Der Job in Zeiten des Coronavirus

Arbeitsrecht: Was Arbeitnehmer wissen sollten


Im Zusammenhang mit der Corona-Krise tauchen auch viele arbeitsrechtliche Fragen auf. (Symbolbild)

Im Zusammenhang mit der Corona-Krise tauchen auch viele arbeitsrechtliche Fragen auf. (Symbolbild)

Von Redaktion idowa

In Zeiten des Coronavirus haben viele Arbeitnehmer rechtliche Fragen in Zusammenhang mit Ihrer Anstellung. Was ist Kurzarbeit? Wann darf man wegen Corona zu Hause bleiben? Wie sieht es mit Lohnfortzahlung im Quarantäne-Fall aus? Lars Reimer, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht bei der Rechtsanwaltskanzlei Dr. Weinelt & Collegen in Regensburg, beantwortet diese Fragen und gibt Tipps rund um das Thema Beschäftigung.

Was ist mit Kurzarbeit gemeint?

Reimer: Als Kurzarbeit bezeichnet man die vorübergehende Kürzung der betrieblichen normalen Arbeitszeit. Grundsätzlich gilt, dass der Arbeitgeber das Risiko eines Arbeitsausfalles zu tragen hat, sodass er auch dann zur Lohnzahlung gegenüber seinen Mitarbeitern verpflichtet bleibt, wenn kein Arbeitsbedarf (aus welchen Gründen auch immer) mehr besteht. Hiervon macht die Kurzarbeit eine Ausnahme, indem der Staat für die Dauer der Kurzarbeit eine finanzielle Unterstützung gewährt.

Wann kann der Arbeitgeber Kurzarbeit anordnen?

Reimer: Eine Kurzarbeit kann nicht einseitig vom Arbeitgeber angeordnet werden. Sie bedarf einer entsprechenden Rechtsgrundlage. Diese Grundlage kann sowohl in einem Gesetz, einem Tarifvertrag, einer Betriebsvereinbarung, im Arbeitsvertrag oder in einem Nachtrag zum Arbeitsvertrag als auch in einer sogenannten Änderungskündigung enthalten sein.

Um auf die besonderen Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Coronavirus zu reagieren, hat der Bundestag im Eilverfahren am 13. März 2020 das "Arbeit-von-morgen-Gesetz" beschlossen. Dadurch wurden die Anforderungen an die Kurzarbeit und das damit in Zusammenhang stehende Kurzarbeitergeld nochmals erheblich abgesenkt, um möglichst viele Unternehmen unterstützen zu können. Zudem erhalten jetzt auch Zeitarbeitsunternehmen Zugang zum Kurzarbeitergeld.

Verschiedene Arten der Kurzarbeit

Wie sieht Kurzarbeit konkret aus?

Reimer: Die Kurzarbeit kann sowohl für ganze Betriebe, als auch für einzelne Abteilungen eingeführt werden. Die Dauer der Kurzarbeit ist derzeit auf einen maximalen Zeitraum von zwölf Monaten beschränkt. Soweit die Arbeitskraft des Arbeitnehmers überhaupt nicht mehr benötigt wird, erhält er 60 Prozent der Nettoentgeltdifferenz als Kurzarbeitergeld von der Arbeitsagentur (bei Arbeitnehmern mit mindestens einem Kind sind es 67 Prozent).

Es besteht aber auch die Möglichkeit, dass ein Arbeitnehmer beispielsweise nur noch 20, anstatt zuvor 40 Stunden pro Woche für den Arbeitgeber tätig wird. In diesem Falle erhält der Arbeitnehmer für seine Arbeitsleistung 50 Prozent des zuletzt bezogenen Bruttomonatslohns vom Arbeitgeber. Bezüglich der restlichen 50 Prozent erhält er 60 Prozent Kurzarbeitergeld von der Arbeitsagentur.

Wie sieht es mit Schutz vor betriebsbedingten Kündigungen aus?

Reimer: Soweit ein Arbeitnehmer mindestens sechs Monate lang in einem Betrieb ohne Unterbrechung tätig ist und dieser Betrieb mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt (Teilzeitkräfte werden anteilig berechnet), unterliegt der Arbeitnehmer den Regelungen des Kündigungsschutzgesetzes. Das bedeutet, dass eine Kündigung nur bei Vorlage eines hinreichenden Kündigungsgrundes überhaupt möglich ist. Auftragsrückgänge, die auf Corona zurückzuführen sind, können grundsätzlich zu betriebsbedingten Kündigungen führen. In diesem Falle hat der Arbeitgeber eine sogenannte Sozialauswahl durchzuführen. Das bedeutet, dass er prüfen muss, wer sozial am wenigsten schutzwürdig ist. Nur diese Arbeitnehmer darf er dann betriebsbedingt kündigen.

