Cham/München

Wildtiere vergiftet, erschossen und verstümmelt: Aufklärungsquote gleich Null


Fünf Luchse wurden in den Regionen Cham, Regen und Freyung-Grafenau getötet, 14 weitere sind spurlos verschwunden. Experten vermuten auch hier Wilderei. Doch die Aufklärungsquote dieser Fälle ist erschreckend. (Symbolbild)

Fünf Luchse wurden in den Regionen Cham, Regen und Freyung-Grafenau getötet, 14 weitere sind spurlos verschwunden. Experten vermuten auch hier Wilderei. Doch die Aufklärungsquote dieser Fälle ist erschreckend. (Symbolbild)

Vor zehn Jahren hat sich herausgestellt, dass Bayern nicht groß genug ist für einen "Problembären" wie Bruno, der nun ausgestopft in einem Münchener Museum zu besichtigen ist. Aber auch die zaghaften Versuche anderer, streng geschützter Wildtiere, in Bayern wieder Fuß zu fassen, sind vielen Menschen ein Dorn im Auge. Das bekommen Wölfe, Luchse, Fischotter und Wildkatzen zu spüren, aber auch Greifvögel und Eulen. Kürzlich wurde sogar eine Pfeilattacke auf ein Schwarzstorch-Nest in der Oberpfalz bekannt.

Auf Anfrage des SPD-Landtagsabgeordneten und Umweltpolitikers Florian von Brunn hat das Umweltministerium jetzt aufgelistet, was den Behörden in den vergangenen fünf Jahren über die Tötung und das ungeklärte Verschwinden streng geschützter Wildtiere bekannt geworden ist. Dazu kommen nicht wenige Tiere, die dem Straßenverkehr zum Opfer fielen. SPD-Politiker von Brunn geht von einer großen Dunkelziffer aus. Luchse zum Beispiel sind bei Jägern und Jagdpächtern nicht gerne gesehen, ebenso wenig Fischotter bei Fischzüchtern und Anglern. Aber auch Trophäenjagd könnte bei Luchstötungen eine Rolle spielen.

Drei Fischotter und fünf Luchse getötet, 14 weitere Luchse verschwunden

Die Liste, die von Brunn auf seine Anfrage erhielt, ist lang und grausam. Bemühungen, in Ostbayern Luchs und Fischotter wieder heimisch zu machen, werden oftmals - so scheint es - zunichtegemacht. Nachgewiesen ist die illegale Tötung von drei Fischottern und fünf Luchsen in den Landkreisen Cham, Regen und Freyung-Grafenau, ohne dass Täter ermittelt wurden. Dazu kommen 14 Luchse, die in diesen Regionen spurlos verschwunden sind, was sich Wildbiologen nur mit gewaltsamen Eingriffen erklären können. "Ich bin mir sicher, dass es in den meisten Fällen um Wilderei geht", meint von Brunn.

Alle diese Tiere, heißt es in dem Schreiben von Umweltministerin Ulrike Scharf (CSU) an den SPD-Umweltpolitiker, hätten sich in ihrem Territorium nicht länger als 30 Monate halten können, was "sehr ungewöhnlich ist". Ebenfalls ungewöhnlich sei, dass seit 2010 fast 100 Fischotter von Autos überrollt wurden. "Auch da muss etwas getan werden", fordert der Abgeordnete.

Seeadler abgeschossen und Luchspfoten abgetrennt



In ganz Bayern werden streng geschützte Vögel geschossen und vergiftet. Es trifft Habichte, Wanderfalken, Mäusebussarde, Sperber, Rotmilane, Kornweihe und Uhus. Im Landkreis Straubing-Bogen wurde 2010 sogar ein Gänsegeier vergiftet aufgefunden und im Landkreis Neustadt an der Aisch 2011 ein Seeadler geschossen. Oft kamen die Vögel durch Aufnahme vergifteter Beutetiere um, was gleichwohl eine Umweltstraftat wäre, zumal die Substanzen verboten waren.

Dem Landesamt für Umwelt wurden von 2010 bis 2015 85 solcher Fälle bekannt. Bis auf einen wurde keiner zur Anzeige gebracht. Der SPD-Parlamentarier von Brunn findet das "unverständlich".

Und selbst wenn sich die Polizei mit den Wildtiertötungen beschäftigt, verlaufen die Ermittlungen in der Regel im Sande. Das trifft auch für den Fall zu, der nach dem Abschuss von Bruno die Öffentlichkeit am meisten bewegt hat: Im vergangenen Jahr wurden nahe einer Fotofalle vier Luchs-Vorderpfoten gefunden. Umweltministerin Scharf setzte eine Belohnung von 10.000 Euro für Hinweise auf die Täter aus. "Die Belohnung wurde bisher nicht abgerufen", teilte eine Sprecherin ihres Ministeriums mit.

"Eine erbärmlich schlechte Bilanz"

Nur im Falle des im Landkreis Neustadt/Aisch abgeschossenen Seeadlers und eines in einer Tierfalle bei Forchheim verendeten Greifvogels konnten Tatverdächtige gefunden werden, doch die Verfahren wurden eingestellt. "Das ist eine erbärmlich schlechte Bilanz", so der SPD-Umweltpolitiker von Brunn. Notwendig seien spezialisierte Fachdezernate für Umweltkriminalität und Artenschutz bei der Polizei und auf solche Fälle spezialisierte Schwerpunktstaatsanwaltschaften.