Alles andere als öde

Hannah Horn studiert Kunstgeschichte in Regensburg


Was will der Künstler Cy Twombly mit seinen Rosen ausdrücken? Wer Kunstgeschichte studiert, lernt, solche Bilder zu verstehen.

Was will der Künstler Cy Twombly mit seinen Rosen ausdrücken? Wer Kunstgeschichte studiert, lernt, solche Bilder zu verstehen.

Von Hannah Horn

Kunstgeschichte studieren - das klingt für viele relativ langweilig. Warum das Studium aber überhaupt nicht öde ist, erklärt Hannah Horn (23) aus Straubing. Sie macht gerade ihren Bachelor in dem Fach fertig.

Die Situation ist meist dieselbe: Erzähle ich jemandem davon, dass ich Kunstgeschichte studiere, lassen die Reaktionen nicht lange auf sich warten: "Schon cool, aber ich hätte mich das nicht getraut!" Mindestens eine skeptische Frage kommt bestimmt: "Ist das nicht brotlose Kunst?""Was willst du denn damit später arbeiten?" "Ist es nicht langweilig, alte Gemälde im Museum anzuschauen?" Die Antwort darauf ist immer dieselbe: Kommt darauf an!

Hannah Horn studiert an der Uni in Regensburg.

Hannah Horn studiert an der Uni in Regensburg.

Weit entfernt vom coolen Image

Natürlich kann dieses Studium brotlos sein, die Jobsuche schwierig werden und unter Umständen kannst du den Tag im Museum verbringen. Die Frage ist, wie du die ganze Sache angehst und welche Ziele du mit diesem Studium verfolgst. An diesem Punkt unterscheidet sich die Kunstgeschichte nicht wesentlich von anderen Studiengängen. Kunstgeschichte hat den Ruf eines relativ eingestaubten Studiengangs. Von einem coolen Image ist sie leider weit entfernt. Doch das ist zu Unrecht so. Denn Kunstgeschichte beschäftigt sich nicht einmal zwingend ausführlich mit Mona Lisa und so weiter. Alte Kunst und Gemälde stellen nur noch einen Teilbereich der heutigen Kunstgeschichte dar. Auch die Ausrichtung auf Museen ist weniger präsent als früher. Kunstgeschichte ist heutzutage so vielfältig, wie ihre möglichen Berufsfelder. Vom Vermögensberater für Kunstanlagen über Kunstrecht bis zur digitalen Kunstgeschichte - die Spezialisierungsmöglichkeiten sind breit gefächert.

Natürlich gehören Interesse und Tatendrang dazu, damit man sich für diesen Studiengang entscheidet. Doch du musst dich nicht zwingend für Gemälde der alten Meister interessieren oder das Museum dein zweites Zuhause nennen, um Kunstgeschichte zu studieren. Das ist bei mir nicht anders. Ich interessiere mich besonders für moderne Kunstformen und den Kunstmarkt. Das ist der Grund, warum ich das Kunstgeschichtsstudium mit Betriebswirtschaftslehre verbinde. Das eröffnet mir andere Blickwinkel auf die Kunst. In meinem Studium habe ich zum Beispiel einen Kurs belegt, in dem wir eine fiktive Galerie gegründet haben. Dabei warben wir Künstler aus der Region an und besuchten diese in ihren Ateliers. Am Ende erstellten wir einen Ausstellungskatalog und veranstalteten eine Vernissage. Für dieses Projekt waren nicht nur kunstgeschichtliche, sondern auch verwaltungstechnische und juristische Kenntnisse gefragt.

Schön oder unverständlich

Von Street- und Urban-Art, über Fotografie bis zu den traditionellen Sparten der Kunstgeschichte - die Kunst ist heute breiter gefächert als je zuvor. Und gerade das macht sie so spannend. Bestimmte Kunst ist einfach nur schön - andere für unseren Geschmack unverständlich. Bestimmt fragst du dich manchmal: "Was soll daran Kunst sein?" Doch Kunst darf nicht mit reiner Ästhetik gleichgesetzt werden. Denn in jedem Kunstwerk stecken eine Idee und ein Hintergedanke. Nimmst du dir die Zeit, hinter ein Kunstwerk zu blicken, eröffnen sich interessante Gedankengänge. Die sind es, die Kunst letztlich interessant machen. Nicht die hohe Qualität eines Pinselstrichs, sondern die Idee dahinter und die Umsetzung. Das ist oft wichtiger als ein ästhetischer Anblick.

Bilder verstehen können

Im Grunde bist du der Kunst näher, als du denkst. Denn Kunstgeschichte kann auch als Bildwissenschaft bezeichnet werden. Das heißt vereinfacht: Du lernst, Bilder zu verstehen. Und Bilder findet man heute nicht mehr allein in der Bildenden Kunst. Deshalb landen einige Kunsthistoriker beispielsweise auch in der Werbebranche. Denn wer, wenn nicht diese, kann die Botschaft eines Bildes besser einschätzen und analysieren als Kunstgeschichtler?

Du siehst: Kunst ist weit davon entfernt, langweilig zu sein. Kunst kann ästhetisch, politisch oder sozial sein. Wenn du erst einmal den Grundgedanken hinter einem Kunstwerk erfährst, ist Kunst plötzlich nah am täglichen Leben, nachdenklich und tiefgründig oder humorvoll und zynisch.