Bildungsstätte St. Gunther

Lernen in einem Café: Schülerfirma als Vorbereitung auf das Berufsleben


Ruhe vor dem großen Ansturm: Das Kaffeehaus-Team freut sich auf die Gäste.

Ruhe vor dem großen Ansturm: Das Kaffeehaus-Team freut sich auf die Gäste.

Von Tanja Pfeffer

Der Duft nach frisch aufgebrühtem Kaffee erfüllt den Raum, im Kaminofen knistert das Feuer leise vor sich hin und verbreitet eine wohlige Wärme, Kastanien und getrocknete Hortensienblüten zieren die antiken Tischchen, flackerndes Kerzenlicht gibt dem Raum eine Atmosphäre voller Harmonie. Kein typischer Ort des Lernens und doch sammeln hier Schüler der Chamer Bildungsstätte St. Gunther, einer Einrichtung für Kinder und Jugendliche mit Handicap, wichtige Erfahrungen. Mehrmals im Jahr betreiben sie ein Café mit besonderem Charme als Schülerfirma und eignen sich auf diese Weise wichtige Kompetenzen für ihr späteres Berufsleben an.

Es sind wieder Kaffeehaustage in Falkenstein. Ein Plakat am Eingang des im Jahre 1920 erbauten Hauses des früheren Apothekers Windorfer lädt ein zu ein paar gemütlichen Stunden im Café Windorfer. Jessica, Jasmin und Christina, schick gekleidet in Schwarz und Bordeaux-rot, heißen die Gäste willkommen, geleiten sie an die liebevoll eingedeckten Tische. Sie arbeiten gerne im Service, mit einem freundlichen Lächeln bringen sie die Speisekarten.

Viele Stunden Vorbereitung liegen bereits hinter ihnen und ihren Mitstreiterinnen. Sieben Schülerinnen gehören zum Kaffeehaus-Team: Neben den drei Servicekräften arbeiten Tamara, Jacqueline, Christina und Beatrice in der Küche. Mit Unterstützung durch Fachlehrkräfte und Erzieherinnen haben sie bereits tags zuvor den Rührbesen geschwungen und schmackhafte Kuchen kreiert, von A wie Apfelkuchen bis Z wie Zucchinikuchen. Auch Deftiges findet sich im Sortiment: Sei es der Wurst- und Nudelsalat oder warme Wiener und Weißwürste. Berufstätige nehmen dieses Angebot in ihrer Mittagspause gerne wahr.

Hochbetrieb in der Küche

Um es für die Mädchen einfacher zu machen, kreuzen die Gäste ihre Getränke- und Essenswünsche auf einer Karte an. Kaum sind die Kreuzchen gemacht, steht auch schon Jasmin am Tisch und sammelt die Bestellkarten ein. Anfangs noch etwas schüchtern, gewinnen die Schülerinnen immer mehr Freude an ihrer Arbeit und tanken so ganz nebenbei eine gehörige Portion Selbstbewusstsein. "Einfach alles", meint Jessica auf die Frage, was ihr denn bei ihrer Arbeit am meisten Spaß mache. "Morgen komme ich wieder!" Nur dumm, dass morgen wieder Schule ist und die Kaffeehaustage leider vorbei sind.

In der Küche läuft derweil der Betrieb auf Hochtouren. Tamara, Jacqueline, Christina und Beatrice haben alle Hände voll zu tun: Kaffee einschenken, Kuchenstücke schneiden, Wurstsalat auf den Tellern drapieren, Tassen und Teller spülen. Die Handgriffe sitzen, die Mädchen wissen, was zu tun ist. Stress lassen sie erst gar nicht aufkommen, immer wieder ist Gelächter aus der Küche zu hören. Sie haben Spaß bei der Arbeit.

Ort des Miteinanders

So soll es auch sein. Das Café Windorfer ist ein Ort des Miteinanders, an dem sich Menschen mit und ohne Handicap in gemütlicher Kaffeehaus-Atmosphäre treffen, sich wohlfühlen, gut essen und trinken - Inklusion als Selbstverständlichkeit. Für die Schüler soll eine Brücke hinein in die Gesellschaft gebaut werden.

Und die Schüler gehen gerne über diese Brücke, sie genießen diese Abwechslung zum Schulalltag. Mit einem strahlenden Lächeln serviert Christina Kaffee und Butterbreze - ein prompter Service, liegt doch die Bestellung kaum eine Minute zurück. Lange Wartezeiten gibt es hier nicht, das Team ist auf Zack. Freundlichkeit ist im Café Windorfer eine Selbstverständlichkeit. Davon zeugen auch die selbst gebackenen Smiley-Kekse, die zu jeder Tasse Kaffee gereicht werden - ein netter Service des Hauses.

Geglückte Premiere

Die Gäste sind zufrieden, das hat auch die Premiere der Kaffeehaustage im Juli gezeigt. Durchwegs positiv seien die Reaktionen gewesen. Natürlich kostet es manche Schülerin Überwindung, auf die Leute zuzugehen, doch es ist ein wichtiger Lernprozess. Und je mehr positive Bestätigung sie bekommen, um so leichter fällt es ihnen.

Groß war übrigens nach der Premiere Anfang Juli die Freude über die gut gefüllte Trinkgeldkasse. Kurzerhand tauschten die Schülerinnen zusammen mit ihren Lehrkräften die Rollen und marschierten zum Frühstücken in ein Café. Denn noch schöner als selbst zu arbeiten, ist es, sich bedienen zu lassen.

Infos zum Café Windorfer

Das Café Windorfer ist neben einem Kunstatelier und einem Partyservice die dritte Schülerfima der Bildungsstätte St. Gunther. Aufgrund des organisatorischen Aufwands für die Schule hat das Café dreimal im Jahr an speziellen Kaffeehaustagen geöffnet, das nächste Mal vom 23. bis 25. Februar 2016 jeweils von 9.30 bis 14 Uhr. Aufgrund der begrenzten Anzahl von Sitzplätzen (etwa 35) werden Gruppen um Voranmeldung gebeten: Café-Handy (nur an den Kaffeehaustagen) 0175/6154363 oder per E-Mail im Sekretariat der Bildungsstätte: sekretariat@st-gunther-cham.de

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Am Tag vor den Kaffeehaustagen herrscht in der Küche Hochbetrieb: Jessica bereitet den Nudelsalat vor.

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Bitte lächeln: Christina sticht Smiley-Kekse aus.

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Auch Beatrice hilft bei den Keksen, die zum Kaffee gereicht werden.

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Freundlicher Service wird im Café Windorfer großgeschrieben.