Agnes Bernauer Festspiele

Erst wird angerichtet, dann wird hingerichtet


Schwingt den Kochlöffel, aber rührt vor allem in der Gerüchteküche um Agnes und Albrecht: die Mannschaft der Küchenszene.

Schwingt den Kochlöffel, aber rührt vor allem in der Gerüchteküche um Agnes und Albrecht: die Mannschaft der Küchenszene.

Von Katharina Binder

Ein Raunen geht eigentlich immer durch die Menge beim vierten Bild der Agnes-Bernauer-Festspielaufführung, zum einen, weil dem Publikum das Wasser im Munde zusammenläuft, wenn in der Küchenszene aufgetischt wird, zum anderen, weil die Kochlöffeltruppe es am liebsten deftig mag - mit einem Nachschlag Wahrheit. In der Küche wird Klartext geredet, also dass sich die Agnes hochschläft und "de Beatrix immer so vui sauft". Erst wird das Essen angerichtet, dann die Leut' verricht und schließlich die Agnes hingerichtet. Und bei allem hat das Küchenvolk seinen Spaß. Nur das Spanferkel aus Pappmache hat nichts zu lachen, weil sein Ringelschwänzchen das Aufzugfahren nicht verträgt.

Ihr Rezept zum Spielen haben sie verinnerlicht: Es darf, nein, es muss sich was rühren in der Küche! Und gemeint ist damit nicht der Kochlöffel in der Schüssel. Der wird eh meistens mehr dazu genutzt, den frechsten Küchenjungen was hinter die Löffel zu geben. Schwierig zu sagen, wer der frechste Küchenjunge oder die frechste Magd ist. "Die werden sogar in der Volksszene zum Klauen angehalten", berichtet der Koch verschmitzt.

Sympathisch macht die Küchengruppe, dass sich Jung-, Mittelalter- und ältere Schauspieler so gut verstehen. Beim Interview wird keiner bevormundet. Wahrscheinlich würde das eh nicht gehen. Wer beim Volk mitspielt, ist sowieso nicht auf den Mund gefallen. Nur am Schluss, wenn die Bernauerin hingerichtet ist, schweigt auch die Küche.

Kochen können sie alle, versichert die Truppe im Chor, auch wenn die Jüngsten darunter verstehen, ein Eis mit Sahne zu garnieren. Das kann man ihnen sicher glauben, die Sache, dass sie Hunderte Föhns hinter der Bühne versteckt haben, zum Kleidertrocknen eher nicht. Späße treiben sie gut gelaunt nämlich nicht nur auf der Bühne.

Selber kochen muss die Küchen-Crew zwar nicht vor jeder Aufführung, dafür sich um alles andere kümmern. Über Nacht oder zwischen den Spieltagen wird das Styropor-Christbaumkugel-Essen im Herzogschloss zwischengelagert. Wegen der Renovierung des Rittersaals ist der Weg dorthin kurvig und Aufzug muss auch gefahren werden. Bisher ist nichts verdorben, versichern die Küchenjungen, die die Platten schleppen. "Nur das Ringelschwänzchen der gebratenen Sau hält nur noch dürftig."

Bettina Hausladen mimt die Köchin und ist die "Bildsprecherin" der Gruppe, also der Kontakt zum Regisseur. Seit der Orff'schen Bernauerin 2005 ist sie dabei. Eigentlich war sie nur der Fahrdienst für ihre Kinder. "Aber bevor du nur herumstehst, kannst auch auf der Bühne stehen", wurde sie von Hans Vicari auf die Bretter gelockt, und will seitdem die Bühne nicht mehr missen.

Urgesteine wie Küchenmeister Peter Petzl oder Koch Josef Blank haben ihre Rollen schon seit einigen Fest- spielen. Sie erzählen, dass einige nie die Rolle tauschen würden und Neue immer sofort integriert sind: "Wir preisen ja gemeinsam das Essen an", und nebenbei wird alles kommentiert, was der Adel da so treibt, Facebook oder bunte Boulevard-Zeitschriften gab es damals ja noch nicht - da war die Küche der Informationstreff. Der Clou beim diesjährigen Festbankett auf der Bernauer-Bühne sind aber die Speisen. Ruth Hilpert hat all die Köstlichkeiten auf den Festtafeln gebaut und dabei nicht bei Feinkost Ammer eingekauft, sondern im Baumarkt.

Die Knödel sind zum Beispiel ummantelte Christbaumkugeln, die Nudeln bemaltes Stroh, der Käse ist eigentlich ein Schwamm, das Gemüse Verpackungsmaterial und die edlen silbernen Kelche sind Friedhofsvasen, befestigt auf Bierdeckeln plus einem Standgewicht. Die Wurst ist PVU-Schaum mit einer Haut aus Damenstrümpfen. Mit viel Kreativität und Farbe wirkt alles nicht nur aus der Entfernung echt. Echt dagegen sind die Gulaschflecken, zum Beispiel auf Bettina Hausladens Schürze. Ja, das ist beim Essen passiert, aber das macht nichts. Das wirkt doch authentisch. Und das Volk muss nicht wie der Adel so akkurat auf seine Garderobe achten. Außerdem schwitzt man ohne Samt und Seide nicht so stark, wenn doch einmal beim Festspiel die Sonne scheint. "Und bei Regen trocknet das Leinen wieder schnell", werfen zwei Küchenmägde ein und freuen sich auf das nächste Raunen, wenn sie auftreten.

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Schwingt den Kochlöffel, aber rührt vor allem in der Gerüchteküche um Agnes und Albrecht: die Mannschaft der Küchenszene.

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