Arbeitsmarkt in Bayern

Einbruch voraus? Corona in Zahlen noch nicht berücksichtigt


Die aktuell von der Agentur für Arbeit veröffentlichte Statistik sieht noch überraschend gut aus - allerdings gehen die Zahlen nur bis zum 12. März. (Symbolbild)

Die aktuell von der Agentur für Arbeit veröffentlichte Statistik sieht noch überraschend gut aus - allerdings gehen die Zahlen nur bis zum 12. März. (Symbolbild)

Von Redaktion idowa

Auch ohne Berücksichtigung der Corona-Krise sieht die Entwicklung am Arbeitsmarkt im März bereits schwächer aus. Die Zahl der Arbeitslosen sank zwar im Vergleich zum Februar, stieg aber im Vorjahresvergleich. Auch die offenen Stellen werden weniger.

Die Arbeitslosigkeit in Deutschland ist unmittelbar vor Ausbruch der Corona-Krise in Deutschland noch einmal gesunken. Im März waren nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit vom Dienstag bundesweit 2,3 Millionen Menschen ohne Job, 60.000 weniger als im Februar, aber 34.000 mehr als im März 2019. Die Arbeitslosenquote sank im März um 0,2 Prozentpunkte auf 5,1 Prozent. Die regionalen Unterschiede in Deutschland sind nach wie vor groß. In Bremen gab die Bundesagentur die Arbeitslosenquote mit 10,0 Prozent an, in Bayern mit 3,1 Prozent.

Corona: In Ostbayern wohl der Brandbeschleuniger

In Niederbayern 3,3 lag die Zahl der Arbeitslosen bei 23.929. Das entspricht einer Quote von 3,3 Prozent und damit in etwa der des Vorjahres. In der Oberpfalz waren 19.775. Die Quote liegt damit um 0,2 Prozentpunkte höher als im März 2019. Aktuell vermeldet die Agentur 3,1 Prozent Arbeitslosigkeit für die Oberpfalz.

Die niedrigste Quote verzeichnet Schwaben mit 2,8 Prozent. Die höchste Arbeitslosenquote weist Mittelfranken mit 3,6 Prozent auf. Allgemein hatte sich in Ostbayern bereits vor den Corona-Maßnahmen die Situation auf dem Arbeitsmarkt verschlechtert. Was nun im Zuge des Shutdowns über die Region kommt, könnte diesen Trend laut Meinung von Wirtschaftsverbänden verstärken oder sogar potenzieren.

Die Stadt Straubing zählte bis zum 12. März 1.294 Erwerbslose. Die Arbeitslosenquote in der Stadt stieg damit um 0,1 Prozentpunkte auf 4,8 an. Im Landkreis Cham kletterte die Quote von 3,3 auf 3,6 Prozent im Vergleich zum März 2019. Für Stadt und Landkreis Cham spricht die Agentur für Arbeit von 2.621 Menschen, die Arbeitslosengeld oder Hartz IV bezogen. Mit den größten Sprung machte die Zahl der Arbeitslosen in der Stadt Landshut. In Landshut waren bis zum 12. März 1.793 Menschen als arbeitssuchend gemeldet. Die Quote stieg damit um 0,3 Prozentpunkte auf 4,7 Prozent an.

Nahezu unverändert zeigte sich die Lage in der Stadt Regensburg. Dort lag die Quote Mitte März bei 3,3 Prozent. 3.175 Menschen waren in der Stadt laut Agentur ohne Job. Im Landkreis Regensburg ging die Quote um 0,1 Prozentpunkt nach oben auf zuletzt 2,2 Prozent. Ebenfalls gleichbleibende Werte verzeichnet die Arbeitsagentur für den Landkreis Deggendorf: 2.072 Arbeitslose bedeuten eine Quote von 3,0 Prozent - damit wurde der Vorjahreswert ziemlich genau gehalten.

Wirtschaftsvereinigung: Tatsächliche Lage nicht abgebildet

Die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V. (vbw) betont, dass die offiziellen Zahlen derzeit noch wenig über die tatsächliche Lage aussagen: "Die heute bekannt gewordenen März-Zahlen spiegeln nicht die aktuelle Lage auf dem Arbeitsmarkt wider. Wir erleben einen drastischen Anstieg der Kurzarbeit. Bereits jetzt steigt die Arbeitslosigkeit. Von der Dauer der Produktionsunterbrechungen, die derzeit nicht absehbar ist, hängt ab, wie deutlich der Verlust an Stellen ausfallen wird", sagte der Hauptgeschäftsführer der vbw, Bertram Brossardt, anlässlich der heute bekanntgegebenen Arbeitsmarktdaten der Regionaldirektion Bayern der Bundesagentur für Arbeit.

