Suche nach einer Herausforderung, die mir zeigt, dass ich meiner Entscheidung gewachsen bin." Sie war unter anderem in Köln, Hamburg oder Berlin, organisierte sich Schlafplätze über Instagram und spielte vor völlig Fremden auf der Straße. "Viele meiner Follower sind zu meinen spontanen Konzerten gekommen. Das hat mich sehr berührt."

Zeitgleich hat Amy über Crowdfunding Geld gesammelt - anfangs nur, um ihre Single "Liebesleben" im Studio zu produzieren. Doch ihre Fans haben das ursprüngliche Ziel gesprengt und mehr als 5 000 Euro gespendet. Geld, mit dem sie jetzt an ihrer ersten CD arbeitet. Geld, mit dem sie 2019 künstlerisch so richtig loslegen kann.

Amys schönstes Erlebnis 2018: "Der Moment, in dem ich meine Kündigung unterschrieben habe! Danach kam das Schwierigste: Ich musste es meinem Vater am Telefon beichten. Ich konnte die Verzweiflung in seiner Stimme hören. Und trotzdem: Er hat mich unterstützt und mir gezeigt, dass er stolz auf mich ist."