Behördenversagen in GB

Ein Straubinger Schotte und die Europawahl


Gerät die womöglich letzte demokratische Beteiligung des Vereinigten Königreichs an der EU nun auch zum Fiasko? (Symbolbild)

Gerät die womöglich letzte demokratische Beteiligung des Vereinigten Königreichs an der EU nun auch zum Fiasko? (Symbolbild)

Nur noch Ärger seit dem Brexit - auch bei der möglicherweise letzten EU-Wahl, an der das Vereinigte Königreich teilnimmt, scheint bislang einiges nicht nach Plan gelaufen zu sein. Das betraf auch einen Straubinger Schotten. Zunächst war er nicht im Wahlregister zu finden.

Die britische Zeitung "The Guardian" berichtet über hunderte Beschwerden von EU-Ausländern, die ihre Wahlunterlagen nicht oder viel zu spät bekommen haben sollen. Sie waren damit von der Wahl ausgeschlossen. Unter den Betroffenen waren laut Angaben auch einige Auslands-Deutsche in Großbritannien.

Inzwischen haben laut "Guardian" drei Lokalverwaltungen in Großbritannien zugegeben, dass sie der Situation nicht gewachsen waren. Man sei offenbar davon ausgegangen, dass wegen des bevorstehenden Brexit die Wahl obsolet werden würde. Nun habe alles innerhalb von drei Wochen organisiert werden müssen. Teils seien die Wahlkarten ausgegangen, teils habe der Versand nicht fristgerecht funktioniert.

Andere Betroffene sahen sich unvermittelt mit einem neuen Formular konfrontiert - der Erklärung, dass der Wähler EU-weit nur eine Stimme abgeben wird. Üblicherweise müsse die nur einmal, und nicht zu jeder Wahl erneut, abgegeben werden. Auch dieses Stück aus der Bürokratie-Hexenküche hätte selbstverständlich geprüft werden müssen - zu spät für die EU-Wahl.

Auf diversen Social-Media-Kanälen wird aktuell die Frage diskutiert, ob eine solche Wahl überhaupt gültig sei.

"Die ganze Situation ist ein Skandal", sagt Colin Macpherson. Der Schotte lebt in Straubing und engagiert sich als Aktivist für die schottische Unabhängigkeitsbewegung. Im Gespräch mit idowa findet er klare Worte: "Als EU Bürger im Ausland sind die Europawahlen eine der Möglichkeiten, das demokratische Grundrecht des Wählens auszuüben. Es kann nicht sein, dass größere Gruppen durch behördliche Inkompetenz ausgeschlossen werden."

Es scheint also ganz so, als ob die womöglich letzte demokratische Beteiligung des Vereinigten Königreichs an der EU vor dem Brexit-Termin zum Demokratie-Fiasko wird.

Colin Macpherson (links im Bild), ist sauer: "Es kann nicht sein, dass größere Gruppen durch behördliche Inkompetenz ausgeschlossen werden."

Colin Macpherson (links im Bild), ist sauer: "Es kann nicht sein, dass größere Gruppen durch behördliche Inkompetenz ausgeschlossen werden."

Wäre die EU-Wahl für das "Gerade-noch-so"-Mitglied Großbritannien aber nicht ohnehin bedeutungslos gewesen? Colin Macpherson widerspricht dem zumindest teilweise: "Natürlich ist es etwas surreal, weil nicht klar ist, ob die Abgeordneten überhaupt ihre Mandate ausüben können, und wenn, dann für wie lang. Grundsätzlich war es eine Chance für die Bevölkerung, Flagge zu zeigen. In Schottland war das Ziel, eine deutliche Botschaft an Europa zu schicken, dass wir weiterhin Teil von Europa sind und das bleiben wollen."

Aus den Reihen der EU-Befürworter im Vereinigten Königreich - und laut Brexit-Votum sind das nahezu die Hälfte der Bürger - kommt jetzt die Forderung nach einer Untersuchung durch die Behörden der EU.

Übrigens: Dass Behörden in Sachen EU-Wahl schon können, wenn sie wollen, hat Colin Macpherson selbst in Straubing erlebt: "In Straubing hatte ich mich vorher erkundigt und die Info bekommen, dass ich auf dem Wahlregister bin, sollte Großbritannien noch in der EU sein. Dann habe ich letzte Woche Donnerstag angerufen und die Info bekommen, ich stehe nicht drauf. Man würde sich drum kümmern. Ein paar Stunden später habe ich einen Anruf bekommen: es sei ein Fehler unterlaufen, der korrigiert wird." Colin Macpherson hat daraufhin am Freitag ohne weitere Probleme sein Wahlrecht ausgeübt - noch rechtzeitig für Europa.