Nach Einschätzung der vbw befindet sich Bayern in einer absoluten Ausnahmesituation. "Wir steuern auf eine schwere Rezession zu. Die Corona-Krise ist zu einem Zeitpunkt auf unsere Industrie getroffen, als diese aufgrund einer konjunkturellen Krise, internationaler Handelskonflikte und sinkender Wettbewerbsfähigkeit ohnehin geschwächt war", so Brossardt.

Arbeitskräftenachfrage schon vor Corona rückläufig

Um jahreszeitliche Effekte bereinigt errechneten die Nürnberger Statistiker ein leichtes Plus von 1.000 Arbeitslosen im März. Die eher ungünstige Entwicklung am Arbeitsmarkt schon vor der Corona-Krise wird auch durch einen Blick auf die Nachfrage nach Arbeitskräften deutlich. Im März waren bei der Bundesagentur 691.000 offene Stellen gemeldet, das sind 106.000 weniger als noch vor einem Jahr.

Die Corona-Krise, mit ihren weitreichenden Folgen für die Wirtschaft und den Arbeitsmarkt, hat sich in den März-Zahlen noch nicht widerspiegeln können, weil die Daten nur bis zum Stichtag 12. März erhoben wurden. Der Vorstandschef der Bundesagentur, Detlef Scheele, will gemeinsam mit Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) am Nachmittag in Berlin Stellung nehmen. Dabei wird es auch um die Frage gehen, wie stark die Zahl der Kurzarbeiter zuletzt gestiegen ist.

Einbruch voraus?

Die Bundesagentur rechnet wie auch alle anderen Experten mit einem Einbruch der Wirtschaftszahlen. Das vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in Nürnberg aufgelegte Arbeitsmarktbarometer war im März so stark gefallen wie noch nie. Der Frühindikator für den deutschen Arbeitsmarkt hatte im März gegenüber dem Vormonat um 1,5 Punkte auf 100,4 Punkte verloren. Das war der stärkste Rückgang in einem Monat seit Einführung des Barometers im Jahr 2011.

"Aufgrund der Corona-Krise erleben wir aktuell eine Situation, die uns alle vor große Herausforderungen stellt - und die auch Folgen für den Arbeitsmarkt hat. Die seitdem sehr dynamische Entwicklung lässt eine genauere Prognose auf die Kurzarbeit, Arbeitslosigkeit und Beschäftigung allerdings frühestens ab dem nächsten Monat zu. Zur Einschätzung der Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt kommt erschwerend die Unsicherheit hinzu, wie lange die Corona-Krise anhält und wie schnell die Betriebe in Bayern anschließend wieder in ihr normales Geschäft einsteigen können. Unser Forschungsinstitut, das IAB, geht davon aus, dass die Arbeitslosigkeit in Deutschland im Jahresdurchschnitt um 90.000 Personen steigen wird. In seiner Annahme unterstellt das IAB, dass ein Teil der Wirtschaftstätigkeit für sechs Wochen ausfällt und dann über einen ebenso langen Zeitraum zur Normalität zurückkehrt", sagte Ralf Holtzwart, Vorsitzender der Geschäftsführung der Regionaldirektion Bayern.

Trend bis Mitte März noch positiv

"Die einsetzende Frühjahrbelebung hatte die Arbeitslosigkeit um 12.671 beziehungsweise 5,2 Prozent auf 231.115 sinken lassen. Die Arbeitslosenquote liegt im März bei 3,1 Prozent, 0,1 Prozentpunkte unter dem Vormonatswert. Die Zahl der Unterbeschäftigung beträgt im März 325.822. Wir gehen davon aus, dass sich der Trend im April umkehrt. Angesichts der in weiten Teilen ruhenden Wirtschaft bleiben Neu- und Wiedereinstellungen in fast allen Wirtschaftsbereichen vorerst aus", so Holtzwart weiter.

Die Nachfrage nach Arbeitskräften ist im März weiterhin rückläufig. Den Arbeitsagen-turen und Jobcentern in gemeinsamer Einrichtung wurden 25.970 neue Arbeitsstellen gemeldet, das sind 4.959 bzw. 16,0 Prozent weniger als vor einem Jahr. Auch der Stellenbestand liegt mit 115.296 unter dem Vorjahreswert.

"Trotz des Stellenrückgangs bestehen aktuell viele kurzfristige Bedarfe, wobei die Bran-chen unterschiedlich stark betroffen sind. Ein akuter Personalbedarf besteht aktuell in der Gesundheitsbranche sowie in der gesamten Kette der Lebensmittelversorgung und im Onlinehandel. So ruft beispielsweise die Bayerische Gesundheitsministerin Melanie Huml alle Fach- und Hilfskräfte aus dem Gesundheitswesen, die derzeit nicht in ihrem Beruf tätig sind und keiner Risikogruppe angehören, dazu auf, sich für die Dauer der Corona-Pandemie zu einem Einsatz im Gesundheitswesen bereit zu erklären.