Dreiwöchige Klagefrist muss eingehalten werden

Gib es Personengruppen, die besonders geschützt sind?

Reimer: Es gibt Personengruppen, die durch Sonderkündigungsschutzvorschriften weitestgehend vor Kündigungen geschützt sind. Das sind zum Beispiel schwerbehinderte Arbeitnehmer und Schwangere. Ist ein Arbeitnehmer allerdings in einem Kleinbetrieb (weniger als zehn Mitarbeiter) oder kürzer als sechs Monate tätig und genießt auch keinen Sonderkündigungsschutz, ist eine Kündigung grundsätzlich möglich. Hier muss dann auch kein konkreter Grund genannt werden.

Welche Rechte hat man als Arbeitnehmer bei einer Kündigung?

Reimer: Sollte ein Arbeitnehmer eine Kündigung erhalten, hat er die Möglichkeit, diese innerhalb von drei Wochen ab Zugang des Kündigungsschreibens mittels Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht anzugreifen. In diesem Zusammenhang ist von entscheidender Bedeutung, dass diese dreiwöchige Klagefrist unter allen Umständen eingehalten wird. Andernfalls gilt die ausgesprochene Kündigung als von Anfang an wirksam. Nur durch eine solche Kündigungsschutzklage hat der Arbeitnehmer die Möglichkeit, die Rechtsunwirksamkeit der Kündigung gerichtlich feststellen zu lassen.

Bekommt man als Arbeitnehmer weiterhin seinen Lohn, wenn man unter Quarantäne steht?

Reimer: Diese Frage lässt sich mit einem klaren "Ja" beantworten. In diesem Falle greifen die Regelungen des Infektionsschutzgesetzes. Danach erhält der Arbeitnehmer im Falle einer behördlich angeordneten Quarantäne zunächst für die ersten sechs Wochen eine Entschädigung in Höhe seines Nettolohns. Ab der siebten Woche wird die Entschädigung in Höhe des Krankengeldes auf Basis des fünften Sozialgesetzbuches gewährt.

Einvernehmliche Regelungen finden

Wann darf man wegen Corona von der Arbeit daheim bleiben beziehungsweise bis wann kann der Arbeitgeber verlangen, dass der Arbeitnehmer im Büro erscheint?

Reimer: Soweit ein Arbeitnehmer durch die Gesundheitsbehörde unter Quarantäne gestellt wurde, muss er zu Hause bleiben. Der bloße Verdacht, man könnte sich unter Umständen angesteckt haben, genügt allerdings nicht, um der Arbeit fernbleiben zu dürfen. Ein Test ist hier allerdings ratsam. Auch sollte der Arbeitgeber von diesem Verdacht in Kenntnis gesetzt werden, um Schutzmaßnahmen der übrigen Belegschaft durchführen zu können.

Da das sogenannte Wegerisiko stets den Arbeitnehmer trifft, kann der Arbeitgeber trotz Corona-Krise verlangen, dass die Belegschaft pünktlich zur Arbeit erscheint. Dies gilt selbst dann, wenn der ÖPNV durch die Krise nur eingeschränkt tätig ist.

Erhält man als Arbeitnehmer weiterhin seinen Lohn, wenn man wegen Kinderbetreuung daheimbleiben muss? Muss einem der Arbeitgeber hier entgegenkommen?

Reimer: Soweit sich Arbeitnehmer aufgrund der Schulschließung um ihre Kinder kümmern müssen, können Sie dies nach weit verbreiteter Ansicht auf Basis des § 616 des Bürgerlichen Gesetzbuches für einige Tage tun, ohne dass sie ihren Vergütungsanspruch verlieren. Dies gilt allerdings nicht, wenn diese Norm arbeitsvertraglich ausgeschlossen wurde.

Grundsätzlich gilt, dass die Corona-Krise sowohl die Arbeitnehmer, als auch die Arbeitgeber vor noch nie dagewesene Herausforderungen stellt. Insoweit sollten beide Parteien versuchen, einvernehmliche Regelungen zu finden. Die Krise bringt sicherlich eine Vielzahl von Unternehmen an die wirtschaftlichen Leistungsgrenzen. Aber besonnene Arbeitgeber, die Hand in Hand mit treuen Arbeitnehmern zusammenarbeiten, werden gestärkt aus dieser Krise hervorgehen.