Biathlon-Herren

Das große Loch nach Peiffers Rücktritt


Arnd Peiffer beendet seine Karriere.

Arnd Peiffer beendet seine Karriere.

Von sid

Erik Lesser stehen nach dem Rücktritt von Arnd Peiffer "stressige" Zeiten bevor. "Ich werde Bewerbungen durchgehen. Ich habe ein richtiges Casting mit Recall, wer mein nächster Zimmerpartner wird", sagte der 32-Jährige laut lachend. Doch Lesser ist auch der Ernst der Lage bewusst. Der Abschied seines langjährigen Zimmergenossen trifft das deutsche Biathlon ins Mark - zehneinhalb Monate vor Olympia klafft plötzlich ein riesiges Loch.

"So das letzte bisschen Halt fällt da jetzt, die letzte Bastion. Das wird schon schwierig", prophezeite Lesser im gemeinsam mit Peiffer produzierten Podcast "Das Biathlon Doppelzimmer". Für das Team sei Peiffers plötzliches Ende "ein ziemlicher Schock" und ein "herber Verlust", betonte Lesser, dadurch falle "viel Erfolg weg". Kurz vor den Olympischen Spielen in Peking und knapp zwei Jahre vor der Heim-WM in Oberhof sind die Aussichten der erfolgsverwöhnten deutschen Herren düster.

Nachwuchsproblem wird akut

Derzeit ist niemand in Sicht, der die entstehende Lücke auch nur ansatzweise füllen könnte. Das bereits länger sichtbare Nachwuchsproblem wird mit den Rücktritten von Peiffer und zuvor Simon Schempp früher akut, als es sich die Verantwortlichen im Deutschen Skiverband (DSV) gewünscht hätten. "Die Eisen aus dem Feuer holen die Alten und die Jüngeren lassen ein bisschen Federn. Und bei den Alten hat Arnd rausgestochen", brachte Lesser die Lage auf den Punkt.

Peiffer sorgte in dieser Weltcupsaison für fünf der sechs Podestplätze im Einzel, holte zudem den einen deutschen Saisonsieg. Der Harzer, der am Donnerstag 34 wird, sei der Einzige gewesen, "der es geschafft hat, hier und da sein Können zu zeigen", lobte Lesser. Er selbst mit seinen 32 und Doll mit 30 Jahren waren zumindest einigermaßen auf Tuchfühlung zur absoluten Weltspitze. Doch dahinter? Lange, lange nichts.

Das restliche Team schaffte im Saisonverlauf nur eine Platzierung unter den Top 15, nach jetzigem Stand bekommen die deutschen Herren für Peking nicht einmal eine konkurrenzfähige Staffel zusammen. "Ich gehe mal davon aus, dass wir keinen Lägreid (als Rookie Zweiter im Gesamtweltcup, d. Red) im Team haben, der nächstes Jahr die Erfolge einheimst", sagte Lesser.

Breite an Top-Athleten fehlt

"Punktuell" werde man sicher Erfolge haben, führte der Wahloberhofer aus, "aber in der Breite werden wir uns genauso spärlich vorne zeigen wie dieses Jahr." Peiffer selbst will nicht ganz so schwarzmalen. "Grundsätzlich ist jeder ersetzbar", sagte der Olympiasieger und 17-malige WM-Medaillengewinner: "Manchmal versteckt man sich auch zu sehr." Nun könnten Junge aus seinem Schatten treten.

"Absolute Überflieger" seien im Nachwuchsbereich allerdings nicht in Sicht, monierte der Sportliche Leiter Bernd Eisenbichler zuletzt. Es gehe darum, sich bei den wenigen vorhandenen Talente "keine Fehler" zu erlauben und diese "gut und sauber" zu entwickeln. Am besten schnell. Denn sonst, mutmaßt Lesser, würden die ganzen kritischen "äußeren Rufe noch viel, viel lauter". Und die malerische Erfolgsgeschichte von Biathlon in Deutschland könnte bröckeln.