Straubing/Landshut

CSD am 26. September: Umfrage unter queeren Jugendlichen aus der Region


Am Samstag, 26. September 2020, finden CSDs in Niederbayern statt.

Am Samstag, 26. September 2020, finden CSDs in Niederbayern statt.

Von Freistunde

Seit einem Jahr gibt es den Verein Queer in Niederbayern. Am Samstag, 26. September 2020, veranstaltet er zum zweiten Mal einen Christopher Street Day (kurz: CSD). Er findet in Straubing, Landshut und Kelheim statt. Wir haben mit neun queeren Jugendlichen aus der Region gesprochen und sie gefragt, wie es ist, als queere Person in Niederbayern zu leben und was sie sich vom CSD erwarten.

Ihre Antworten gibt es oben in der Galerie zum Durchklicken.

Mehr Infos zu Queer in Niederbayern und ihrem CSD gibt es hier.

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Victoria, 24, aus Velden: "Das Leben in Niederbayern ist schwierig, da es zu wenig Aufklärung und Anlaufstellen für queere Menschen gibt. Als Trans-Mensch war es für mich sehr schwierig, einen Arbeitsplatz zu finden, da bei sehr vielen Firmen nicht erkennbar ist, ob diese queer-freundliche Arbeitgeber sind. Bei der Jugendgruppe Landshut habe ich ein queeres Umfeld gefunden, in dem man sich bei den Treffen austauschen kann und gemeinsam etwas unternimmt. Ich hoffe, dass wir mit dem CSD Menschen und Firmen erreichen, sodass sie sich gegenüber queeren Menschen öffnen können und das Leben in Niederbayern leichter wird."

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Amelie, 19, aus Straubing: "Bayern ist sehr konservativ. Dadurch habe ich sehr oft Bedenken davor, mich zu outen, da die Wahrscheinlichkeit, negative Reaktionen zu bekommen, leider immer noch recht hoch ist. Ich oute mich selten gleich, sondern versuche, die Person immer erst kennenzulernen, um einschätzen zu können, wie sie zu dem Thema steht. Vom CSD erhoffe ich mir ganz viel Spaß! Es wird hoffentlich ein tolles Event, bei dem viele Menschen den Verein Queer in Niederbayern, die queere Jugendgruppe und die Leute dahinter etwas näher kennenlernen können."

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Ben, 29, aus Mitterfels: "Auch alternative Lebensweisen werden inzwischen vom Großteil anerkannt und akzeptiert. Hier hat sich in den letzten Jahren viel getan, jedoch gab es vor allem für junge Menschen kaum eine Anlaufstelle, um sich auszutauschen und sich gegenseitig zu stärken. Durch die neuen Jugendgruppen unter anderem in Straubing und Landshut bieten sich jetzt neue Möglichkeiten. Ich hoffe, der CSD kann dazu beitragen, Vorurteile abzubauen, denn wir sind auch wie alle anderen."

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Chrissi, 17, aus Straubing: "Queer-sein ist in Niederbayern immer noch ein Tabuthema. Gerade für queere Jugendliche ist es nahezu unmöglich, sich frei zu entfalten oder zu outen, ohne Diskriminierung oder Ablehnung zu erfahren. Deswegen sind queere Jugendgruppen als Anlaufstellen so wichtig. Ich wünsche mir, dass viele Menschen zu den CSDs kommen, um sich untereinander auszutauschen, aber auch um Sichtbarkeit zu zeigen. Niederbayern soll erkennen und anerkennen, dass es auch hier queere Menschen gibt, die Rechte und gute Behandlung verdienen. Vielleicht schaffen wir es, Niederbayern ein kleines Stück weit bunter zu machen."

