4:0-Sieg auf Island

DFB-Team ganz kühl im hohen Norden


Antonio Rüdiger (r.) köpft das Tor zum 2:0.

Antonio Rüdiger (r.) köpft das Tor zum 2:0.

Von sid

Am Ende seiner perfekten Neun-Punkte-Woche umarmte Hansi Flick im Regen von Reykjavik strahlend jeden einzelnen seiner Spieler. Drei Siege in sieben Tagen, ein Dutzend tolle Tore und endlich wieder Begeisterung für die deutsche Fußball-Nationalmannschaft: Der Start des neuen Bundestrainers ins Post-Löw-Zeitalter ist vortrefflich gelungen - auch wenn die Gegner noch kein internationales Format hatten.

"Diese neun Punkte waren unser klares Ziel. Das ist gelungen. Die Art und Weise, wie wir spielen, ist ein Schritt nach vorn", analysierte Flick bei RTL nach dem überzeugenden 4:0 (2:0) in der WM-Qualifikation gegen Island, und er zeigte sich "eigentlich wirklich rundum zufrieden". Sicher gebe es noch Details zu verbessern, "aber das ist ja immer so".

Der Trend ist gesetzt

Der viermalige Weltmeister Deutschland feierte am Mittwochabend in nordischer Kühle einen ebenso ungefährdeten wie verdienten und ansehnlich herausgespielten Erfolg. Der Weg zur Endrunde in Katar 2022 ist auch angesichts der vorherigen Siege gegen Liechtenstein (2:0) und Armenien (6:0) bestens geebnet. "Es waren Mannschaften, die bei den Turnieren eher nicht in der K.o.-Runde zu sehen sind. Aber es war wichtig, wieder ein Zeichen zu setzen", sagte Kapitän Manuel Neuer. "Wir haben nichts anbrennen lassen, wir waren dominant und stark in den Zweikämpfen." Der Trend sei "nun gesetzt", betonte Neuer, "so wollen wir weitermachen".

Serge Gnabry (5.) und Antonio Rüdiger (24.) bescherten ihrer Mannschaft mit frühen Toren im 100. deutschen WM-Qualifikationsspiel einen ruhigen Abend. Leroy Sane (56.) beendete die einzige ordentliche isländische Phase, Timo Werner (89.) setzte den Schlusspunkt. An das begeisternde Spiel gegen Armenien anzuknüpfen, gelang vor 3600 Zuschauern im Stadion Laugardalsvöllur nicht durchgehend.

Gnabry hat Flick gut zugehört

Die deutsche Elf dominierte aber und ging früh in Führung. In einem eindringlichen Gespräch kurz vor Anpfiff hatte Flick seinem Schützling Gnabry wohl das Richtige erzählt - denn der stürmte durch den Strafraum und schob den Ball nach Hereingabe von Sane ins Tor. Der Treffer verlieh Ruhe und Souveränität. Flick coachte engagiert, schließlich hatte er seinen Spielern aufgetragen, "höllisch aufzupassen". Doch von den Isländern, die ein Missbrauchsskandal um ihren Rekordtorschützen Kolbeinn Sigthorsson zutiefst erschüttert hatte, kam bis auf einen harten Linksschuss von Isak Johannesson (17.) und einen Pfostenschuss von Johann Gudmundsson (49.) wenig.

Als Rüdiger dann auch noch ein Standardtor köpfte, das tatsächlich erst zweite nach einem Freistoß seit der WM 2018, war der Weg zum Sieg bereitet. Ganz sachlich und seriös, zielstrebig, ohne Anzeichen von Schwäche - so wird Flick sich das vorgestellt haben. Denn Island, Island: Da war doch was? Ja. Vor genau 18 Jahren hatte Rudi Völler nach einem 0:0 zu seiner legendären "Scheißdreck-Käse-Weißbier"-Wutrede angesetzt. Einen weiteren "absoluten Tiefpunkt" wollte die deutsche Mannschaft vermeiden: "Wir sollten zusehen, dass Hansi nach dem Spiel nicht in eine ähnliche Situation gerät", sagte Leon Goretzka.

Gündogan kommt für Reus

Mit Ilkay Gündogan für Marco Reus (Knieprobleme) als einziger Startelf-Änderung klappte dies phasenweise spielerisch leicht. Die Balance stimmte, die Abwehr mit den Außen Thilo Kehrer (links) und Jonas Hofmann (rechts), den Flick zur zweiten Halbzeit durch den Leipziger Lukas Klostermann ersetzte, blieb selten geprüft. Der Aluminiumtest des guten isländischen Kapitäns Gudmundsson aber war sehenswert, doch "Abstauber" Albert Gudmundsson stand im Abseits.

Die DFB-Auswahl wurde etwas schläfrig, Island wurde besser, Flick blickte sogar auf seine Uhr. Joker Kai Havertz hätte dem Aufbäumen der Gastgeber ein Ende setzen können, er schob den Ball freistehend erstaunlich läppisch neben den rechten Pfosten (55.). Sanes kompromissloser Schuss aus spitzem Winkel brachte eine Minute später die Entscheidung. Goretzka hätte noch erhöhen können - das besorgte letztlich Werner.