Arbeitsmarkt in Ostbayern

Fast 50.000 Menschen ohne Job: Arbeitsmarkt im freien Fall


Weiter im Griff der Anti-Virus-Maßnahmen: Der Arbeitsmarkt in Ostbayern. (Symbolbild)

Weiter im Griff der Anti-Virus-Maßnahmen: Der Arbeitsmarkt in Ostbayern. (Symbolbild)

Von Redaktion idowa

Die Maßnahmen gegen die Ausbreitung von Sars-CoV-2 bringen den Arbeitsmarkt in Ostbayern weiter in Bedrängnis. 47.878 Menschen in Niederbayern und der Oberpfalz waren im Mai ohne Job. Damit stieg die Zahl der Arbeitslosen um 43,9 beziehungsweise 36,5 Prozent im Vergleich zum Mai 2019.

In Bayern insgesamt waren 290.580 Menschen arbeitslos gemeldet. Das sind 89.354 Menschen beziehungsweise 44,4 Prozent mehr als im vergangenen Jahr. Die Arbeitslosenquote liegt aktuell bei 3,8 Prozent. Das ist die höchste Quote für einen Mai seit zehn Jahren. Der Arbeitsmarkt in Bayern ist auch im Mai wenig aufnahmefähig. Zwar haben im Mai weniger Menschen ihre Arbeitsstelle verloren als im Vormonat. Die Zahl der neu arbeitslos gewordenen Menschen lag laut Angaben der Agentur für Arbeit rund 30 Prozent unter dem Wert vom April. Allerdings konnten gleichzeitig weniger ehemals Arbeitslose im Mai einen neuen Job antreten. Dadurch sei die Arbeitslosigkeit insgesamt weiterhin gestiegen: "Nicht zuletzt führen die Einschränkungen bei den arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen dazu, dass weniger Menschen qualifiziert werden können", erklärte Ralf Holtzwart, Vorsitzender der Geschäftsführung der Regionaldirektion Bayern bei der Agentur für Arbeit.

Bayerischer Wald besonders betroffen

In der Stadt Straubing waren im Mai 1.569 Menschen als arbeitssuchend registriert. Verglichen mit dem Mai 2019 ist die Zahl der Arbeitslosen in der Stadt um 30,5 angewachsen. Die Arbeitslosenquote in Straubing lag bei 5,7 Prozent - zum Vergleich: Im Mai 2019 wurde noch eine für Straubing-Verhältnisse gute Quote von 4,4 Prozent gemeldet. In ähnlicher Größenordnung fällt der Zuwachs an Arbeitslosen im Landkreis Straubing-Bogen aus. Die Zahl der Arbeitslosen lag dort um rund 37 Prozent über dem Vorjahreswert.

In der Stadt Regensburg nähert sich die Zahl der gemeldeten Arbeitslosen der Marke von 4.000. Mit einem Anstieg um 34,6 Prozent fällt die Entwicklung in der Stadt Regensburg geringfügig besser aus, als in der Oberpfalz insgesamt. Der Landkreis Regensburg meldet knapp 3.000 Arbeitslose und damit 42 Prozent mehr als im Vorjahres-Mai.

Besonders heftig gestaltet sich der Einbruch auf dem Arbeitsmarkt in Stadt und Landkreis Cham: 54,6 Prozent mehr Arbeitslose gab es im Vergleich zum Vorjahr. Bis Ende Mai waren 2.166 Menschen in der Chamer Region arbeitslos gemeldet. Aus dem Landkreis Regen wird ein Anstieg um 53,8 gemeldet.

Der Arbeitsmarkt im Raum Landshut hingegen scheint den Anti-Virus-Maßnahmen noch vergleichsweise gut zu trotzen: Mit derzeit 2.196 gemeldeten Arbeitssuchenden stieg deren Zahl um 28,9 Prozent seit Mai 2019. Im Landkreis Landshut hingegen stieg die Zahl der Arbeitslosen um rund 40 Prozent. Der Landkreis Freising lag mit 3.276 gemeldeten Arbeitslosen um 56,5 Prozent über dem Wert vom Mai 2019.