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Daniel, 28, aus Biburg: "Leider ist die Community nach wie vor eher ein Thema, welches zwar ausgesprochen wird - aber die Umsetzung bleibt auf der Strecke. Die generelle Situation hat sich jedoch dahingehend verbessert, dass die Menschen offener werden - dazu steht im Kontrast jedoch ein Anstieg der Gewalttaten. Insgesamt fühlt man sich als schwuler Jugendlicher zwar verstandener, jedoch bleibt einem zum Austausch lediglich die Onlinewelt. Am Christopher Street Day können wir die Einigkeit der Szene symbolisieren und für die Rechte einstehen. Wir sind leider noch lange nicht an dem Punkt, wo 'schwul', 'lesbisch' oder dergleichen kein Thema mehr ist, sondern immer noch skeptisch beäugt wird."

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Lucia, 20, aus Dingolfing: "In Niederbayern habe ich mich vor allem einsam gefühlt. Es gab zu wenig 'LGBTQ+'-Repräsentation ('LGBTQ+' steht für 'Lesbian Gay Bisexual Transgender Queer and others', Anm.d.Red.). Ich konnte nicht über meine Gefühle reden und fühlte mich allein gelassen. Inzwischen ist es aber durch Vereine wie Queer in Niederbayern deutlich besser geworden. Ich erwarte mir von CSD vor allem ganz viel Spaß, denn es ist für mich in erster Linie ein Fest, auf dem man eine schöne Zeit mit Freunden verbringen kann."

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Matthias Högl, 19 Landshut: "Es ist ernüchternd, feststellen zu müssen, wie intolerant manche Leute sind - vor allem Menschen aus einem emotional wichtigen Umfeld, die sich nach einem Outing von einer ganz anderen Seite zeigen. Gleichzeitig ist es wunderbar, feststellen zu dürfen, dass nicht alles schlecht ist. Im Gegenteil: Vieles ist sogar gut. Es gibt viele andere queere Menschen und 'straight Allies' (ein heterosexueller Mensch, der für die Gleichberechtigung queerer Menschen ist, Anm.d.Red.), die einen unterstützen und bei all den Hindernissen, auf die man stößt, ermutigen, nicht aufzugeben, sondern weiterzumachen. Ich hoffe, dass die niederbayerische Community sich nun weiter vernetzt, nachdem die Szene hier jahrelang immer weiter geschrumpft ist und wir gemeinsam zeigen, dass unsere Wünsche, Probleme und Rechte auch während Corona existieren und wir uns weiter dafür einsetzen."

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Matthias, 23, aus Wallersdorf: "Es ist in vielen Punkten nicht unbedingt einfach. Vor allem in der Schule ist es für junge queere Menschen schwierig. Solange 'schwul' noch als Beleidigung auf dem Pausenhof verwendet wird, gibt es noch viel zu tun. Umso stolzer bin ich auf den Queer in Niederbayern und die queeren Jugendgruppen, die der Community eine Anlaufstelle geben. Der Christopher Street Day ist für mich die Möglichkeit, zu zeigen, dass wir hier eine Heimat haben. Wir wollen gemeinsam gegen Hass und Diskriminierung und für Akzeptanz und Vielfalt auf die Straße gehen."

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Toby, 21, aus Marklkofen: "Ich erlebe Niederbayern als queere Person von zwei Seiten: Einerseits hatte ich das Glück, dass ich bis dato noch keiner großen Diskriminierung ausgesetzt war. Alle meine Freunde und Eltern nahmen das Thema Homosexualität gut auf und akzeptieren mich, so wie ich bin. Andererseits ist man als queere Person sehr schnell die 'Attraktion' des Abends und man erntet durchbohrende und fragliche Blicke. Ich musste erst mal lernen, mit ihnen umzugehen, auch wenn ich beispielsweise auf einem Date war oder mit meinem Partner durch die Stadt ging. Vom diesjährigen CSD erwarte ich, dass wir gemeinsam - mit Abstand - Sichtbarkeit schaffen. Besonders in dieser herausfordernden Zeit ist es wichtig, Gemeinschaft zu zeigen und das Gefühl zu vermitteln, dass man nicht allein ist und Unterstützung finden kann."