500 Jahre Reinheitsgebot

Bier lieber aus Bayern? Brauer kämpfen gegen Importe


Bayerische Brauer kämpfen gegen Einheitsbiere aus Holland, Belgien und Brasilien.

Bayerische Brauer kämpfen gegen Einheitsbiere aus Holland, Belgien und Brasilien.

Von Monika Müller

Vor der Eröffnung der Landesausstellung "Bier in Bayern": Viele regionale bayerische Brauereien kämpfen zunehmend gegen den Vormarsch der großen internationalen Getränkekonzerne. Ziel der lokalen Brauereien: Sie wollen, dass auch weiterhin der Braumeister und nicht der Börsenwert darüber entscheidet, was ins Bier kommt.

"Bier ist der überzeugendste Beweis dafür, dass Gott den Menschen liebt und ihn glücklich sehen will", soll der große amerikanische Staatsmann Benjamin Franklin einmal gesagt haben. Die wichtigsten Kapitel der bundesdeutschen Biergeschichte hat der Freistaat geschrieben. Doch ungetrübt ist die Freude zum 500. Geburtstag des Reinheitsgebots im Mutterland des Gerstensaftes nicht: Weitgehend unbemerkt von der breiten Öffentlichkeit sind die Biere der großen internationalen Getränkekonzerne aus Holland und Belgien längst auch in Bayern angekommen. "Die Marktanteile der Getränkeriesen wachsen - auch bei uns im Freistaat. Das bereitet mir große Sorgen, weil diese Konzerne allein ihren Aktionären, dem Kampf um Marktanteile und den internationalen Finanzmärkten verpflichtet sind - und nicht mehr ihrer Heimatregion, ihren heimischen Lieferanten und Kunden", warnt Hermann Goß, Direktor der Regensburger Stiftungsbrauerei Bischofshof im Vorfeld der Landesausstellung "Bier in Bayern", die in dieser Woche in Aldersbach in Niederbayern eröffnet wird.

"Dort entscheidet der Börsenwert und nicht mehr der Braumeister darüber, was ins Bier kommt", sagt der Brauereidirektor. Er fürchtet: "Ein Stück Kultur geht verloren, wenn Bier nur noch ein anonymes Industrieprodukt mit maximalem Renditeziel ist". Verbraucher würden überrascht sein, wenn sie beim Bierkauf einmal hinter das Etikett schauen: "Gerade einige Münchner Brauereien sind heute Teil dieser weltumspannenden Konsortien."

So gehören beispielsweise Paulaner und Hacker-Pschorr zur niederländischen Heineken-Gruppe; Franziskaner Weißbier, Löwenbräu und Spaten sind Teil von Anheuser-Busch InBev, der größten Brauereigruppe der Welt mit Sitz in Belgien. Was viele regionale bayerische Brauereien besonders ärgert: Einige der multinationalen Getränkeriesen werden in ihren Heimatländern steuerlich massiv begünstigt, wie jetzt auch die New York Times recherchierte.

Mehr als 600 bayerische Braustätten

Bierexperten wie Hermann Goß glauben, dass die nächsten Jahre entscheidend sein werden, welchen Weg das bayerische Bier nimmt. Sein Appell: "Stärken Sie die Kleinen! Trinken Sie regional! Niemand kann ein Einheitsbier aus Holland, Belgien oder Brasilien wollen". Jeder könne im Geburtstagsjahr des Reinheitsgebots ein Botschafter werden für den Erhalt der regionalen Vielfalt, die Bayern zum Bierland Nummer 1 auf der Welt gemacht haben. Allein die Brauerei Bischofshof mit ihrer rund 370-jährigen Geschichte exportiert heute in fast 30 Länder rund um den Globus und profitiert dabei auch von der weltweiten Stahlkraft des Reinheitsgebots und dem hervorragenden Ruf des bayerischen Bieres.

Bayern ist bis heute Herzkammer der deutschen Bierkultur. Jede zweite der rund 1.300 Brauereien in Deutschland befindet sich in Bayern. Viele bayerische Brauereien führen oft seit Jahrhunderten lebendige Traditionen weiter. Regensburg gilt dafür als Vorzeigebeispiel. Dort gibt es mit Bischofshof, Spital und Kneitinger drei Stiftungsbrauereien, die allein dem Gemeinwohl verpflichtet sind. Das Besondere: Anders als in einem normalen Wirtschaftsbetrieb oder einer konventionellen Brauerei fließen die Gewinne aus dem Brauereibetrieb nicht an Aktionäre oder Eigentümer.

Die Überschüsse werden entweder in den weiteren Ausbau der Brauereien oder aber in die Förderung von sozialen oder kulturellen Einrichtungen sowie des regionalen Sports investiert. Diese Konstellation ist weltweit einmalig. Bischofshof beispielsweise fördert nach eigenen Angaben Kultur, Gesellschaft, Sport und Soziales jedes Jahr mit einem sechsstelligen Betrag. "Die mehr als 600 bayerischen Braustätten verkörpern Heimatliebe und Regionalität, handwerkliche Qualität und gelebte soziale Verantwortung vor Ort", sagt Hermann Goß. Er wünscht sich: "500 Jahre Reinheitsgebot sind ein Anlass, sich wieder der großen regionalen Wurzeln unseres Bieres stärker zu besinnen", so der Brauereichef aus Regensburg.