Bis zu zwei Millionen Kurzarbeiter in Bayern

Wie Olga Saitz, die Sprecherin der Regionaldirektion Bayern der Agentur für Arbeit auf idowa-Nachfrage bestätigte, wurde zwischen März und Mai für etwa zwei Millionen Beschäftigte im Freistaat Kurzarbeit angemeldet. Wie viele Menschen tatsächlich in Kurzarbeit waren oder sind, werde sich aber vermutlich erst in zwei Monaten herausstellen: Nicht für alle gemeldeten Mitarbeiter werde erfahrungsgemäß die Kurzarbeit umgesetzt. Außerdem gebe es Betriebe, die die Kurzarbeit in diesem Zeitraum bereits wieder beendet hätten. Zum Heer der möglichen Kurzarbeiter kamen im Mai laut Saitz 220.041 Menschen neu hinzu, für die ihre Arbeitgeber im Lauf des Monats Kurzarbeit angemeldet hatten.

Bundesweit rechnet die Agentur für April wegen der Corona-Krise mit sechs Millionen Kurzarbeitern. Die Rücklage der Bundesagentur in Höhe von 26 Milliarden Euro werde zur Finanzierung voraussichtlich nicht ausreichen, sagte der Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur, Detlef Scheele, am Mittwoch in Nürnberg. Der Arbeitsausfall der Kurzarbeiter liege einer Schätzung zufolge im Schnitt bei 50 Prozent und damit höher als bei früheren Krisen.

Allein im März haben Betriebe in Deutschland nach Hochrechnungen der Bundesagentur für 2,02 Millionen Menschen Kurzarbeit in Anspruch genommen. Die Bundesagentur liegt damit mit ihrer Prognose noch unterhalb der des Münchner ifo-Institutes, das am Vortag von mehr als sieben Millionen durch Corona bedingten Kurzarbeitern ausgegangen war. Der Rekord vor der Corona-Krise stammt vom Mai 2009, als in der Finanzkrise 1,44 Millionen Menschen in Kurzarbeit waren.

Aiwanger: "Kurzarbeiter wieder in volle Beschäftigung bringen"

Die Kurzarbeit habe den Betrieben geholfen, die vergangenen Wochen zu überbrücken, sagte dazu der bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger. Jetzt gelte es, die Kurzarbeiter wieder in volle Beschäftigung zu bringen.

Neben einem Konjunktur- und Strukturprogramm will der Wirtschaftsminister Anreize dafür schaffen, dass mehr lebensnotwendige Güter in Bayern produziert werden. Er warb in einer Mitteilung an die Presse außerdem für mehr Flexibilität bei Arbeitszeiten und Beschäftigungsmöglichkeiten. Statt Regulierungen und Einschränkungen brauche es mehr Flexibiltät, um die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen.

Personalbedarf weiter rückläufig

Schon vor Beginn der Pandemie gingen laut Agenturangaben die Stellenmeldungen in Bayern zurück. Die Corona-Krise habe diese Entwicklung nochmal deutlich verstärkt. Die Nachfrage nach Arbeitskräften ziehe zwischenzeitlich wieder an, so wurden im Vergleich zum Vormonat 2.223 Stellen gemeldet - das sind 17,2 Prozent mehr als im Monat davor. Vor allem im Handel, im Baugewerbe, im Gesundheits- und Sozialwesen sowie in der Verwaltung wurden wieder mehr Stellen gemeldet als noch im April.

"Im Vergleich zum Mai 2019 sehen wir jedoch weiterhin einen starken Rückgang der Nachfrage nach Arbeitskräften. So wurden im Mai 15.167 neue Arbeitsstellen gemeldet, 11.320 weniger als vor einem Jahr", erklären die Verantwortlichen der Agentur. Am deutlichsten fällt dieser Trend im Gastgewerbe aus. Dort war die Nachfrage nach Arbeitskräften rund 76 Prozent geringer als im Vergleichszeitraum 2019.

Die starke Inanspruchnahme des Kurzarbeitergeldes zeige laut Holtzwart, dass die Unternehmen ihre Mitarbeiter halten möchten. Das Kurzarbeitergeld sichere Beschäftigung und vermeidet Arbeitslosigkeit.